05.02.2007
Umweltstrom für 12.500 Haushalte / Beispielhaftes Fischschutzkonzept
Bremen bekommt wieder ein Wasserkraftwerk. Die beiden Unternehmen Planet energy GmbH und TANDEM GmbH werden zusammen ein Wasserkraftwerk an der bestehenden Staustufe der Weser in Bremen-Hemelingen errichten. Das hat der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, Ronald-Mike Neumeyer, heute (Mo.05.02.2007) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Investoren mitgeteilt. „Ich weiß, dass in Bremen viele Wetten darauf abgeschlossen worden sind, dass dieses Kraftwerk nie gebaut werden wird. Mit dem heutigen Tag können die Wetteinsätze eingelöst werden.“
Das Kraftwerk wird unterirdisch neben dem vorhandenen Weserwehr entstehen und im Mittel 38 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr liefern. Das reicht aus, um rund 12.500 Haushalte mit Elektrizität zu versorgen – und erspart der Atmosphäre jährlich 32.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid. Die Anlage mit einer Leistung von bis zu 10 Megawatt (MW) ist das größte Neubauprojekt Norddeutschlands zur Nutzung der Wasserkraft. Technisch ist das Vorhaben sehr anspruchsvoll, weil das Kraftwerk im Tidebereich der Weser errichtet wird. Mit Ebbe und Flut schwankt die Stromproduktion.
In ökologischer Hinsicht setzt das Projekt Maßstäbe: Geplant ist ein für diese Kraftwerksgröße bisher einmaliges, innovatives Fischschutzkonzept aus umfangreichen Aufstiegs- und Abstiegshilfen in Verbindung mit einem effektiven Schutz vor der Passage durch die Turbinen. Die Weser muss wegen des bestehenden Wehrs nicht extra aufgestaut werden, vorhandene Möglichkeiten werden sinnvoll genutzt.
Im Einzelnen:
Durch den Ausbau der Weser auf sieben Meter Tiefe - zehn Jahre nach Franzius - wurde der Bau der Staustufe in Bremen Hemelingen erforderlich. Der Wasserstand in der Weser und in den Marschenländern oberhalb Bremens war durch die Tide stark abgesunken. Nach Fertigstellung des Bauwerks waren die baulichen Grundlagen für die Stromerzeugung am Bremer Weserwehr geschaffen. Seit 31. März 1912 verfügten die damaligen "Erleuchtungs- und Wasserwerke" über das in Deutschland einzige Wasserkraftwerk am Unterlauf eines Flusses. Diese Geschichte war mit dem Hochwasserereignis von 1981 abrupt beendet. Die neue Staustufe wurde 1993 ohne Wasserkraftanlage fertiggestellt. Im Jahr 2001 hat der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr eine nicht zum Abschluss gelangte Planung der Stadtwerke Bremen wieder aufgegriffen. Nach einer Ausschreibung im Dezember 2002 begann die spätere Weserkraftwerk Bremen GmbH, heute ein Konsortium der Planet Energy GmbH und des bremer Energieerzeugers TANDEM GmbH, mit der Planung des Neubaus. Nach dreijähriger Planung wurde vor genau einem Jahr ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet, das nach umfangreicher Öffentlichkeitsbeteiligung mit dreitägiger Erörterung im Juni 2006 jetzt mit einem positiven Beschluss abgeschlossen werden konnte. Dabei wurden die Planungen, insbesondere beim Fischschutz, weiter optimiert. Erstmals in Deutschland bei einem neu zu errichtenden Wasserkraft-Projekt der geplanten Größe, war das Projekt an den Bestimmungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu messen, die gewässerökologisch, insbesondere bezüglich „Durchgängigkeit“ und „Fischpassierbarkeit“, hohe Anforderungen stellen.
