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Der Senator für Finanzen

Zweiter Stolperstein vor dem „Haus des Reichs“ verlegt

03.02.2017

Seit dem 2. Februar 2017 liegt ein zweiter „Stolperstein“ vor dem Haus des Reichs, dem Sitz des Finanzressorts am Rudolf-Hilferding-Platz. Mit seiner Inschrift „Dr. Friedrich Dreyer, JG. 1883, Berufsverbot 1935, gedemütigt / entrechtet, Flucht in den Tod 23.12.1938“ erinnert er an einen weiteren Bremer Finanzbeamten, der unter der Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes nicht überleben konnte.

Dr. Dreyer war ein evangelisch getaufter Christ, galt aber nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 als Jude, da sein Vater, Ludwig Dreyer, im jüdischen Glauben geboren war und erst im Laufe seines Lebens den christlichen Glauben annahm.
Friedrich Dreyer war seit 1917 mit Charlotte Sophie Lisette Schmidt verheiratet, die beiden führten eine glückliche Ehe. Dreyer kam aus dem ersten Weltkrieg mit einer schweren Lungenkrankheit zurück. Für seinen Einsatz während des Krieges wurde er mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Deshalb durfte er zunächst noch im Staatsdienst weiter arbeiten, wurde allerdings im Jahr 1935 zwangspensioniert. Er wäre gerne aus gesundheitlichen Gründen in die Schweiz umgezogen. Man weigerte sich allerdings, ihm dorthin seine Pension zu überweisen.

Der Bremer Jurist und Finanzbeamte Dreyer musste miterleben, wie sein Bruder Wilhelm, mit dem ihn ein sehr enges brüderliches Verhältnis verband, im Zuge der Pogromnacht in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert wurde und dort am 24. November 1938 starb.

Im Gefolge der Reichspogromnacht 9./10. November 1938 musste Dreyer – wie alle Menschen, die die Nationalsozialisten als Juden ansahen und entrechteten - zur so genannten „Wiedergutmachung“ eine "Judenvermögensabgabe" in Höhe von 3.500 Reichsmark leisten. Die 1. Rate entrichtete er noch zu seinen Lebzeiten. Die weiteren Raten musste seine Witwe übernehmen. Friedrich Dreyer muss sein Leben in Bremen als so ausweglos und verzweifelt erlebt haben, dass er für sich keinen anderen Weg mehr sehen konnte, als sich selbst am 23. Dezember 1938 das Leben zu nehmen.

Der Stolperstein für Dr. Friedrich Dreyer liegt neben dem Stolperstein für Oskar Goldberg. Beide Finanzbeamte durften im Nationalsozialismus wegen ihrer Identität nicht länger in der Finanzverwaltung arbeiten.

„Die Geschichte soll uns keine Ruhe lassen“, forderte Finanzsenatorin Karoline Linnert bei der Verlegung des Stolpersteins. Es ist ihr ein wichtiges Anliegen, die Erinnerung an das faschistische Regime wach zu halten: „Friedrich Dreyers Tod muss uns heute auch Mahnung sein, wachsam und mutig dem Wiedererstarken von völkischem Gedankengut und menschenfeindlichen Parolen entgegenzutreten, und rassistischen und neonazistischen Haltungen keinen Raum zu geben!“, sagte Linnert.

Foto: Pressereferat, Die Senatorin für Finanzen