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Paritätsgesetz: Karlsruher Entscheidung weist den weiteren Weg

02.02.2021

Landesfrauenbeauftragte zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts

"Die Verankerung einer Paritätsregelung im Bremischen Landeswahlgesetz muss jetzt weiter entschieden auf den Weg gebracht werden – und hierzu haben wir heute wertvolle Hinweise bekommen", kommentiert Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das am 2. Februar 2021 über eine Beschwerde von Befürworter:innen eines Paritätsgesetzes entschieden hatte. In dem konkreten Fall hatten sie nach der Bundestagswahl 2017, in deren Folge der Frauenanteil im Bundestag weniger als ein Drittel beträgt, ein Paritätsgesetz gefordert. Es soll die Parteien zu paritätischer, also hälftiger Besetzung ihrer Listenplätze mit Männern und Frauen verpflichten. Das heutige Urteil aus Karlsruhe widerspricht diesem Anliegen und sieht den Staat zu einem solchen Gesetz nicht verpflichtet – es lässt aber ausdrücklich offen, ob ein Paritätsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Zwischenzeitlich waren die Paritätsgesetze der Bundesländer Thüringen und Brandenburg von den dortigen Landesverfassungsgerichten gekippt worden. "Für unser Ziel der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in den Parlamenten ist die heutige Entscheidung kein Rückschlag", so die Landesfrauenbeauftragte. "Sie ist vielmehr Wegweiser, wie wir weiter vorgehen können. Daher begrüße ich ausdrücklich die Initiative der Regierungskoalition, nun prüfen zu lassen, wie eine Paritätsregelung für Bremen landesverfassungskonform gelingen kann." Ein entsprechender Bürgerschaftsantrag war vergangene Woche eingebracht worden. Im Koalitionsvertrag ist ein solcher Prüfauftrag vereinbart.

Verfassungsrechtlerin Laskowski: Paritätsgesetz im Ermessen des Gesetzgebers

Die Landesfrauenbeauftragte verweist auf Juristinnen wie die Rechtsprofessorin Silke Laskowski oder die ehemalige Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt, die den Urteilen der Landesverfassungsgerichte eine andere Rechtssicht entgegensetzen. Ihrer Ansicht nach werden mit den aktuell vielfach geringen Frauenanteilen im Bundestag und den Länderparlamenten mehrere Grundrechte, so auch das der Gleichberechtigung nach Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes, verletzt. Das heutige Urteil ist für Verfassungsrechtlerin Laskowski eine Grundlage, um weiterarbeiten zu können: "Anders als die Gerichte in Potsdam und Erfurt sieht das Bundesverfassungsgericht seiner heutigen Entscheidung ein Paritätsgesetz nicht als verfassungswidrig an. Es lässt ausdrücklich offen, ob ein solches Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht weist vielmehr auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hin. Am Ende muss er die Abwägung treffen und ‚den gebotenen Ausgleich zwischen Gleichstellungsgebot, Parteienfreiheit und den Grundsätzen der Freiheit und Gleichheit der Wahl‘ herbeiführen. Damit ist klar: Es liegt im Ermessen des Gesetzgebers ein Paritätsgesetz zu erlassen, das die gebotene Abwägung vornimmt."

Schon vor 70 Jahren gefordert: Parität bereits Thema in Grundgesetz-Debatten

Die Forderung eines chancengleichen Zugangs für Frauen zu den Parlamenten ist bereits in den Debatten zum Grundgesetz erhoben und diskutiert worden. "Schon mit der Geburt des Gleichberechtigungsartikels im Grundgesetz wurde eine Paritätsregelung angemahnt und ihr Fehlen als Makel beschrieben", so Bettina Wilhelm, „umso wichtiger ist es, diese von Anfang an bestehende Lücke nach über 70 Jahren endlich zu schließen.“ Wilhelm appelliert daher an die politischen Kräfte in Bremen, das heutige Urteil nicht als Hürde, sondern vielmehr als Ansporn und Anleitung für ein tragfähiges Gesetz zu verstehen. Ein Paritätsgesetz in Bremen müsse nun erst recht vorangebracht werden. Die Selbstverpflichtung der Parteien zu Chancengleichheit im Nominierungsverfahren, auf die derzeit gesetzt werde, reiche nicht aus.

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