17.08.2004
Aus der heutigen Senatssitzung
Der Senat hat heute den Bericht der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau beschlossen. Der Bericht der Gleichstellungsstelle für die Jahre 2002 und 2003 enthält eine Vielzahl von Aktivitäten, Vorschlägen und Stellungnahmen, mit denen die Gleichstellungsstelle zur Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau beigetragen hat. Zugleich übt die Zentralstelle Kritik daran, dass in vielen gesellschaftlichen Bereichen das Gebot der Gleichberechtigung nicht ausreichend beachtet wird. Ein Blick in den Bericht zeigt, wie viele Potenziale Bremen auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen hat.
Der jetzt vorgelegte Bericht stellt jeweils für die Bereiche Arbeit und Wirtschaft, Frauenförderung im öffentlichen Dienst, neue Medien, Familienpolitik und Familienrecht, Erziehungs- und Bildungswesen, Wissenschaft, Gesundheit, Gewalt und Bürgerinnenbeteiligung detailliert dar, wo ein Handlungsbedarf zur Verbesserung der Situation von Frauen bestand und welche Maßnahmen die Gleichstellungsstelle initiiert, koordiniert und selbst geleistet hat.
Im Bereich von Arbeit und Wirtschaft ist die Bremer Landespolitik gefordert, die negativen Auswirkungen der Hartz-Maßnahmen abzumildern, die Frauen überproportional treffen, da sie seltener als Männer Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erhalten und dadurch stärker aus deren Fördermaßnahmen herausfallen oder in ungeschützten Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Ein entsprechendes Landesprogramm zur Chancengleichheit, das die Zentralstelle für nötig hält, ist jedoch derzeit nicht vorgesehen.
Die im Berichtszeitraum beschlossenen und eingeleiteten Einschnitte ins soziale Netz treffen Frauen in vielen Fällen besonders, da sie ohnehin zu den geringer Verdienenden gehören und überwiegend die Last der Vereinbarkeit von Beruf und Familie tragen oder als Alleinerziehende auf Sozialhilfe angewiesen sind. Viele der geplanten Einsparungen sind jedoch nicht daraufhin untersucht worden, welche Auswirkungen sie jeweils auf die besonderen Lebenslagen von Frauen und Männern haben.
Da die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie nach wie vor ein wesentliches Hemmnis für die gleichen beruflichen Chancen von Frauen und Männern darstellt, hat die Zentralstelle sich maßgeblich am Zustandekommen der „Initiative familienfreundliches Bremen“ beteiligt, die im Land Bremen mit einer Vielzahl von Vorschlägen und Maßnahmen an die Öffentlichkeit getreten ist.
Die Zentralstelle begrüßt die Weiterentwicklung der verlässlichen Grundschule mit einem verbindlichen Schulbesuch von 8 bis 13 Uhr. Sie ist ein positives Signal und ein Schritt in Richtung der verbindlichen Ganztagsschule. Dies ist eine Verbesserung, die nicht nur Müttern und Vätern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert, sondern sich auch positiv auf die Bildungssituation von Kindern und auf die Personalentwicklung der Unternehmen auswirkt.
Die Tatsache, dass Frauen in den Informationstechnologien noch deutlich unterrepräsentiert sind, hat die Zentralstelle dazu veranlasst, das Bremer Internetportal und Magazin gesche.online ins Leben zu rufen. Es unterstützt Frauen beim Erwerb von Medienkompetenz und erhöht die Präsenz von Themen und Fragestellungen im Netz, die für Frauen in der Region interessant sind. Das immer erfolgreichere Portal wird aus dem Landesprogramm „Bremen in time“ gefördert und von der Gleichstellungsstelle organisiert.
Bei der Berufsorientierung von Mädchen muss nach Meinung der Zentralstelle noch viel getan werden. Nach wie vor wählen Mädchen größtenteils Berufe mit geringerem Verdienst und wenig Aufstiegschancen. Daher hat sich die Zentralstelle maßgeblich an der Organisation des Girls Day beteiligt, der Mädchen neue Berufsbilder erschließen will. Der Girls Day war in den letzten beiden Jahren in Bremen und Bremerhaven besonders erfolgreich und hat bundesweit die höchste Beteiligung.
Wesentliche Aktivitäten hat die Zentralstelle entfaltet, um den Kampf gegen Frauenhandel im Land Bremen zu verbessern. Die Finanzierung der lange geforderten unabhängigen Beratungsstelle für Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel konnte zwar im Berichtszeitraum noch nicht durchgesetzt werden, ist aber inzwischen durch einen Senatsbeschluss gesichert.
Im Gesundheitsbereich kritisiert die Zentralstelle die Streichung der Zuschüsse für das erfolgreiche und renommierte Bremer Frauengesundheitszentrum. Diese Streichung gefährdet eine in 20 Jahren gewachsene Arbeit, die eine unabhängige Vertretung gesundheitspolitischer Interessen darstellt und die jeder Frau - gerade auch sozial Benachteiligten – den niedrigschwelligen Zugang zu Informationen in Gesundheitsfragen ermöglicht. Gerade hier werden Impulse zur Eigenverantwortung durch Selbsthilfemöglichkeiten gegeben, die auch zur Kostenreduzierung des Gesundheitswesens beitragen. Das Streichen der Förderung solcher Angebote hält die Zentralstelle also gerade unter Sparnotwendigkeiten für kontraproduktiv.
Die Zentralstelle hat in den vergangenen Jahren den Bremer Modellversuch zur Früherkennung von Brustkrebs intensiv begleitet, auf die Notwendigkeit einer unabhängigen Beratung und des umfassenden Datenschutzes hingewiesen und an der Erarbeitung von Standards für eine informierte Entscheidung mitgearbeitet. Bei der flächendeckenden Einführung in allen Bundesländern soll darauf hingewirkt werden, dass die in Bremen erarbeiteten Standards übernommen werden.
Die Zentralstelle ist nach wie vor eine wichtige Anlauf- und Beratungsstelle für Bremerinnen. Im Mittelpunkt der Beratungen standen in den vergangenen Jahren Fragen zu Trennung und Scheidung, Mutterschutz, Erziehungsgeld und Elternzeit sowie zur beruflichen Entwicklung wie Existenzgründung und Wiedereinstieg in den Beruf.
Die Gleichstellungsstelle gab 2002 und 2003 zu unterschiedlichen Themen insgesamt 14 Broschüren und Informationshefte heraus, die kostenlos in der Knochenhauerstr. 20-25 zu erhalten sind.