Die Landeszentrale für politische Bildung teilt mit: Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ist in der Bundesrepublik Deutschland ein nationaler Gedenktag, der 1996 durch den damaligen Bundespräsidenten Prof. Dr. Roman Herzog eingeführt und auf den 27. Januar festgelegt wurde. Das Datum bezieht sich auf den 27. Januar 1945 als jenem Tag vor nunmehr 71 Jahren, an dem Soldaten der Roten Armee die wenigen Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau befreiten. Und es ist nach wie vor ein nationaler und inzwischen auch europäischer wie internationaler Gedenktag, der allen Opfergruppen der Zeit des Nationalsozialismus gewidmet ist.
Dieser Gedenktag dient nicht nur dem Zweck, ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen, sondern soll auch aktuelle Bezüge haben. In der Proklamation des Bundespräsidenten Roman Herzog hieß es damals: "Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken."
Unter der Koordination der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen, der Landeszentrale für politische Bildung und des Bremer Vereins "Erinnern für die Zukunft e.V." wird nun im Jahre 2016 zum 20. Mal in Folge ein Programm präsentiert, an dem sich wieder eine große Zahl von Kooperationspartnern beteiligt hat und in dem unterschiedlichste Aspekte des Erinnerns, des Mahnens und Gedenkens angesprochen werden.
Das Programm beginnt am 13. Januar 2016 und reicht bis in den März, verweist aber auch noch auf historisch-politisch angelegte Studienfahrten im März nach Warschau, im April nach Westerbork und Amsterdam und im Oktober nach Südostfrankreich. Das Veranstaltungsprogramm enthält eine Vielzahl unterschiedlicher Themen und Formen als Angebot zur Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert und mit den Bemühungen, aus dieser Geschichte auch Lehren zu ziehen. Es gibt Vorträge, Ausstellungen, Diskussionen, Stadtrundgänge, Filme und Buchvorstellungen. Dieses Programm ist erneut das umfangsreichste, das wir je vorgelegt haben, und sprengt dadurch wieder das früher gewohnte Format von sechs Seiten.
Als thematischer Schwerpunkt des Programms im Jahre 2016 wurde sehr bewusst der Umgang mit kranken und behinderten Menschen im Nationalsozialismus gewählt, um so schon einmal auf die Ausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet" aufmerksam zu machen, die im Sommer in Bremen präsentiert werden wird. Es geht dabei um das Thema der Euthanasie, auch in der zentralen offiziellen Gedenkstunde des Senats der Freien Hansestadt Bremen. Bürgermeister Dr. Carsten Sieling wird ein Grußwort beitragen. In der Gedenkstunde am Mittwoch, dem 27. Januar 2016, um 19.30 Uhr im Rathaus spricht Dr. Michael Wunder von der Evangelischen Stiftung Alsterdorf in Hamburg über die Geschichte der Euthanasie im Nationalsozialismus und die Auswirkungen für heute. Wieder werden Schülerinnen und Schüler die Namen ermordeter Opfer des Nationalsozialismus verlesen, ab diesem Jahr die Namen von Bremer Opfern der Medizinverbrechen. Blaumeiers Chor Don Bleu begleitet die Veranstaltung musikalisch. Weitere Vorträge und Gespräche dienen der Vorbereitung auf die Ausstellung, die dann im Sommer 2016 in der Unteren Rathaushalle zu sehen sein wird.
Stadtführungen zeigen Spuren jüdischen Lebens in Bremen oder verweisen auf Bremen im Nationalsozialismus. Auch das Schicksal französischer Zwangsarbeiter wird gewürdigt. Das Erinnerungsprojekt "Stolpersteine Bremen" taucht einige Male im Programm auf, unter anderem mit der Vorstellung des nunmehr dritten Bandes der Reihe "Stolpersteine in Bremen – Biografische Spurensuche" am 17. März 2016 in der Stadtbibliothek. Es geht um das "Viertel" und die Östliche Vorstadt. Die Stadtbibliothek ist nicht nur als Ort vertreten, sondern bietet auch mit Kooperationspartnern weitere Veranstaltungen in Form von Lesungen an, unter anderem mit Philip Meinhold zum Buch "Erben der Erinnerung". Eine Ausstellung in der Stadtbibliothek würdigt Elise und Otto Hampel, die in Berlin ab 1940 mit Flugzetteln das Naziregime anprangerten und dafür zum Tode verurteilt wurden.
Das Schulmuseum und auch das Focke-Museum veranstalten Führungen durch die eigenen Ausstellungen. Zwei junge Historiker aus Bremen beschäftigen sich mit der "Völkischen Bewegung in Bremen und Nordwestdeutschland" und mit der Geschichtsvermittlung im Bremen der NS-Zeit. Ein anderer Vortrag befasst sich mit so genannten Wehrkraftzersetzern und Fahnenflüchtigen in Bremen.
Vom 1. bis zum 19. Februar 2016 wird im DGB-Haus am Bahnhofsplatz die Ausstellung "Neofaschismus in Deutschland" von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes und weiteren Partnern mitsamt einem Begleitprogramm angeboten. Die Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet zusammen mit der Landeszentrale einen Rückblick auf die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht", die im Jahre 1997 in Bremen für großes Aufsehen sorgte. Hannes Heer, Kurator der Ausstellung damals, referiert.
Hermann Kuhn hält einen Vortrag über Abraham Sutzkever, den Dichter des Ghettos von Wilna – eine seit Jahren schon geplante literarisch-politische Auseinandersetzung. Im Cato Bontjes van Beek-Gymnasium in Achim führt Schulleiter Dr. Stefan Krolle durch Ausstellung und Archiv zu Cato Bontjes van Beek.
Den Auftakt am 13. Januar macht Arndt Frommann, der über die Bremer Eiswette in der Zeit des Nationalsozialismus berichtet. Titel: "Sieg Heil auf Führer, Volk und Vaterland!". Daniel Deckers, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, beschäftigt sich mit der Bedeutung der Juden im Weinhandel des 19. und 20. Jahrhunderts. Susanne Schunter-Kleemann lädt ein zur Spurensuche jüdischen Lebens an ihrer Wohnadresse, der Kohlhökerstraße.
Das Veranstaltungsprogramm 2016 zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus liegt an vielen öffentlichen Einrichtungen in Bremen aus oder kann angefordert werden bei der Landeszentrale für politische Bildung unter (0421) 361-2922. Im Internet gibt es das Programm als PDF-Dokument unter www.lzpb-bremen.de und www.erinnernfuerdiezukunft.de.
Die Programmkoordination lag wieder bei Dr. Hermann Kuhn, Deutsch-Israelische Gesellschaft, und Michael Scherer, Landeszentrale für politische Bildung und "Erinnern für die Zukunft e.V.".