Sie sind hier:
  • "Sprache ist der Schlüssel zur Integration – auch für Gefangene"

Die Senatorin für Justiz und Verfassung

"Sprache ist der Schlüssel zur Integration – auch für Gefangene"

Über 200 Inhaftierte aus 25 Nationen haben an den Sprachförderprogrammen in der JVA teilgenommen

25.09.2024

Am morgigen Donnerstag (26. September 2024) wird der Europäische Tag der Sprachen gefeiert, der 2001 auf Initiative des Europarats eingeführt wurde und auf die verbindende Kraft der sprachlichen Vielfalt aufmerksam macht. Er soll dazu ermutigen, Sprachbarrieren abzubauen. Sprachen spielen eine zentrale Rolle bei der Förderung von Verständigung und Integration – auch in der Justiz.

In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremen wird dieser Ansatz aktiv umgesetzt: Im Rahmen des Projekts "Sprachkompetenzförderung für Insassen und Haftentlassene der JVA Bremen und Bremerhaven" werden Gefangene mit geringer Lese- und Schreibfähigkeit gezielt unterstützt. Das Projekt, getragen durch die BSB Erwachsenenbildung GmbH und gefördert von der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration sowie dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+), zielt darauf ab, die Sprachkompetenzen und somit die Handlungsmöglichkeiten der Teilnehmenden zu verbessern – sowohl während der Haftzeit als auch danach.

"Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Auch für Straftäter ist das Erlernen und Beherrschen von Sprache ein entscheidender Faktor, um nach der Haft den Weg zurück in die Gesellschaft zu finden. Der Europäische Tag der Sprachen erinnert uns daran, wie bedeutend Sprachkompetenz für die soziale Teilhabe ist – in jedem Bereich des Lebens", erklärt Justizsenatorin Claudia Schilling und weiter: "In unserer Justizvollzugsanstalt setzen wir genau auf diese Kraft der Sprache, um Straftätern eine echte Perspektive zu bieten. Nur wer sich verständigen kann, hat die Chance auf einen erfolgreichen Neuanfang in der Gesellschaft."

Etwa 60 Prozent der Inhaftierten in den Justizvollzugsanstalten Bremen und Bremerhaven haben unzureichende Sprachkenntnisse. Unter ihnen befinden sich sowohl Personen mit mangelnden Deutschkenntnissen als auch viele deutschsprachige Inhaftierte, die nicht oder nicht ausreichend lesen und schreiben können. Die Folgen des so genannten funktionalen Analphabetismus beeinträchtigen die persönliche Entwicklung, das Selbstwertgefühl, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und nach der Entlassung aus der Haft auch die gesellschaftliche Teilhabe.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt das Projekt in der JVA auf drei Säulen: Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Sensibilisierungsschulungen. In Zusammenarbeit mit der BSB Erwachsenenbildung GmbH wurde in der JVA Bremen ein einzigartiges Diagnostikangebot entwickelt, das individuell auf die Bedürfnisse der Inhaftierten eingeht. Neben der sprachlichen Kompetenz werden im Rahmen der Diagnostik auch weitere relevante Faktoren wie Bildungsbiografie, Gewalterfahrungen und Drogenmissbrauch erfasst, um das Förderangebot gezielt zu optimieren. Zudem sensibilisiert das Projekt die Bediensteten der Justizvollzugsanstalten durch Schulungen bezüglich der Herausforderungen des funktionalen Analphabetismus. Die Schulungen tragen dazu bei, ein unterstützendes Umfeld innerhalb der JVA zu schaffen und das Bewusstsein für die Thematik zu schärfen.

Senatorin Schilling: "Die bisherigen Ergebnisse des Projekts sind beeindruckend: Über 1.000 Inhaftierte wurden bereits diagnostiziert, rund 200 Bedienstete in Sensibilisierungsschulungen geschult und mehr als 200 Inhaftierte aus 25 Nationen haben an den Sprachförderprogrammen teilgenommen. Ich bin mir sicher, dass die Resozialisierung der Gefangenen durch die Maßnahme noch besser gelingen kann."

Ein besonderes Augenmerk des Förderprogramms liegt auf Grundbildungskursen, die es den Teilnehmenden unter anderem ermöglichen, elementare Lese- und Schreibkenntnisse zu erwerben. Daraus berichten die Teilnehmenden im Anschluss in selbst geschriebenen Briefen: So erklärt ein Teilnehmer, durch den Kurs das Lesen und Schreiben gelernt zu haben und nun endlich Briefkontakt zu seinem Sohn pflegen zu können. Ein weiterer Teilnehmer erklärt, dass er weiter lernen und in der Erwachsenenschule seinen Schulabschluss nachholen wolle. Als er in die JVA gekommen sei, habe er kein Deutsch gekonnt, nun stelle er selbst Anträge und könne beispielsweise dem Ärztlichen Dienst erklären, was seine Beschwerden seien. Ein Gefangener fasst wie folgt zusammen: "Ich bin kein Engel geworden, aber ich kehre bestimmt nicht zu meinem alten Leben zurück."

Ansprechpartnerin für die Medien:
Stephanie Dehne, Pressesprecherin bei der Senatorin für Justiz und Verfassung, Tel.: (0421) 361-2344, E-Mail: stephanie.dehne@justiz.bremen.de