Bausenator Joachim Lohse: "Aktuelle Herausforderungen erfordern Umdenken in der Baupolitik / Keine Abstriche bei Sicherheit und Klimastandards"
Bauen soll in Deutschland künftig schneller und kostengünstiger werden. Darauf haben sich die Bauminister/-innen und -senatoren/-innen der Länder und des Bundes auf der 127. Bauministerkonferenz (BMK) vom 29. bis 30. Oktober 2015 in Dresden geeinigt. Schwerpunkte der zweitägigen Beratungen waren vor allem die aktuelle Flüchtlingssituation in Deutschland und die Herausforderungen für Bau, Wohnungsbau und Stadtentwicklung sowie die Wohnraumförderung.
„Die Bauministerkonferenz hat sich sehr konzentriert und ergebnisorientiert den aktuellen Herausforderungen gestellt, die der derzeitige große Zustrom von Flüchtlingen für die Baupolitik bedeutet", sagte Bremens Bausenator Dr. Joachim Lohse heute in Dresden. „Gesetze und Verordnungen sollen zügig so angepasst werden, dass wir schnell und kostengünstig Wohnraum zur Verfügung stellen können. Davon werden alle diejenigen Menschen profitieren, die in erhöhtem Maße auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind – das heißt auch junge Familien und Menschen mit niedrigem Einkommen wie zum Beispiel Studierende, Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren bis hin zu derzeit wohnungslosen Menschen“, so Lohse weiter.
Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks: „Wir erleben seit Jahren einen starken Zuzug in große Städte. Dort brauchen wir mehr bezahlbaren Wohnraum und zeitgemäßere Regeln für das Zusammenleben. Das fängt beim Wohnungsbau in der Nähe von Gewerbegebieten an und umfasst auch adäquate Lernvorgaben für Kinder- und Jugendeinrichtungen. Viele Menschen wünschen sich eine ‘Stadt der kurzen Wege‘ mit einem starken Nahverkehr und vielen sicheren Radwegen, also eine Abkehr von der autozentrierten Stadt. Um das zu erreichen, habe ich der Bauministerkonferenz eine Reihe an Vorschlägen unterbreitet.“
Die Bauminister/-innen und -senatoren/-innen der Länder haben sich dabei auf folgende Ergebnisse verständigt:
Flüchtlingssituation in Deutschland und Schaffung von bezahlbarem und sozialem Wohnraum
Die Bauministerkonferenz hat sich intensiv mit der aktuellen Flüchtlingssituation und den Herausforderungen für Bau, Wohnungsbau und Stadtentwicklung beschäftigt. Dazu gehört auch die Schaffung von bezahlbarem und sozialem Wohnraum für Personengruppen, die auf diesen angewiesen sind. In diesem Zusammenhang steht die Forderung der Länder nach der Bereitstellung von Bundesmitteln für die Wohnraumförderung nach 2019.
Die Bauminister der Länder sind sich einig darin, dass es eine Neukonzeption von Energieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz geben soll. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit wird entsprechende Modelle erarbeiten und bei einer Sonderbauministerkonferenz vorstellen. Dazu Lohse: „Wichtig ist jedoch, dass die Energieeinsparverordnung 2016 wie geplant in Kraft tritt. Denn im klassischen Wohnungsbau mit seinen langen Nutzungszeiträumen von 50 Jahren und länger gibt es keinen Grund, die energetischen Standards zu senken. Die Klimaveränderung dauert an, und auch die Anzahl von Klimaflüchtlingen steigt. Klimaschutz ist und bleibt daher ein wichtiges Ziel der Baupolitik. Höhere Baukosten können zudem bei der langen Abschreibungsperiode kein Thema sein. Und geringfügig höhere Mieten für die Kommunen, die in vielen Fällen die Wohnungen später anmieten werden, werden durch die geringeren Heizkosten mehr als ausgeglichen.“
Darüber hinaus soll das Bauordnungsrecht der Länder kritisch überprüft werden. Ziel ist, in Bezug auf Verfahren und Standards schneller bauen zu können. Steuerliche Vergünstigungen insbesondere für den Miet-Wohnungsbau sollen zudem die Anreize für private Investitionen erhöhen.
Die Bauministerkonferenz bittet darüber hinaus den Bund, die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau um weitere 500 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen - unabhängig von den bereits dafür zugesagten erhöhten Bundesmitteln.
Bereitstellung von Bundesmitteln für die Wohnraumförderung nach 2019
Die Bundesbauministerin schlägt vor, einen neuen Baugebietstyp einzuführen, das sogenannte „urbane Gebiet“. Das Bauplanungsrecht soll entsprechend geändert werden, damit die Kommunen mehr Bauland für Wohnungen erschließen können, insbesondere in Gebieten mit Gewerbe und Dienstleistungsbetrieben.
Die Bauminister der Länder haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, die soziale Wohnraumförderung über das Jahr 2019 als gesamtstaatliche Aufgabe anzusehen. Damit verbunden ist die Forderung, dass der Bund den Ländern auch nach dieser Zeit weiter Bundesmittel für die Wohnraumförderung zur Verfügung stellt.
Die soziale Wohnraumförderung fällt seit 2007 in die Zuständigkeit der Länder. Die anstehenden Herausforderungen wie beispielsweise eine weiter steigende Wohnungsnachfrage - auch nach sozialem Wohnungsbau - und eine nur geringfügige Zunahme des Wohnungsangebots bedürfen weiter finanzieller Ressourcen. Der Bund hat bereits eine Aufstockung der verbindlichen Kompensationsmittel für die Jahre 2016 bis 2019 um jeweils 500 Millionen Euro zugesagt. Die Länder werden diese Mittel zweckgebunden für den sozialen Wohnungsbau verwenden.
Zusammenleben in Großstädten
Die Bundesbauministerin plädiert für zeitgemäßere Regeln im städtischen Zusammenleben. So soll der Vereinssport von Kindern beim Lärmschutz privilegiert werden und zum Beispiel in den Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen uneingeschränkt stattfinden können. Um den Stadtverkehr umweltfreundlicher zu machen, kündigt die Bundesministerin an, den Radverkehr ab dem kommenden Jahr mit Mitteln aus der Nationalen Klimaschutzinitiative zu fördern: u. a. für den Bau von Fahrradschnellwegen oder die Ausweisung von Fahrradstraßen.
Dazu Lohse: Ich begrüße ausdrücklich die Tatsache, dass sich die Bundesbauministerin so intensiv mit der Frage der nachhaltigen Mobilität in Städten auseinandersetzt und dabei diesbezüglich Fördermöglichkeiten ankündigt. Das wird Bremen dabei unterstützen, in den nächsten Jahren die im Verkehrsentwicklungsplan beschlossenen Maßnahmen für den Radverkehr sowie die Kombination von Verkehrsmitteln des Umweltverbundes zu realisieren."
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