24.01.2002
Besondere Form der Winteraustreibung hat sich etabliert - 1500 Akteure
Bremen ist eine Freie Hansestadt. Das weiß inzwischen wohl jeder. Über den Beinamen “Rio des Nordens” freilich wird man sich wundern - aber nur, bis man den Karneval made in Bremen hat hautnah miterleben können. Diese ganz außergewöhnliche Variante des närrischen Treibens hat sich, zum Erstaunen vieler, bei den angeblich so sturen Hanseaten etablieren können. Wer sich überzeugen möchte, notiere unbedingt den 2. Februar, 12 Uhr, Bremer Marktplatz: Über tausend Akteure werden hier trommeln, was das Zeug hält, werden sich lärmend, tanzend und stampfend in Bewegung setzen. Und schon findet man sich mittendrin, umgeben von phantasievollen Masken und skurrilen Stelzenwesen, eingehüllt vom eindringlichen Rhythmus: Das ist der Samba-Karneval, wie er inzwischen mit großer Hingabe an der Weser gefeiert wird.
Seit nunmehr 17 Jahren zieht es Samba- und Maskengruppen aus dem In- und Ausland in die Hansestadt. Gemeinsam zelebrieren sie hier eine spezielle Form der nordeuropäischen Winteraustreibung, gewürzt mit Elementen brasilianischer Sambakultur. Eine Mischung, die alljährlich Tausende begeistert. Sieben Veranstaltungen hat die dahinter stehende Initiative “Bremer Karneval” auf die Beine gestellt. Dazu gehört das Einheizen am 1. Februar an verschiedenen Standorten im “Viertel”, wie die Bremer liebevoll ihren wohl buntesten und unkonventionellsten Stadtteil nennen. Hier trommeln sich die ankommenden Gruppen warm, bringen sich in Stimmung und bereiten sich vor auf den großen Umzug am folgenden Tag, der vom Marktplatz aus ins “Viertel” ziehen wird.
Am selben Abend noch (ab 18 Uhr) versammelt sich die bunte Schar zu einer besonders stimmungsvollen Aktion in den Bremer Wallanlagen, einem Grünzug im Herzen der Stadt. Hier werden unter dem Motto “terra magica” die leisen, poetischen Klänge und Bilder dominieren. Zum Einbruch der Dunkelheit wollen sich Windwesen, Erdgeister und Feuerteufel zu einem faszinierenden Maskentanz vereinen. Diese “FreiNacht” ist zugleich Teil des Festprogramms zum 200jährigen Bestehen dieser innerstädtischen Grünanlage. Am Abend des 2. Februar wiederholt sich dieses Spektakel noch einmal. Auch im Kulturzentrum Schlachthof präsentieren die Sambistas aus aller Welt am selben Abend ihr Können und verzaubern den Ort mit ihren Farben und Rhythmen.
Dass sich überhaupt in Bremen ein Karneval jenseits von Helau und Narrenkappen entwickeln konnte, ist das Verdienst der Schweizerin Janine Jaeggi. Als sie Anfang der 80er Jahre nach Bremen kam, konnte sie mit ihrer Samba-Vorliebe hier wenig anfangen. So gründete sie selbst eine Samba-Gruppe, organisierte Workshops für andere Gruppen und legte so den Grundstein für das “Fest gegen die Dunkelheit”, wie es am ersten Februarwochenende wieder in Bremen zelebriert wird.