Ideenmeisterschaft #MitteBremen endet mit konkreten Konzeptideen für eine zukunftsfähige Neugestaltung des Areals um das Parkhaus Mitte
14.09.2018Vom 9. bis 14. September machten internationale Experten Bremen zum Zentrum innerstädtischer Zukunftskonzepte: Für die Ideenmeisterschaft #MitteBremen erarbeiteten sie Ansätze zur Gestaltung des Stadtlebens und Stadtraumes der Bremer Innenstadt. Die Ergebnisse wurden heute erstmals der Fachöffentlichkeit vorgestellt und vom Ideen-Rat, einer 21-köpfigen Expertenjury, gewürdigt. So unterschiedlich die Ideen sind, sie alle stellen Bremer Werte in den Vordergrund und übersetzen die Identität der Stadt in die Zukunft. Initiiert wurde die Ideenmeisterschaft #MitteBremen von der Gustav Zech Stiftung zusammen mit dem Bremer Senat.
Bremens Innenstadt hat zwei Gesichter: Auf der einen Seite das einmalige UNESCO-Weltkulturerbe-Ensemble um den Markt sowie Schnoor und Böttcherstraße, Anziehungspunkte für Bremer und Touristen. Auf der anderen Seite das Areal um das Parkhaus Mitte, mit Rückseiten, 70er Jahre-Kaufhausarchitektur, unterbrochenen Wegebeziehungen und hohem Verkehrsaufkommen. Doch nun bietet sich die Chance für eine Neugestaltung – das Parkhaus soll verkauft werden, der aktuelle Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof verändert die Situation im Areal selbst und der Einzelhandel unterliegt einem grundlegenden Wandel. Gleichzeitig liegt das Investitionsvolumen, das die verschiedenen Bremer Privatinvestoren in der Innenstadt einbringen wollen, bei aktuell einer Milliarde Euro – so viel auf einmal wurde in den letzten 40 Jahren nicht in Bremen investiert.
Hier setzen die Ideen der Ideenmeisterschaft #MitteBremen an: Sie zeigen Möglichkeiten für neue Nutzungen auf, schaffen Verbindungen und Sichtachsen und geben der Innenstadt neue Orte der Begegnung. Vor allem aber finden sie bremische Antworten auf städtische Zukunftsfragen aus den Bereichen Handel, Nutzungsmix, Mobilität, Kommunikation und Stadtentwicklung. Die Ansätze markieren den Beginn einer Entwicklung, die in nächsten Monaten fortgeführt wird: unter anderem beim „Forum Innenstadt“ am 29. Oktober 2018, wo die Ideen den Bremer Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt und diskutiert werden, oder bei städtebaulichen Planungs- und Architekturwettbewerben.
Ideen-Rat würdigt Lösungsansätze für neues Stadtleben und neue Stadträume
Der Ideen-Rat hat in seiner Würdigung nicht einen einzelnen Ansatz besonders hervorgehoben, sondern unterschiedliche Aspekte und prägnante Ideen ausgezeichnet. Die Beurteilungskriterien dabei: Stärkung der Bremer Identität, Vielfalt der Nutzungsideen, Ansätze für zukunftsfähigen Einzelhandel, bequeme Erreichbarkeit der Innenstadt auch ohne Parkhaus Mitte, lebendige Stadträume und Passgenauigkeit einer für Bremen spezifischen Architektur. „Es ist beeindruckend zu sehen, wie weitgehend die Ansätze sind, die von den Gruppen in nur drei Tagen ausgearbeitet wurden“, kommentiert Prof. Christiane Thalgott, Vorsitzende des Ideen-Rats, die Präsentationen. „Die Ideenmeisterschaft hat nicht nur erstmals in Deutschland Querdenker verschiedenster Branchen für ein so zentrales Innenstadtprojekt zusammengeführt, sondern auch gezeigt, dass es möglich ist, in höchster Konzentration und kürzester Zeit zu völlig neuen Ideen zu kommen, die für Bremen sicher zukunftsweisend sein werden.“
Bremer Identitäten standen im Zentrum der Überlegungen der Arbeitsgruppen
Die 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „IdeenAthlons“ haben sich für die Ausarbeitung der Entwürfe in fünf Gruppen aufgeteilt. Sie stellten folgende Ansätze in das Zentrum ihrer Überlegungen:
• Gemeinschaft
Hier geht es um die Schaffung eines Ortes für ein lebendiges, zukunftsweisendes Bremer Bürgertum als Fortsetzung des historischen Marktplatzes und als Agora des 21. Jahrhunderts. Leitidee ist „Urbania – eine gemeinsame Idee von Stadt“, geplant wird mit kristallinen Baustrukturen auf einer leichten Erhebung. Inhaltlich geht es um die Schaffung einer Vielfalt gesellschaftlicher Nutzungen, die dem „Public Interest“ verpflichtet sind – von klassischem Gewerbe bis hin zu kulturellen, genossenschaftlichen oder politischen Aneignungen des geschaffenen Raums sowie einem Konferenzzentrum.
