Gutachten von Prof. Dr. Stefan Korioth stützt Senatsauffassung
02.05.2016Bei den stark angestiegenen Flüchtlingszahlen und den damit verbundenen Kosten für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in Bremen handelt es sich um eine außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und den Haushalt erheblich beeinträchtigt. Deshalb liegt ein begründeter Ausnahmefall im Sinne des Konsolidierungshilfengesetzes vor. Dies ist gleichbedeutend mit einer außergewöhnlichen Notsituation im Sinne des Grundgesetzes und der bremischen Landesverfassung. Zu diesem Fazit kommt Prof. Dr. Stefan Korioth von der Ludwig-Maximilians-Universität München in seiner rechtsgutachtlichen Stellungnahme (vgl. Anhang 1), die er im Auftrag des Senats verfasst hat. Er kommt zu dem Schluss: "Danach ist bei der Auffassung des unbestimmten Rechtsbegriffs durch den umfassend an das Recht gebundenen Stabilitätsrat zu erwarten, dass er bei seiner 2017 erfolgenden Kontrolle der Konsolidierung des Bremer Haushalts das Vorliegen dieses Ausnahmefalles annehmen wird." Der Jurist betont, dass gegenüber dem Stabilitätsrat die Mehrkosten detailliert dokumentiert werden müssen und die Landverfassung einen Tilgungsplan für Mehrkosten (soweit sie zur Überschreitung der zulässigen Defizitobergrenze führen) vorschreibt.
"Mit dem heute vorgelegten Gutachten stützt Professor Korioth die Senatsauffassung," erklärt Bürgermeister Carsten Sieling auf der heutigen (2. Mai 2016) Pressekonferenz. "Bremen hat in seinen Haushalten für die Jahre 2016/2017 als erstes Bundesland transparent und nachvollziehbar die Kosten, die sich aus der Zuwanderung und Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft ergeben, ausgewiesen. Die Dimension dieser flüchtlingsbedingten Ausgaben sprengt dabei jeden normalen Haushaltsrahmen, dies ist auch in den anderen Bundesländern so. Aus diesem Grund drängen die Länder darauf, dass Bund, Länder und Kommunen hier möglichst schnell zu einer fairen 50:50 Kostenteilung kommen." Der Senat hat bereits in seinem Haushaltsentwurf 2016/2017 und dem aktuellen Bericht für den Stabilitätsrat darauf hingewiesen, dass Bremen die Ausnahmeregelung für das Jahr 2016 in Anspruch nehmen müsse. Bürgermeisterin Karoline Linnert betont: "Wir haben es unbestreitbar mit einer Ausnahmesituation zu tun. Der Haushaltsplan 2016/2017 belegt, dass Bremen seine Konsolidierungsanstrengungen fortführt. Ohne die Mehrausgaben für Flüchtlinge würde Bremen die Defizitobergrenze unterschreiten. Die Mehrausgaben für Flüchtlinge können nicht an anderer Stelle aufgefangen werden und sind deshalb gesondert aufgeführt. Bremen ist und bleibt vertragstreu."
Verfassungskonformer Haushalt mit Tilgungsplan
Die Landesverfassung sieht vor, dass die Bürgerschaft für die veranschlagten Mehrausgaben, die wegen einer außergewöhnlichen Notsituation die normalerweise zulässige Obergrenze überschreiten, eine Tilgungsregelung zu beschließen hat. In 2016/2017 handelt es sich um 448 Millionen Euro. Die in der Not zusätzlichen gemachten Schulden müssen auf lange Sicht vollständig abgetragen werden. Der Senat hat jetzt der Bürgerschaft einen Tilgungsplan vorgeschlagen. Ab 2021 bis 2046 werden die Mehrausgaben Schritt für Schritt abgebaut. Karoline Linnert: " Damit werden die Vorgaben der Landesverfassung erfüllt. Der Senat hat einen verfassungskonformen Haushaltsentwurf 2016/2017 vorgelegt."
Im Download:
Download 1: (pdf, 340 KB) Rechtsgutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. Stefan Korioth "Zur Vereinbarkeit der dem Stadtstaat Freie Hansestadt Bremen durch die Unterbringung, Versorgung und Integration geflüchteter Menschen in den Haushaltsjahren 2016 und 2017 entstehenden Mehrausgaben mit Art. 143d Abs. 2 Grundgesetz, dem Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen nebst Verwaltungsvereinbarung und mit Art. 131a, 131b Bremische Verfassung"
Download 2: (pdf, 143.4 KB) Auszüge aus der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen, den Haushaltsgesetzen für Land und Stadtgemeinde Bremen 2016 und 2017, dem Grundgesetz, dem Konsoliderungshilfengesetz und der Verwaltungsvereinbarung zum Konsolidierungshilfengesetz
Foto: Senatspressestelle