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Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Meilenstein für Bremen: Mit Dolmetscherdienst-Flatrate Sprachbarrieren überwinden

Stellvertretende Landesfrauenbeauftragte begrüßt Vorhaben und dringt auf Umsetzung

24.08.2023

Sofort verfügbare Übersetzungen online oder telefonisch für den gesamten öffentlichen Dienst, Beratungsstellen sowie das Gesundheits-, Bildungs- und Hilfesystem: Das ist die Idee hinter der Flatrate für Dolmetscherdienste, die im neuen Koalitionsvertrag vereinbart ist und nun in der anstehenden Haushaltsaufstellung ihre erste Hürde nehmen soll. Mit der geplanten Pauschalverfügbarkeit für Sprachmittlung können ganze Verwaltungszweige wie Polizei, Jugendpflege, Schulen, Kitas oder Bürgercenter, aber auch Beratungsstellen jederzeit auf Rechner, Handy oder telefonisch zugeschaltete Dolmetscherinnen und Dolmetscher zugreifen. Die Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) und der Senator für Finanzen hatten die Aufgabe, im Rahmen des Bremer Landesaktionsplans gegen Gewalt an Frauen zu prüfen, ob die Einführung einer solchen Flatrate für das Bundesland Bremen sinnvoll sei. Die Prüfung fiel positiv aus. "Dass ein Vorhaben, das wir aus frauenpolitischer Sicht initiiert haben, nun dem gesamten Bundesland zugutekommen könnte, freut uns sehr", so die stellvertretende Landesfrauenbeauftragte Katharina Kunze. "Jetzt gilt es, die dafür notwendige Finanzierung von 1,3 Millionen Euro in den Haushaltsverhandlungen festzuschreiben und sicherzustellen."

In zwei Minuten Dolmetscherdienste für über 50 Sprachen verfügbar
Aktuell gibt es im Land Bremen lokale Lösungen und Initiativen, aber ein flächendeckendes, gut zugängliches Übersetzungsangebot für die Verwaltung und viele weitere relevante Einrichtungen fehlt. Mit der Pauschalversorgung steht ein vergleichsweises günstiges und den gesamten Bedarf deckendes Übersetzungsangebot bereit. Es ermöglicht Übersetzungen in über 50 Sprachen, die innerhalb von zwei Minuten von qualifizierten Dolmetscherinnen oder Dolmetschern zur Verfügung gestellt werden. Als technische Ausstattung ist dafür lediglich ein Rechner, Smartphone oder Telefon erforderlich. In Thüringen wird mit einer solchen Übersetzungs-Flatrate bereits seit 2019 erfolgreich gearbeitet, hieran hatte sich Bremen orientiert.

Dienstleistung ist begehrt
"Mit dem im März 2022 vom Senat verabschiedeten Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen hat Bremen eine umfassende Strategie zur Prävention und zum Schutz von Frauen vor Gewalt vorgelegt. Doch sie kann nur greifen, wenn die dort enthaltenen Maßnahmen, wie beispielsweise die Flatrate, auch konsequent umgesetzt werden. Hinzu kommt, dass die Dolmetscherdienste nicht nur Frauen zugutekommen, sondern allen Menschen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, sowie allen Mitarbeitenden der Verwaltung und weiteren Einrichtungen, für deren Arbeitsqualität eine gute Sprachmittlung notwendig ist. Das Vorhaben sollte daher jetzt nicht auf die lange Bank geschoben werden. In Deutschland gibt es nur eine begrenzte Anzahl an qualifizierten Dolmetscherinnen und Dolmetschern. Nach Thüringen hat inzwischen auch das Bundesland Brandenburg eine Flatrate eingeführt und Berlin befindet sich in einer Übergangsphase. Es heißt daher zugreifen, solange das Angebot noch auf dem Markt verfügbar ist", erläutert Katharina Kunze.

Präzise Verständigung muss gegeben sein
Rund ein Viertel der in Bremen lebenden Menschen ist aus einem anderen Land zugewandert. Deutsch ist in der Regel nicht ihre Erstsprache. Katharina Kunze: "Besonders in komplexen Situationen wie der Gesundheitsversorgung oder bei Gewalterfahrungen ist es für Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund wichtig, sich präzise verständigen zu können. Doch auch in weiteren Bereichen wie beispielsweise bei schulischen Angelegenheiten oder bei Amtsgängen benötigen viele Bürgerinnen und Bürger Unterstützung durch Sprachmittlung."

Frauen benötigen geschlechtsspezifisches Übersetzungsangebot
Jede dritte Frau in Deutschland ist mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen. Frauen die kein oder wenig Deutsch sprechen, können vor allem in schwierigen Situationen wie Gewalt- oder Fluchterfahrungen die in Bremen angebotenen rechtlichen, medizinischen oder psychotherapeutischen Hilfe- und Unterstützungsangebote wegen der bestehenden Sprachbarrieren nicht optimal nutzen. Der Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen fordert deshalb die Einführung einer bedarfsdeckenden, qualifizierten und geschlechtsspezifischen Sprachmittlung für das Bundesland Bremen. Die jetzt geplante Flatrate berücksichtigt entsprechend geschlechtsspezifische Bedarfe. So kann das Geschlecht der dolmetschenden Person ausgewählt werden. Das ist für viele Frauen wichtig, da beispielsweise bei der Gesundheitsversorgung rund um die Geburt, bei frauenspezifischen Krankheiten oder nach Gewalterfahrungen wichtige Inhalte und Anliegen ansonsten nicht oder nicht vollständig kommuniziert werden können. Eine angemessene Versorgung und Unterstützung der Frauen wird dadurch verhindert.

ZGF veröffentlicht Leitfaden Sprachmittlung
Zudem fehlt bisher ein Sprachmittlungsangebot, um Frauen mit keinen oder geringen Sprachkenntnissen über Gesundheitsaspekte wie gynäkologische Vorsorge, Rückbildungskurse oder Verhütung informieren zu können. Der Handlungsleitfaden "Geschlechtersensible Sprachmittlung", herausgegeben vom Bremer Forum Frauengesundheit und der ZGF beschreibt das Thema detailliert und zeigt Handlungsempfehlungen auf, die den jetzt geplanten umfassenden Dolmetscherdienst noch ergänzen: www.frauen.bremen.de/geschlechtergerechtesprachmittlung.

Ansprechpartnerin für die Medien:
Susanne Gieffers, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: (0421) 361-6050,
E-Mail: presse@frauen.bremen.de