Der Astrophysiker Reimar Lüst ist am heutigen Dienstagmorgen, dem 31. März 2020, nur wenige Tage nach seinem 97. Geburtstag gestorben. „Sein Engagement bei der Entstehung der heutigen Jacobs University ist legendär. Aber auch seine Verdienste um die Entwicklung Bremens als Luft- und Raumfahrtstandort haben der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern viel gegeben. Es ist ein großer Mann der Wissenschaft, der heute von uns gegangen ist, und unser Mitgefühl gilt besonders seinen Angehörigen und Freunden“, drückte Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte sein Mitgefühl aus.
Auch Wissenschaftssenatorin Dr. Claudia Schilling kondoliert: „Die Welt verliert einen herausragenden Wissenschaftler und einen überaus erfolgreichen Wissenschaftsmanager, der sich um Bremen hoch verdient gemacht hat. Sein Blick auf die Wissenschaft in all ihren Bereichen, war nicht nur für die Entwicklung der Jacobs University von großer Bedeutung. Reimar Lüst hat auch den Aufbau des Bremer Luft- und Raumfahrtstandortes entscheidend mitgeprägt.“
Reimar Lüst wurde am 25. März 1923 in Barmen (heute Wuppertal) geboren. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann Lüst in Kriegsgefangenschaft. Die Insassen seines Gefangenlagers in Amerika hatten nämlich eine eigene Universität eingerichtet, dort studierte er vier Semester Theoretische Physik und Mathematik und brachte dies später an der Universität Frankfurt zum Diplomabschluss.
Lüst kann auf eine eindrucksvolle wissenschaftliche Karriere zurückblicken. Er studierte Physik, promovierte 1951 bei Prof. Dr. Carl Friedrich von Weizsäcker am Göttinger Max-Planck-Institut und habilitierte 1960 in Theoretischer Physik an der Universität München. Lüst war u.a. maßgeblich am Aufbau der europäischen Weltraumorganisation ESRO beteiligt, deren wissenschaftlicher Direktor (1962-64) und Vizepräsident (1968-70) er war. Er hatte entscheidenden Anteil daran, dass die Bundesrepublik ein eigenes, nationales Weltraumprogramm einrichtete. 1969-72 wird Reimar Lüst Vorsitzender des Wissenschaftsrates und übernahm 1972 die Präsidentschaft der Max-Planck-Gesellschaft (bis 1984). In den Jahren 1984-1990 war er Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA, 1989 wurde er zudem Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung, diese Tätigkeit übte er bis 1999 aus.
Lüst ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften und anderer Einrichtungen. Im Verlaufe seiner wissenschaftlichen Tätigkeiten konnte er zahlreiche nationale und internationale Ehrungen, darunter Ehrendoktorwürden, Ehrenprofessuren, die Leibniz-Medaille, sowie das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik entgegennehmen.
Während Reimar Lüst in seiner Zeit als Vorsitzender des Aufsichtsrates der ERNO GmbH mit dazu beitrug, dass in Bremen Arbeitskräfte für hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen wurden, war sein größter Verdienst um Bremen wohl der Aufbau der Jacobs University. Lüst hat von Anfang an die Idee der europaweit ersten privaten Universität, der International University Bremen (IUB, heute Jacobs University), unterstützt und vorangebracht. Er war als Vorsitzender des Planungskomitees entscheidend an der Planung und dem Aufbau der IUB und als Vorsitzender des Aufsichtsrates an der Umsetzung der Ziele und der weiteren Entwicklung der IUB maßgeblich beteiligt.
Für seine großen Verdienste um den Luft- und Raumfahrtstandort Bremen und die Ansiedlung wissenschaftlicher Institutionen, vor allem der International University Bremen wurde Reimar Lüst im November 2001 zum Bremer Ehrenbürger ernannt.