Mit einer Kombination mehrerer Fischschutzeinrichtungen soll das geplante Weserkraftwerk neue Maßstäbe in Sachen Fischschutz für Flusskraftwerke dieser Größenordnung setzen. Diese Vorkehrungen sollen zum einen für aufstiegswillige Fische dem natürlichen Verhalten entsprechende Wege anbieten, zum anderen für abwandernde Fische den Abstieg an den Turbinen vorbei sicherstellen. So wird erstmalig in Deutschland eine "Minimum-Gap-Turbine" eingesetzt, die das Verletzungsrisiko von Fischen in den Turbinen auf ein absolutes Mindestmaß reduziert. Diese Maßnahme ergänzt ein ausgeklügeltes und außerordentlich aufwändiges System von "Bypässen", durch das abwandernde Fische wie Aale und Lachse sicher an den Turbinen vorbei in die Unterweser schwimmen können. Vorbehalten von Fischereiverbänden wird mit diesem Fischschutzkonzept umfassend begegnet.
Das neue Weserkraftwerk wird einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz und zur bremischen Energieerzeugung leisten. Ungefähr ein Drittel der von Bremen im Bereich der erneuerbaren Energie angestrebten Klimaschutzziele wird allein durch die Realisierung dieses Vorhabens erreicht. Geplant ist eine Anlage mit zwei Turbinen und einer Ausbauleistung von bis zu 10 MW. Die voraussichtliche jährliche Stromerzeugung beträgt ca. 38 Millionen Kilowattstunden pro Jahr (kWh/a). Jährlich wird so der Ausstoß von mehr als 32.000 Tonnen CO2 vermieden. Die Stromerzeugung des geplanten Wasserkraftwerks entspricht rechnerisch dem jährlichen Stromverbrauch von mindestens 12.500 bremischen Privathaushalten. Dies entspricht rund fünf Prozent aller privaten Haushalte in der Stadtgemeinde Bremen. Im Vergleich mit den derzeitig in Betrieb befindlichen 7 Wasserkraftwerken am Oberlauf der Weser mit einer durchschnittlichen Leistung von 4,8 MW und einem durchschnittlichen Regelarbeitsvermögen bei 26.700 Megawattstunden pro Jahr wird das hier geplante Kraftwerk mit deutlichem Abstand das größte Wasserkraftwerk an der gesamten Weser sein. Das Kraftwerk ist als Umgehungsbauwerk geplant. Das bestehende Weserwehr bleibt im Wesentlichen unangetastet. Bis auf die Rechenreinigungsanlagen und das Oberteil des Maschinenhauses, wird später von der Anlage wenig zu sehen sein.
Ein wesentliches Thema des Planungsprozesses war der Hochwasserschutz, der eine wesentliche Voraussetzung für die Realisierung des Kraftwerks ist.
Der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, Ronald-Mike Neumeyer hob bei der Pressekonferenz die hervorragende Kooperation aller Beteiligten hervor. „Die Investoren leisten mit ihrem ausdauernden Mut einen großen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Energie- und Klimaschutzpolitik in Bremen. Nach Fertigstellung werden ca. 90.000 – also rund ein Viertel aller Haushalte in Bremen durch regenerative Energiequellen mit Strom versorgt. Das zeigt, dass die Umweltenergie längst ihr Nischendasein verlassen hat und zu einem wesentlichen Bestandteil der Energieversorgung geworden ist.“ Neumeyer hob zugleich die sehr gute Zusammenarbeit mit der Wasser-Schifffahrtsverwaltung des Bundes hervor, die die Planung zu jeder Zeit konstruktiv begleitet hat. Der zügige und umfassende Planungsprozess sei zudem eine Bestätigung für die Reorganisation des Umweltbereichs. Mit der neu eingerichteten Verfahrensleitstelle sei gewährleistet, dass Investitionsvorhaben in Bremen auch bei komplexen Verfahren und schwierigen europarechtlichen Rahmensetzungen zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden.
Beim Fischschutz seien weit über Bremen hinaus Maßstäbe gesetzt worden, die auch für andere Projekte beispielgebend seien. Neumeyer: „Im Ergebnis werden die Anstrengungen der Flussgebietsgemeinschaft Weser gefördert, die Weser wieder zu einem für Wanderfische durchgängigen Fluss zu entwickeln. Dies kann für weitere Wasserkraftprojekte auch an anderen Orten förderlich sein.“