Niedersachsen und Bremen erweitern gemeinsamen Generalplan Küstenschutz – Schutzdeiche GPK III
21.01.2021Die Erderwärmung, angefeuert durch die Klimakrise, sorgt für zunehmende Wetterextreme und Starkregenfälle. Niedersachsen und Bremen sind aufgrund ihrer geografischen Lage besonders von Sturmfluten und Hochwasser gefährdet. Daher kommt dem Küstenschutz hier eine große Bedeutung zu. Bisher wurden für das Festland sowie für die Ostfriesischen Inseln Pläne für den Küstenschutz aufgestellt. Der neue, dritte Teil „Generalplan Küstenschutz“ bezieht sich auf Schutzdeiche, die zum Schutz der Küstenregion vor Überflutungen erforderlich sind, weil das Oberwasser bei Schließung eines Sperrwerks im Sturmflutfall nicht abfließen kann.
Der GPK III komplettiert die bereits vorliegenden Generalpläne zu einem Gesamtwerk, welches einen Kernbaustein des Hochwasserrisikomanagements für den Küstenschutz in Niedersachsen und Bremen bildet. Hierfür wurden sämtliche Schutzdeiche in Niedersachsen und Bremen neu vermessen und damit eine Bestandsaufnahme geschaffen, die einen vollständigen Überblick über die Situation aller betroffenen Deiche einschließlich vorhandener Handlungsbedarfe gibt. Alle Pläne werden turnusmäßig im Hinblick auf Anpassungsbedarfe, die sich zum Beispiel aus veränderten Bemessungsgrößen auf Grund des Klimawandels ergeben, überprüft und bilden somit eine wichtige Basis für einen nachhaltigen Schutz der Bevölkerung.
Im Land Bremen wurden die Hochwasserschutzanlagen an der Geeste und der Lesum sowie Teilabschnitte an der Wümme und der Ochtum einer Bestandsaufnahme unterzogen und die Bereiche ermittelt, an denen Handlungsbedarf besteht. Aufgrund des hohen vorhandenen oder bereits geplanten Schutzniveaus in Bremen sind nur an wenigen Abschnitten, hauptsächlich entlang der Geeste, zusätzliche Anpassungen erforderlich (siehe Hintergrund GPK III)
Überflutungen machen an Landesgrenzen keinen Halt. Deshalb haben beide Länder frühzeitig eine enge Zusammenarbeit im Bereich des Küstenschutzes bzw. des Hochwasserschutzes beschlossen und bereits 2007 den ersten Generalplan Küstenschutz erarbeitet. Der Generalplan Küstenschutz III wurde in dieser Woche vom Bremer Senat sowie von der staatlichen Deputation für Klima, Umwelt, Landwirtschaft und Tierökologie beschlossen.
"Der Schutz vor Hochwasser ist eine existentielle Aufgabe Bremens. Durch die Klimakrise steigt der Meeresspiegel, wodurch das Wasser bei Sturmfluten immer häufiger über die Ufer treten könnte. Mit dem Maßnahmenpaket für die Schutzdeiche arbeiten wir weiter engagiert und konzentriert daran, auch in Zukunft für diese Gefahren gewappnet zu sein. Doch auch diese Anpassung hat ihre Grenzen. Ganz klar ist: Wir müssen noch viel stärker gegen den Klimawandel direkt arbeiten", so Maike Schaefer, Bremische Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau.
"Der Klimawandel und der damit verbundene, stetige Anstieg des Meeresspiegels verlangen vor allem uns an der Küste einiges ab", so Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies. "Mit unserem Generalplan schaffen wir die Grundlage für die Anpassung unserer Schutzdeiche. Damit begegnen wir effektiv den gestiegenen Hochwasserrisiken und sorgen so für den notwendigen, bestmöglichen Schutz der Einwohnerinnen und Einwohner unserer Küstenregion."
2015 haben die Bundesländer Niedersachsen und Bremen die Aufstellung des Generalplans Küstenschutz Niedersachsen/Bremen - Schutzdeiche (GPK III) für die Hochwasserschutzanlagen hinter den Sturmflutsperrwerken beschlossen, der fertige Plan (pdf, 7.9 MB) liegt nunmehr vor.
Anders als beim 2007 ebenfalls gemeinsam veröffentlichten Generalplan Küstenschutz Teil I, der das Ausbauprogramm an der Festlandküste und in den Ästuaren der Weser, Elbe und Ems festlegt und dem Generalplan Küstenschutz Teil II, der 2010 die Hochwasserschutzanlagen der Ostfriesischen Inseln zum Inhalt hatte, werden vom neuen GPK III die Deiche und Spundwände oberhalb der Sturmflutsperrwerke erfasst, zum Beispiel entlang der Geeste, Ochtum, Lesum und Wümme.
