Alle Räume im Rathaus sind hell erleuchtet, die Türen zu den Festräumen stehen offen. Junge Leute kommen in Scharen, bevölkern die Flure. Manche streben zu einer Diskussionsrunde, andere lassen sich von der Musik oder einem Theaterstück begeistern. Überall fröhliche Gesichter – aber auch Besinnung und Ernst: So präsentiert sich das Rathaus seit nunmehr elf Jahren bei der „ Nacht der Jugend“. Es ist eine Veranstaltung gegen das Vergessen und für mehr Mitmenschlichkeit. Auch in diesem Jahr war es nicht anders. Etwa 2000 junge Menschen waren gekommen, um sich auf ungewöhnliche Weise an die Schrecken der Reichspogromnacht 1938 zu erinnern.
Jede „Nacht der Jugend“ hat ihr eigenes Motto. „Unsere Zukunft hat Geschichte“ so lautet das diesjährige Leitmotiv der Initiatoren. Mehrere hundert Jugendliche hatten das ebenso umfangreiche wie vielfältige Programm organisiert, mit zahlreichen Infoständen, Ausstellungen, Theaterszenen, musikalischen Beiträgen und Gesprächen. Bürgermeister Jens Böhrnsen ging in seiner Eröffnungsrede auf die aktuelle Problematik der Fremdenfeindlichkeit ein. Erst vor wenigen Tagen hatten rechtsextreme Anhänger von Werder Bremen beim Auswärtsspiel gegen VFL Bochum mit Transparenten mehrmals ihre Gesinnung offen zum Ausdruck gebracht. Fans aus Bremen, als auch aus Bochum sorgten allerdings zügig mit lauten „Nazis raus“ Rufen für ein Ende der Aktion im Fanblock. „Solche Zivilcourage brauchen wir, das ist vorbildlich“, sagte Böhrnsen.
Ein besonderes Anliegen der Nacht der Jugend ist es, mit Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen. Ehrengast war diesmal der 1926 in Bremen geborene Herbert Goldschmidt. Als einziger seiner Familie überlebte er die Verbrechen des Nationalsozialismus. Seine Familie wurde nach Minsk deportiert und getötet. In seiner Rede schilderte er auf eindrucksvolle und bedrückende Weise seine Familiengeschichte. Das Recht anders zu sein – auch das ist immer wieder Thema der Nacht der Jugend. Wer „anders“ ist, hat auch heute noch oft unter Diskriminierung und Anfeindungen zu leiden – das zeigte u.a. ein Schülerprojekt zum Thema Homosexualität.