Senatorin Stahmann: Gesetz zur Sicherstellung von Wohnraum ist verabschiedet
15.10.2015Sozial- und Sportsenatorin Anja Stahmann hat heute (Donnerstag, 15. Oktober 2015) die Prüfung von sechs weiteren Sporthallen als mögliche Notunterkünfte von Flüchtlingen in Auftrag gegeben. Dazu ist auf Arbeitsebene gemeinsam mit dem Landessportbund und der Senatorin für Kinder und Bildung eine einvernehmliche Rangfolge festgelegt worden. Geprüft werden danach in absteigender Reihenfolge die Hallen an den Oberschulen Sandwehen und Lerchenstraße, an der Marie-Curie-Schule, der Gesamtschule Ost und am Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße sowie an der Grundschule Nordstraße. "Es geht in diesem ersten Schritt nur um die Reihenfolge, in der wir die Hallen hinsichtlich ihrer Eignung prüfen", betonte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. "Abhängig vom Ergebnis müssen wir dann entscheiden, ob und wenn ja, welche Hallen wir nutzen müssen."
Parallel wird geprüft, ob sich auch die Bürgerweide nach dem Ende des Freimarkts eignet, um dort Zelte oder Leichtbauhallen als Notunterkünfte für Flüchtlinge aufzustellen. "Es gibt dazu erste Überlegungen und einen Grobentwurf von Immobilien Bremen", sagte Senatorin Stahmann. Allerdings gebe es auch noch erhebliche Hürden zu überwinden. So gastiere im Anschluss an den Freimarkt ein großer Zirkus. Außerdem sei die Bürgerweide als Hubschrauberlandeplatz für Notfall-Einsätze vorgesehen. Geklärt sei lediglich, dass der Betreiber das Bayernzelt grundsätzlich zur Verfügung stellen und herrichten könne. Dazu müssten unter anderem Sanitärcontainer aufgestellt werden, im Zelt könnten einzelne Kabinen abgeteilt werden. "Das Zelt steht zur Verfügung", sagte Senatorin Stahmann, "sämtliche Rahmenbedingungen müssen wir aber erst noch klären."
Eine mittelfristige Option für die Unterbringung von Flüchtlingen ist nun auch wieder das Bundeswehrhochhaus. Aus feuerpolizeilichen Gründen sind derzeit nur die unteren sechs von insgesamt 14 Etagen belegt. Die oberen Stockwerke könnten zwar als Büros genutzt, aber nicht bewohnt werden. Grund ist, dass die Feuerwehrleitern nur bis in das sechste Obergeschoss reichen. "Wir müssen nun ernsthaft prüfen, ob sich nicht auch die oberen Etagen mit vertretbarem Aufwand zum Wohnen herrichten lassen", so die Senatorin. Das könne auch deshalb sinnvoll sein, weil das Haus in einigen Jahren ohnehin zu einem Wohnhaus mit bezahlbaren Mieten umgebaut werden solle. Mit dem denkbaren Umbau ließe sich nun Platz für insgesamt bis zu 270 weitere Flüchtlinge schaffen. Derzeit leben 200 Menschen in dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt.
"Wir befinden uns in einer historisch einzigartigen Situation", sagte die Senatorin. "Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik ist die Zahl der Flüchtlinge in so kurzer Zeit so schnell angestiegen wie nach der Öffnung der Grenzen für die unregistrierte Einreise von Flüchtlingen über Österreich und Ungarn Anfang September." An einem einzigen Wochenende stünden manchmal so viele Menschen vor der Tür der Erstaufnahmeeinrichtung wie 2010 in einem ganzen Jahr.
"Mit der Nutzung der Turnhallen als Notunterkünfte wird der starke Zuzug an Flüchtlingen erstmals ganz konkret im Alltag vieler Bremerinnen und Bremer spürbar und ist mit unfreiwilligen Einschränkungen in der persönlichen Lebensgestaltung verbunden", sagte die Senatorin. Das gelte für den Schul-, Breiten- und Leistungssport. "Ich habe Verständnis, dass jetzt mancher erst mal schlucken muss. Aber ich bitte sehr herzlich, sich die Lebenssituation der Familien mit ihren Kindern vor Augen zu halten und sich vorzustellen, was es bedeuten würde, wenn man in einem fremden Land Zuflucht suchen muss, und keine Tür öffnet sich."
Derzeit werden elf Sporthallen genutzt, eine weitere steht unmittelbar vor der Nutzung. Das ist die Halle am Schulzentrum Julius-Brecht-Allee in der Vahr. In die Auswahl der Hallen seien Landessportbund und Schulbehörde eingebunden, sagte die Senatorin weiter. "Alle zusammen wissen, dass die Nutzung sehr schmerzhaft für Schulen und Vereine ist. Und sie stehen vor der fast unmöglichen Herausforderung, unter den belastenden Lösungen die am wenigsten belastende herauszufinden."
"Die Öffnung der Grenzen Anfang September durch Bundeskanzlerin Merkel war die richtige Entscheidung, das will ich ausdrücklich betonen", sagte Senatorin Stahmann weiter. Für die Stadt Bremen habe dieser notwendige humanitäre Akt aber auch die Nutzung der Sportstätten erforderlich gemacht – und jetzt möglicherweise auch der Bürgerweide. "Im Vergleich zum September 2014 haben wir im September dieses Jahres mehr als zehnmal so viele Menschen aufgenommen", betonte die Senatorin. "Es kann jetzt erst mal nur noch darum gehen, Obdachlosigkeit zu vermeiden." Nirgendwo sonst können wir Menschen überhaupt so kurzfristig unterbringen."
Leere Lagerhallen oder Baumärkte könnten die Sporthallen nicht ersetzen, weil sie in dem erforderlichen Tempo nicht hergerichtet werden könnten. Sporthallen seien die einzigen Einrichtungen mit bestehenden Sanitäranlagen. "Ich bin trotzdem froh, dass wir mit der heute von der Bürgerschaft beschlossenen Änderung des Polizeigesetzes über das notwendige Instrumentarium verfügen, um große ungenutzte Immobilien für die Unterbringung von Flüchtlingen sicherzustellen." Es könne nicht angehen, dass Flüchtlinge von Obdachlosigkeit bedroht seien.
Bis zum Jahresende werden über 1.400 Plätze in festen Immobilien bezugsbereit und zusätzlich rund 1.600 kurzfristig geplante Notplätze. Weitere Plätze werden geplant. Bis zum Jahresende erwartet die Sozialbehörde rund 3.000 bis 3.500 weitere Asylbewerber sowie rund 1.200 unbegleitete Minderjährige.
Im Jahr 2015 hat das Land Bremen bis gestern Abend knapp 6.200 Asylbewerber aufgenommen, davon 1.240 in Bremerhaven. Das entspricht nach dem bundesweiten Verteilschlüssel 0,96 Prozent aller Flüchtlinge in Bremen. Außerdem warten rund 900 Flüchtlinge in Bremen noch auf ihre Registrierung. Darüber hinaus haben sich in der Stadt Bremen knapp 1.700 junge Menschen als unbegleitete Minderjährige gemeldet. Im Jahr 2014 wurden 2.233 Asylbewerber und 495 unbegleitet Minderjährige registriert, 2013 waren es 1.111 und 210.