Diese Hochwasserschutzanlagen wurden lange vor Errichtung der Sperrwerke gebaut, und zwar:
Bereits ab Ende der 1950er Jahre wurden entlang der Unterweser beginnend an der Geeste und anschließend an Lesum, Ochtum und Hunte zum Schutz vor gestiegenen Sturmflutwasserstände von den Ländern Niedersachsen und Bremen gemeinsam Sperrwerke errichtet. Die Sperrwerke verhindern bei Sturmfluten das Eindringen höherer Wasserstände in die Wesernebenflüsse und schützen damit nachhaltig die im Vergleich zu den Hochwasserschutzanlagen an der Unterweser niedriger bemessenen Deiche und Spundwände oberhalb der Sperrwerke.
Sind die Sperrwerke aufgrund von eintretenden Sturmflutereignissen über mehrere Tiden geschlossen, wie zuletzt im Februar 2020, wird das vom Binnenland kommende Wasser oberhalb der Sperrwerke aufgestaut. Wenn die Nebenflüsse kein Hochwasser führen, steigen die Wasserstände nur in einem unkritischen Maß an. Tritt zeitgleich zu dem Sturmflutereignis ein Hochwasserereignis in den Nebenflüssen auf, kann es aufgrund der dann deutlich höheren Wasserstände oberhalb der Sperrwerke zu einer außergewöhnlichen Gefährdungslage kommen. Den oberhalb der Sperrwerke gelegenen Deichen und Spundwänden an Ochtum, Lesum, Wümme und Geeste kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Seit dem Bau der Sperrwerke wurden diese Hochwasserschutzanlagen keiner vertiefenden Prüfung mehr unterzogen.
Um die betroffenen Abschnitte genau festzulegen, wurde für jedes Gewässer betrachtet, wie weit ein geschlossenes Sperrwerk Einfluss auf die Wasserstände im Gewässer ausübt. Im Land Bremen sind dies die kompletten Hochwasserschutzanlagen entlang der Lesum (7,6 Kilometer) und der Geeste (2,3 Kilometer) sowie Abschnitte an der Wümme (14,5 Kilometer) und Ochtum (7,8 Kilometer). Insgesamt sind 32,2 Kilometer der Hochwasserschutzanlagen Bremens im GPK III untersucht worden.
Ziel der aktuellen Überprüfung war festzustellen, ob für die Zukunft weiterhin ein ausreichender Überflutungsschutz gegeben ist.
An der Geeste in Bremerhaven ist das erforderliche Sollprofil nicht vorhanden, da die Deichlinie auf einer Strecke von 1,2 Kilometern zu steile Böschungsneigungen aufweist. Zudem sind die Hochwasserschutzanlagen auf Grund fehlender Deichzuwegungen oder Deichverteidigungswege teilweise nicht zu erreichen, so dass neben Profilanpassungen auch der Bau von Deichverteidigungswegen und Deichzuwegungen erforderlich ist.
Die Böschungen der Deiche an der Ochtum sind auf einer Strecke von 0,9 Kilometern zu steil, verfügen aber durchgehend über eine Höhe, die deutlich über der erforderlichen Solldeichhöhe liegt. Die Deiche sind damit auch ausreichend standsicher. Der Deichverteidigungsweg muss auf einer Länge von 2,7 Kilometer ertüchtigt werden.
Die Deiche entlang der Lesum und der Wümme weisen auf einer Strecke von 3,8 Kilometern beziehungsweise 3,0 Kilometern zu steile Böschungsneigungen auf, verfügen aber ebenso wie an der Ochtum durchgehend über eine Höhe, die deutlich über der erforderlichen Solldeichhöhe liegt.
Da erst bestimmte Rahmen-, Bau – und Genehmigungsplanungen und entsprechende wasserrechtliche Genehmigungen durchgeführt werden müssen, ist nach jetzigem Stand frühestens ab dem Jahr 2025 mit dem Start der ersten Baumaßnahme zu rechnen. Insgesamt plant das Land Bremen nach jetzigem Stand einen Finanzbetrag von rund 13 Millionen Euro für die Umsetzung des GPK III ein.
Im ersten Schritt der Umsetzung des GPK III werden nun für jedes der bremischen Gewässer zunächst Rahmenentwürfe von den beiden bremischen Deichverbänden beziehungsweise für die Geeste vom Magistrat Bremerhaven aufgestellt, die auch genauere Aussagen zu den Kosten sowie zu den Umsetzungszeiten beinhalten. Aufgrund der zu steilen Böschungen und der teilweise fehlenden Deichverteidigungswege haben die Deiche an der Geeste die höchste Priorität.
Ansprechpartner für die Medien:
Jens Tittmann, Pressesprecher bei der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, Tel.: (0421) 361-6012, E-Mail: jens.tittmann@umwelt.bremen.de