"Keine Frau muss Gewalt akzeptieren!" lautet die Botschaft auf Plakaten und Flyern, die künftig in Flüchtlingseinrichtungen und anderen Orten ausliegen werden. Zum morgigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November gibt die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) Informationsmaterialien in sechs verschiedenen Sprachen heraus. Unter www.gewaltgegenfrauen.bremen.de stehen umfassende Informationen für Frauen ebenfalls in unterschiedlichen Sprachen zur Verfügung.
"Frauen haben auf der Flucht und in den Erstaufnahmeeinrichtungen andere Umstände zu bewältigen als Männer; häufig haben sie unterwegs Gewalt und Übergriffe erfahren und auch hier angekommen fühlen sie sich oftmals nicht sicher. Es ist unsere Aufgabe, Frauen vor Gewalt zu schützen. Auch neu in Deutschland ankommende Frauen sollen ihre Rechte kennen und wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie Gewalt erleben oder erlebt haben", erklärt Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe das Ziel der Aktion. "Frauen, die geflohen sind oder hier mit unsicherem Aufenthaltsstatus leben, unsere Sprache und das oft undurchsichtige Geflecht von Behörden und Anlaufstellen noch nicht verstehen, überlegen sich gut, gegen ihnen angetanes Unrecht und Gewalt vorzugehen – aus Angst, dass ihre Situation noch schlimmer wird. Hier wollen wir ansetzen. Alle Frauen, auch diejenigen, deren rechtliche Situation unklar ist, sollen wissen, dass sie Gewalt jeder Art nicht hinnehmen müssen, sondern dass sie Rechte haben und Hilfe bekommen können."
Plakat und Flyer sind in einfacher Sprache formuliert und beschränken sich auf die wichtigsten Informationen. Darüber hinaus stellt die ZGF Online-Informationen sowie ein 12-seitiges Dossier für Fachleute zur Verfügung. Hier wird detailliert über rechtliche Faktoren wie Aufenthaltsrecht oder Härtefallregelung, polizeiliche Wegweisung, Unterhalt oder Sorgerecht informiert. Es wird aufgezeigt, wer wie unterstützen kann. "Oft behalten Frauen es für sich, wenn sie Gewalt erfahren, Scham und Unsicherheit sind hierfür wichtige Gründe. Und Frauen mit unsicherem Aufenthaltsstatus sind besonders vorsichtig. Fachleute, die in Einrichtungen arbeiten, sollen wissen, wie sie die betroffenen Frauen fundiert informieren und unterstützen können", erklärt Margaretha Kurmann, Referentin für Gewaltschutz in der ZGF und Autorin der Materialien, den differenzierten Informationsansatz. Auf der website www.gewaltgegenfrauen.bremen.de gibt es nun mit der Rubrik "Eingewandert" einen neuen Schwerpunkt. Hier können sich eingewanderte Frauen und Menschen, die sie unterstützen, über die Themen, die sie besonders betreffen, informieren. Alle Texte wurden dafür in sechs Sprachen übersetzt. Welche Rechte habe ich? Was ist eine Wegweisung? Wie kann ich mich vor Kindesentführung schützen? Wer kann mich unterstützen und beraten?
"Auf der Website können sich Frauen informieren, zu jeder Zeit, anonym und sicher. Das Angebot soll sie darin untersützen, sich klar zu werden, worum es geht, was sie tun können und wo sich sich Unterstützung holen", so Margaretha Kurmann weiter. Das Dossier geht auch auf die besonderen Belange von mitbetroffenen Kindern ein. "Die Kinder mitzudenken ist für Helfende in akuten oder dauerhaft bestehenden Gewaltsituationen von großer Bedeutung – Frauen müssen sicher sein, dass ihre Kinder geschützt sind, sonst werden sie eher nichts unternehmen. Dies gilt auch für eingewanderte Frauen mit Kindern", so die ZGF-Referentin abschließend.