• Handel(n)
Die Handelsstadt ist hier sinngebendes Element und Identität für Bremen und die Innenstadt. Unter der Leitidee: „Co-Trading. Invented in Bremen“ werden neue Formen des Handels aus den Erfahrungen des digitalen Commerce in den Stadtraum übertragen. Bremen wird so zu einem digital-realen Marktplatz neuer Handelslösungen. Begleitet wird dieser Ansatz von Mobilitätsansätzen wie zwei großen Logistik-Hubs außerhalb des Zentrums oder Service-Parklotsen, die den täglichen Bedarf der Bremer und Besucher organisieren.
• Attraktion
Kernpunkt des Entwurfs ist die prozessuale Veränderung der Mitte Bremen mit Zwischennutzungen und Events, die Attraktivität schaffen und für ständige Erneuerung sorgen. „Bremen handelt“ ist die zugehörige Leitidee. Temporäre und permanente Nutzungen wechseln sich ab, wobei die neuen Ankerpunkte rund um das Parkhausareal und die Weser durch ständig wechselnde Attraktionen belebt werden. Mittelfristig ist ein architektonischer Landmark geplant, in dem diese Nutzungskonzepte weitergeführt werden und der Bremen auf die internationale Landkarte setzt.
• Familie
Die Innenstadt soll hier als „Ort der entspannten Urbanität“ entwickelt werden, mit stärkerer Durchmischung und entsprechenden zentralen Nutzungen. Die neuen Stadtbausteine werden kleinteilig gedacht, um neue Durchwegungen und kurze Wege zu schaffen. Private und öffentliche Nutzungen greifen ineinander und schaffen Freiraum-, Wohnungs- und Nachbarschaftsentwürfe für hohe Lebensqualität – u.a. mit vertikalen Gärten, Innovation Labs, Co-Living, Micro-Apartments, innovativen Kultureinrichtungen und neuen Gastronomiekonzepten.
• Genussvolles Bremen
Dieser Ansatz betont die Bremer Tradition der Lebensmittelveredlung und als Genuss-Ort. Es entsteht ein neuartiges Gewebe aus Gebäuden und Höfen unterschiedlichster Nutzungsarten, in die Einzelhandel, Gastronomie und Produktion genauso einbezogen werden wie Wohnen und Co-Working. Hinzu kommen neue, autofreie Wegeführungen, um Genuss in der Stadt erlebbar machen und den Stadtraum selbst zu veredeln. Kleinteiligkeit und größere Gebäudeakzente stehen dabei in enger Korrespondenz.
„Diese Ideenansätze sind mit dem Ziel entwickelt worden, sofort ins Handeln zu kommen“, sagt Kurt Zech, Initiator der Ideenmeisterschaft #MitteBremen und geschäftsführender Gesellschafter der Zech Group. „Ich bin begeistert zu sehen, dass in so kurzer Zeit so viele grundlegende Themen durchdacht wurden. Mit der Ideenmeisterschaft haben wir Bremer uns auf ein großes Abenteuer eingelassen. Heute sehen wir: Wir alle haben dabei gewonnen.“
Neue Formen der Innenstadtnutzung
Bausenator Joachim Lohse sieht die Erfolge der Ideenmeisterschaft hauptsächlich in neuen Wegen zur Durchmischung der Nutzungsstruktur: „Ich freue mich, dass wir hier neue Ansätze für eine Innenstadt gesehen haben, die nicht ausschließlich vom Handel dominiert wird, sondern die Aufenthaltsqualität ins Zentrum rückt und auch die Bremer Wegebeziehungen bis hin zu innovativen Mobilitäts- und Logistiklösungen verbessert“, kommentiert er die Ergebnisse.
Wirtschaftssenator Martin Günthner hebt insbesondere den lebhaften Diskurs von Experten und Querdenkern während der Ideenmeisterschaft hervor: „Wir brauchen diese offene Annäherung, um neue Funktionen unserer Innenstadt der Zukunft zu denken“, fasst er zusammen. „Bremens Mitte braucht Eigenständigkeit, Zukunftsfähigkeit und eine funktionierende Mischung aus Handel, Büros, Wohnen und Gastronomie, um auch überregional attraktiv zu sein“.
