Senatorin Anja Stahmann: Angemessener Wohnraum für Empfänger von Sozialleistungen ist in beinahe allen Wohnungssegmenten spürbar teurer geworden
14.02.2017Für Empfänger von Sozialleistungen sollen ab März deutlich höhere Mietkosten anerkannt werden, nur für große Haushalte ergibt sich eine geringfügige Absenkung. Eine entsprechende Verwaltungsanweisung der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport für hat heute (14. Februar 2017) der Senat zur Kenntnis genommen. Sie kann in Kraft treten, wenn die Deputation für Soziales, Jugend und Integration am 23. Februar zustimmt. Am stärksten steigt danach der Richtwert für Ein-Personen-Haushalte, nämlich von 377 Euro pro Monat auf 455 Euro Bruttokaltmiete. Das ist ein Plus von gut 20 Prozent. Für Zwei-Personen-Haushalte steigt der Richtwert von 428 auf 464 Euro, für Drei-Personen-Haushalte von 507 auf 578 Euro. Darüber hinaus werden für Stadtteile mit höherem Mietniveau Aufschläge von 10, 15 oder 25 Prozent gewährt. Betroffen von der Neuregelung sind über 52.000 Haushalte in der Stadt Bremen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II, XII oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Das sind Langzeitarbeitslose, Geringverdiener mit Zuschüssen vom Jobcenter oder Behinderte und Ruheständler mit nicht auskömmlichen Renten sowie Flüchtlinge. Auf die Stadt kommen nach einer grob überschlägigen Rechnung langfristig jährliche Mehrkosten in Höhe von rund vier Millionen Euro zu, wovon der Bund etwas mehr als ein Viertel tragen wird.
"Die Mieten in den meisten Wohnungssegmenten sind seitdem spürbar angezogen", sagte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. "Das gilt besonders für Single-Wohnungen." Mit der Neuregelung stelle Bremen sicher, "dass Empfänger von Sozialleistungen eine angemessene Chance auf dem Wohnungsmarkt behalten". Die neuen Richtwerte seien so bemessen, dass die Hälfte aller Wohnungen in Bremen für Empfänger von Sozialleistungen zur Verfügung steht.
Nach dem Sozialgesetzbuch übernimmt die Kommune für Sozialleistungsempfängerinnen und -empfänger die "angemessenen Kosten" für Wohnraum. Was als angemessen anerkannt wird, richtet sich dabei nach den konkreten Bedingungen auf dem jeweiligen Wohnungsmarkt. Im Auftrag der Stadt Bremen hat die "F+B"-GmbH (Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt) dazu ein "Fachgutachten zur Ermittlung von angemessenen Kosten der Unterkunft nach SGB II und XII für die Stadt Bremen" vorgelegt. Die Datengrundlage für die repräsentative Erhebung von Bestandsmieten und Nebenkosten bei Mietern und Vermietern hat das Statistische Landesamt geliefert. Insgesamt wurden Daten von rund 56.300 Wohnungen in das Gutachten einbezogen, das sind 34 Prozent des gesamten Mietwohnungsmarktes in der Stadt Bremen. Außerdem wurden sämtliche Mietangebote in Online- und Printmedien zwischen 1. Oktober 2015 und 30. September 2016 ausgewertet. Das soll sicherstellen, dass zu den anerkannten Mieten tatsächlich ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht.
Aus dem Gutachten leitet sich auch eine leichte Absenkung der Kosten für Fünf-Personen-Haushalte gegenüber dem bisherigen Richtwert ab. Diese Absenkung beträgt 13 Euro. Sie führt aber nicht dazu, dass Familien, deren Wohnkosten leicht über dem Richtwert rutschen, umziehen müssen. Senatorin Stahmann: "Die Mieter können dann natürlich in ihren Wohnungen bleiben, da gibt es gar keine Diskussion."
Die Senatorin hob einen weiteren sozialpolitischen Aspekt der neue Verwaltungsanweisung hervor: "Die anerkannten Mieten sollen möglichst nicht dazu beitragen, dass Stadtteile sich sozial entmischen", sagte sie. Um drohender Segregation entgegenzuwirken, sehe die Sozialbehörde auch künftig Zuschläge für bestimmte, teurere Wohnlagen vor. Für die Stadtteile Findorff, Oberneuland, Östliche Vorstadt und Walle (ohne Überseestadt) werde eine um zehn Prozent höhere Miete noch als angemessen anerkannt, für den Stadtteil Neustadt und den Ortsteil Überseestadt gelte ein Zuschlag von 15 Prozent, und für die Stadteile Schwachhausen, Mitte, Horn-Lehe und den Ortsteil Borgfeld von 25 Prozent. Dabei hat die Auswahl der Stadtteile sich leicht verändert, und die Zahl der Zuschlagsstufen wurde von zwei auf drei erhöht: Bislang haben die Sozialbehörden zehn Prozent Zuschlag in den Stadtteilen Mitte, Findorff, Horn-Lehe anerkannt, und 20 Prozent in den Stadtteilen Östliche Vorstadt, Schwachhausen, Oberneuland und Borgfeld. In den Katalog neu aufgenommen sind wegen steigender Mieten also Walle, Überseestadt und Neustadt.
Die neuen Richtwerte im Einzelnen (zusammen mit den unveränderten Werten für eine angemessene Wohnungsgröße): Richtwerte_Mietkosten.pdf (pdf, 118.5 KB)