Rania Enan vom Arabischen Frauenbund unterstützt geflüchtete Frauen und besucht sie an den Orten, wo sie derzeit untergebracht sind. Für die ZGF hat sie die Texte der aktuellen Kampagne ins Arabische übersetzt. "Die Kampagne hat mich beeindruckt. Ich halte sie für sehr wichtig", erklärt Rania Enan, "denn Frauen, die neu hier ankommen, wissen nicht, dass der Staat dafür zuständig ist, sie vor Gewalt zu schützen. In ihren Herkunftsländern werden Fälle von Gewalt oft in der Familie geregelt. Dass Frauen sich hier von außen Hilfe holen können, ist für sie neu, das muss ihnen vermittelt werden." Allerdings, betont Rania Enan, sei das alleinige Aufhängen von Plakaten oder Überreichen von Flyern nicht genug: "Jemand muss den betroffenen Frauen auch sagen, dass sie diese Hilfe annehmen können und ihnen vermitteln, dass sie sich auf die in den Materialien angegebenen Beratungsstellen, Notrufnummern und Rechtsinformationen verlassen können." Denn Frauen, die in Einrichtungen belästigt werden, wägten sehr genau die Folgen für sich und ihre Familie ab, bevor sie Vorfälle weitergäben. "Dann bleiben sie mit dem Erlebten häufig allein und die Situation spitzt sich für sie zu", hat Rania Enan erfahren, "das gilt besonders für Frauen, die in ihren Herkunftsländern bereits Gewalt erlebt haben. Man muss viel Mut haben, hier in der Fremde das Erlebte nach außen zu tragen. Diese Frauen brauchen dabei die Hilfe derer, die in den Unterkünften arbeiten." Die Situation in den Notunterkünften sei sehr angespannt, berichtet Enan weiter, "die Menschen sind vor dem Krieg geflohen und sie nehmen das Erlebte mit. Hier kennen sie die kulturellen Gepflogenheiten nicht, sie sind verunsichert, die Enge und kaum vorhandene Privatsphäre machen zudem aggressiv. Für Frauen entstehen hier sehr unangenehme bis unerträgliche Zustände. Eine eigene Einrichtung nur für Frauen halte ich daher für absolut notwendig."
Auf der Website www.gewaltgegenfrauen.bremen.de befinden sich unter der Rubrik "Eingewandert" umfassende Informationen für von Gewalt betroffene Frauen und Menschen, die sie unterstützen. Die Informationen gibt es in Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch, Russisch und Arabisch.
Das mehrsprachige Plakat "Keine Frau muss Gewalt akzeptieren!" sowie die Flyer "Hilfe bei Gewalt" gibt es in der ZGF in der Knochenhauerstrasse 20-25, 28195 Bremen, sowie im Bremerhavener Büro der ZGF in der Schifferstraße 48, 27568 Bremerhaven. Auch das Dossier mit Hintergrundinformationen für Fachleute kann hier abgeholt oder bestellt werden.
Alle Materialien stehen auch als Download zur Verfügung:
www.frauen.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen94.c.10948.de
Terminhinweis für Bremerhaven: Fachgespräch zum Int. Tag gegen Gewalt
Am Mittwoch, 25.11.2015, veranstaltet die ZGF Bremerhaven von 15 bis 17 Uhr in ihren Räumen in der Schifferstraße 48 ein Fachgespräch zu diesen Fragen: Welche Rechte haben eingewanderte und geflüchtete Frauen, die Gewalt erleben? Welche Hilfen und Beratungen können sie in Anspruch nehmen? Wer unterstützt sie, wenn sie die Gewalt nicht (mehr) akzeptieren wollen?
Die Veranstaltung richtet sich an professionelle sowie ehrenamtliche Unterstützerinnen und Beraterinnen. Das Material der neuen ZGF-Kampagne ist hier erhältlich. Um Anmeldung wird gebeten: Tel. 0471/596-13823 oder office-brhv@frauen.bremen.de.
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