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Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration

Senatorin Stahmann besuchte drei WiN-Gebiete

20.08.2012

Schwierige Wohnquartiere lebenswert machen – das ist das Ziel des Programms „Wohnen in Nachbarschaften“ (WiN). Wie es gelingt, dass die kleinteilige Arbeit mit Menschen in oftmals belastenden Lebenslagen Früchte trägt, davon hat Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, sich in diesen Tagen bei Besuchen in drei WiN-Gebieten überzeugt. „Es gibt in Bremen Stadt- und Ortsteile, in denen ballen sich Problemlagen von Menschen“, sagte sie. „Mit viel gemeinsamem Engagement gelingt es hier aber, die Wohn- und damit die Lebensverhältnisse ganz deutlich zu verbessern.“

Beeindruckt zeigte sich die Senatorin etwa von den Erfolgen im Oslebshauser Fördergebiet Wohlers Eichen. Es gehört zu den kleineren von insgesamt elf WiN-Gebieten in Bremen. In großen Riegelblocks mit meist acht Stockwerken leben hier über 1200 Menschen in 255 Wohnungen. „Vor acht Jahren sah es hier furchtbar aus“, erinnert sich Quartiersmanager Dieter Sevecke. Müll und Windeln wurden einfach von den Balkonen geworfen, in den Fahrstühlen und Hauseingängen soll es nach Urin gestunken haben, die Wände waren bemalt und beschmiert, Scheiben fast ständig zerschlagen, Lampen defekt. Sevecke: „Es war ein Wohngebiet ohne soziale Kontrolle und mit vielen Polizeieinsätzen.“ Die Folge: 40 Prozent der Wohnungen standen leer, auch der Vermieter konnte daran kein Interesse haben.

Senatorin Anja Stahmann mit Kindern auf dem Spielplatz an der Grohner Düne
Senatorin Anja Stahmann mit Kindern auf dem Spielplatz an der Grohner Düne

Von diesen Verhältnissen ist Wohlers Eichen heute weit entfernt. Leerstände sind unter die Zehn-Prozent-Marke gerutscht. Sichtbarstes Zeichen für den Erfolg der sozialen Arbeit sind die makellosen, mit Mosaiken farbenfroh gestalteten Hauseingänge – bis heute im Original-Zustand, so wie sie beginnend vor drei Jahren der Künstler Gil Staug gemeinsam mit den Bewohnern gestaltet hat. In der Nummer 59 etwa lässt eine Wand, die als afrikanische Steppenlandschaft mit gelben Löwen und Elefanten in verschiedenen Grau-Schattierungen gestaltet ist, auf die Herkunft von Hausbewohnern schließen. Eine andere Wand zeigt das Werder-Logo und den Dom, eine weitere, in der Hausnummer 39, eine maritime Szene mit typisch norddeutschem Leuchtturm.

Eine wichtige Rolle spielt das ehemalige „Spielhaus“, das heute unter der offiziellen Bezeichnung „Kinder- und Familienzentrum Wohlers Eichen“ von Sabine Glienke geführt wird. Gerade erst wurde der Spielhaus-Treff durch einen aus dem Programm Soziale Stadt finanzierten Anbau auf 180 Quadratmeter erweitert. Hier werden nicht nur Kinder betreut, Mosaike gebastelt, und nebenan ein riesiger Lehmofen zum traditionellen Backen von Broten und Teigfladen betrieben. Hier tagt auch das lokale Forum der Stadtteilgruppe, wo aktive Bewohnerinnen und Bewohner gemeinsam mit anderen Akteuren des Ortsteils über die finanzielle Förderung von Vorhaben beraten und entscheiden. „Im Ergebnis fühlen sich die Menschen heute viel besser aufgenommen in dieser Stadt und in diesem Land“, sagte Anja Stahmann. „Sie erfahren, dass sie mit ihren Bedürfnissen ernst genommen werden, dass sie ihre Lebenswelt positiv gestalten können, und dass sie gemeinsam und mit Unterstützung Lösungen für ihre Konflikte finden können. Nur so kann der schwierige Prozess der Integration aller gelingen – unabhängig von Nationalität, Aufenthaltsstatus oder sozialer Stellung.“
Insgesamt zeigte Anja Stahmann sich erfreut von der Entwicklung des Wohngebiets Wohlers Eichen, das sie auch von früheren Besuchen in den schwierigen Jahren noch gut kennt: „Hier hat sich enorm viel getan“, sagte sie. „Die Entwicklung in den vergangenen Jahren zeigt, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit in den WiN-Gebieten fortgesetzt werden muss. Und es zeigt auch, dass wir die Vermieter im Boot haben müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen.“