Die Ideenmeisterschaft #MitteBremen begann am Sonntag, dem 9. September mit Vorträgen aus und zur Stadt Bremen. Am Montag folgte der InspirationSummit mit Impulsen zu stadtrelevanten Zukunftsthemen. Darauf baute der co-kreative IdeeAthlon von Dienstag bis Donnerstag auf. Die dabei entwickelten Ideen wurden am Freitag dem IdeenRat präsentiert. Im Vorfeld der Ideenmeisterschaft lud die Aktion „Bremer Stimmen“ die Bremer Bürger dazu ein, ihre Ideen für die Mitte Bremens per Online-Umfrage mitzuteilen. Über 150 Bremer haben diese Gelegenheit genutzt.
Impulsgeber, IdeeAthleten, IdeenRat
Zu den Impulsgebern der Ideenmeisterschaft gehören:
• Reiner Nagel von der Bundesstiftung Baukultur
• Dr. Eike Wenzel vom Institut für Zukunftsforschung
• Prof. Dr. Stefanie Bremer, Professorin für Mobilität an der Universität Kassel
• Prof. Dr. Henning Vöpel, Direktor des Hamburger Weltwirtschafts Instituts (HWWI)
• Trendforscherin Birgit Gebhardt
• Johannes Bussmann von Polis Magazin
• Andrew Fordyce, Food Trend Tours
• Ralf-Peter Koschny, bulwiengesa AG
• Dr. Arndt Pechstein , phi360
• Tina Heine, Jazz & The City Festival
Mitglieder des IdeenRats sind:
• Vorsitz: Christiane Thalgott , Architekturprofessorin aus München
• Kurt Zech, Zech Group
• Dr. Christian Jacobs, Joh. Jacobs & Co.
• Johannes von Mutius, DIC Asset AG
• Stefan Nökel, Sparkasse Bremen AG
• Johannes Lichtenthaler, Immobilienentwicklung
• Friedrich Meinikat, HPC Germany GmbH
• Thomas Scherer, Denkmalneu
• Edgar Rosenberger, Einzelhandel
• Prof. Dr. Carsten Gertz, Verkehr
• Prof. Christiane Sörensen, Freiräume
• Jens Deutschendorf, Staatsrat SUBV
• Andreas Heyer, Wirtschaftsförderung
• Peter Kowalsky, Tourismus
• Prof. Dr. Iris Reuther, Senatsbaudirektorin
• Dr. Dirk Kühling, SWAH
• Jens Lütjen, Vermietung
• Hellena Harttung, Ortsamt Mitte
• Michael Rüppel, Ortsbeiratssprecher
Sowohl Bremens Bürgermeister Dr. Carsten Sieling, als auch die Senatoren Martin Günthner (Wirtschaft, Arbeit und Häfen) und Dr. Joachim Lohse (Umwelt, Bau und Verkehr) sind in das Projekt eingebunden und u.a. im IdeenRat vertreten.
Ausgerichtet wurde die Ideenmeisterschaft von JES – Julia Erdmann Socialtecture aus Hamburg.
Die Gruppen der IdeeAthleten setzten sich folgendermaßen zusammen:
• Karoline Liedtke von Cobe Architects in Kopenhagen, Prof. Dr. Johannes Bussmann, Polis Magazin, Thomas Klumpp, Klumpp Architects San Francisco, Luisa Bergander, WAALD Berlin, Friedrich Bengelsdorf, UPESTATE Hamburg, Jakob Weth, jakobweth fotografie Bremen
• Prof. Dr. Stefanie Bremer, Peter Bur Andersen, Briq Kopenhagen, Michael Rahmfeld, archipinion Mühlheim, Claus Thiemann, ROBERTNEUN Architekten Berlin, Saskia Behrens, Kalle co-werkstatt Bremen, Malte Blank, BLNKS Bremen
• Dr. Arndt Pechstein, phi 360 Berlin, Hauke Rietdorf, Rietdorf Prill Hamburg, Bernd Schmutz, Bernd Schmutz Architekten Berlin, Pepe Lange, pepelange Kiel, Dr. Kerstin Haller, Universum Bremen, Marianne Halblaub Miranda, Urban Health Games Darmstadt
• Andrew Fordyce, Food Trend Tours London, Friederike Marktin, Arton Real Estate Frankfurt, Oliver Platz, Architektenkammer Bremen, Sibilla Pavenstedt, Made auf Veddel Hamburg, Friedrich Passler, Alleswirdgut Wien, Frank Duske, Ideen für Orte Berlin
• Tina Heine, Jazz and the City Festival, Rolf Kellner, überNormalNull Hamburg, Mark Jenewein, Love Architecture Graz, Anaís Cosneau, cosneau Frankfurt, Loimi Brautmann, Urban Media Project Offenbach, Karen Grebhan, Bureau für gutes Aussehen Bremen