17.09.2001
Bremen hat ein neues Musical. Mit der Neuinszenierung von "Hair", dem Kultstück der späten 60er und 70er Jahre, präsentiert das Musicaltheater am Richtweg nach dem eher düsteren Stück Jekyll & Hyde eine temporeiche, fetzige und streckenweise mitreißende Aufführung. Die Premiere am 14. September ließ keinen Zweifel daran, dass die Transformation des ehemaligen Flower-Power-Stückes in das 3. Jahrtausend vom Bremer Publikum mit Begeisterung aufgenommen wurde. Der Entscheidung des Managements, drei Tage nach den mörderischen und alles überschattenden Anschlägen in den USA die Premiere dennoch stattfinden zu lassen, waren die eingeladenen Gäste eindrucksvoll gefolgt: Kaum ein Stuhl in dem rund 1500 Plätze fassenden Haus blieb unbesetzt. Auf eine fröhliche Premierenfeier war wegen der aktuellen Ereignisse verzichtet worden
Mit einer Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlages begann der Abend. Er endete nach zweieinhalb Stunden mit einem 15 Minuten andauernden Applaus für eine Inszenierung, die die Anti-Kriegs-Botschaft des Stückes wirkungsvoll in den Mittelpunkt zu stellen versucht. "Nie war das Stück aktueller als heute", meint die amerikanische Choreographin und Regisseurin Kim Duddy, die das Musical für die Vereinigten Bühnen Wien eingerichtet hatte. Ihr Anliegen sei es, eine Brücke zu schlagen zwischen den jungen, auf Individualität bedachten jungen Leuten und der damaligen Generation, die sich für das gegen den Vietnam-Krieg gerichtete Love- and-Peace-Stück begeisterte.
Mit Kriegsbildern vom Golfkrieg oder aus Jugoslawien, mit eingespielten Videoclips von Protestmärschen und Polizeieinsätzen bemüht sich die Regisseurin, das 1967 in New York uraufgeführte Stück nah an unsere Zeit heranzuholen - zudem mit einer rasanten Abfolge bunter Bilder, mit einer einfallsreichen Choreografie und mit einer zeitgemäßen Bearbeitung der Songs (Martin Gellner und Werner Stranka), die wie "Aquarius", "Manchester England" oder "Let the sunshine in" ohnehin die Stützen des gesamten Stückes sind. Die musikalische und stimmliche Umsetzung gelingt dem Ensemble durchgängig, als Hauptdarsteller bieten Randy Scott (Berger), Peti van der Velde (Sheila) und Ralf Schaedler (Claude) einen überzeugenden Part. Der Inszenierung gelingen insbesondere im zweiten Teil eindringliche Bilder.