Die Bedeutung der Vermieter für gelingende soziale Arbeit im Stadtteil habe sich bei ihren Besuchen auch in den Gebieten Rostocker Straße in Gröpelingen und Grohner Düne in Bremen-Nord gezeigt, sagte Anja Stahmann weiter. In der Rostocker Straße etwa werden, nachdem die BAUM-Gruppe aus Hannover die Gebäude gekauft hat, derzeit aufwendig die Fassaden isoliert, Hauseingänge erneuert und das Außengelände neu gestaltet. Zudem entsteht nach dem Abriss eines jahrelang leerstehenden Supermarktes ein Bewohnertreff mit Concierge – gebaut in einem Beschäftigungsprojekt mit Unterstützung der Bewohner. Und eine Wohnung steht zudem für die gemeinschaftliche Nutzung als Nähwerkstatt zur Verfügung – mit allen positiven Folgen: „Die Frauen kommen in Kontakt miteinander, und mit der Anleiterin lernen sie ganz selbstverständlich Deutsch“, erläutert Quartiersmanagerin Rita Sänze. „Gerade die Nähe zur eigenen Wohnung macht es in manchen Familien erst möglich, dass Männer ihren Frauen erlauben, solche Möglichkeiten zu nutzen“, sagte Rita Sänze weiter. Für die Integration und das gegenseitige Verständnis unter Nachbarn sei das immens wichtig, betonte Senatorin Anja Stahmann.

Erfolgreiche Quartiersarbeit im WiN-Gebiet Gröpelingen: Senatorin Anja Stahmann und Quartiersmanagerin Rita Sänze (ganz rechts) mit Teilnehmerinnen in der Näh-Werkstatt im Gebäude Rostocker Straße
Erfolgreiche Quartiersarbeit im WiN-Gebiet Gröpelingen: Senatorin Anja Stahmann und Quartiersmanagerin Rita Sänze (ganz rechts) mit Teilnehmerinnen in der Näh-Werkstatt im Gebäude Rostocker Straße

Auch im WiN-Gebiet Grohner Düne wäre die soziale Stadtteilarbeit ohne die Unterstützung durch die Eigentümer kaum denkbar. Nach dem Verkauf des größeren Teils der Wohnungen an den Investor Deutsche Wohnen AG waren die Befürchtungen an der Lesummündung besonders groß, dass die finanzielle Förderung durch den Vermieter langfristig wegfallen könnte. „Dabei stehen wir in der Grohner Düne vor Problemlagen, die besonders schwierig in den Griff zu bekommen sind“, sagte Anja Stahmann. Unter den gut 1.500 Bewohnern aus fast 60 Nationen herrschten nicht nur Spannungen, die unter verschiedenen Volksgruppen und religiösen Bekenntnissen ohnehin leicht entstehen könnten, wie Quartiersmanagerin Erika Storck-Treudler deutlich machte. Hinzu komme auch eine hohe Fluktuation, die eine kontinuierliche Arbeit mit den Bewohnern sehr erschwere.

Rivalisierende Cliquen gerieten unter diesen Bedingungen immer wieder in Konflikte. Zur Verschärfung trage dabei auch die Bauweise des Wohnkomplexes bei – mit einem rundum geschlossenen und von außen nicht einsehbaren Innenhof sowie wenigen Zugängen, die sich leicht kontrollieren ließen. In der Presse werde immer wieder die Frage diskutiert, ob Teilabrisse einzelner Gebäudeteile – vielleicht im Erdgeschoss – zur Verbesserung beitragen könne, angelehnt an die gute Entwicklung im WiN-Gebiet Osterholz-Tenever. „Über solche Ideen müsste man mit allen Seiten gemeinsam nachdenken“, sagte Anja Stahmann. Sie könnten im Interesse der Stadt und des Eigentümers sein. Die Senatorin gab allerdings zu bedenken, dass der Eigentümer, anders als in Tenever, keine städtische Gesellschaft sei. Das könne eine Einigung erschweren.

„Insgesamt trägt die soziale Arbeit im WiN-Gebiet Grohner Düne erheblich zur Stabilisierung des Quartiers bei“, sagte Anja Stahmann. Dabei handele es sich um ein sehr buntes Wohngebiet, dessen Ruf von negativen Schlagzeilen manchmal überschattet werde, das aber auch Chancen biete. „Unsere Quartiermanagerin Erika Storck-Treudler sieht hier immer wieder auch Kinder groß werden, die dann als Ärzte oder Anwälte einen angesehenen Beruf ergreifen.“

Zum Hintergrund:

Das kommunale Handlungsprogramm WiN existiert seit 1998, zurzeit sind elf WiN-Gebiete ausgewiesen. Es soll die alltäglichen Wohn- und Lebensbedingungen in benachteiligten Quartieren verbessern. Dazu gehören die Entwicklung von Engagement und Mitwirkung von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie die Zusammenarbeit der lokalen Akteure. Das Programm ist ressortübergreifend ausgerichtet, um in Zeiten knapper öffentlicher Mittel eine Verknüpfung der Handlungsansätze der Fachressorts sowie einen wirksameren Einsatz der Mittel zu erreichen. Das Programm WiN komplettiert zudem finanziell das Bund-Länderprogramm Soziale Stadt, indem es sowohl investive als auch konsumtive Maßnahmen in Gebieten mit besonderen Entwicklungsbedarfen fördern kann.

Fotos: Pressereferat, Senator für Soziales