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Senatskanzlei

Legal aber unmenschlich – Steuervermeidung als Grundursache für Armut und Flucht

Podiumsdiskussion mit der Bremer Solidaritätspreisgewinnerin Stella Agara in den Bremer Landesvertretungen in Berlin und Brüssel

21.06.2017

Bürgermeister Dr. Carsten Sieling hat am Sonntag (18. Juni 2017) im Bremer Rathaus den 15. Bremer Solidaritätspreis an Stella Agara verliehen. Die 34-jährige Kenianerin setzt sich für Steuergerechtigkeit und gegen Steuervermeidung ein. „Mit dieser Ehrung unterstützen wir eine junge Frau, die sich in vorbildlicher und höchst anerkennenswerter Weise für Gerechtigkeit und Solidarität einsetzt – und das schon seit Jahren und weit über ihr Land Kenia hinaus,“ so Bürgermeister Dr. Carsten Sieling.

Anlässlich der Verleihung des Bremer Solidaritätspreis wurde die Arbeit von Stella Agara auch in den Bremer „Botschaften“ in Berlin und Brüssel vorgestellt. Den Auftakt machte am 19. Juni 2017 die Podiumsdiskussion in der Landesvertretung Bremen in Berlin. Die Podiumsgäste waren Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher im Bundestag, Prof. Dr. Peter Eigen und Ph.D. Robin Hodess von Transparency International sowie die Preisträgerin Stella Agara.
Bereits einen Tag später (Dienstag, 20. Juni 2017) folgte die Veranstaltung in der Bremer Landesvertretung in Brüssel. Hier diskutierteStella Agara mit den Podiumsgästen Peter Simon, MEP und Mitglied im Panama-Papers Untersuchungsausschuss, Lies Craeynest, stellv. Leiterin des Brüsseler Oxfam-Büros, und Joachim Schuster, MEP.

Podiumsdiskussion LVHB Brüssel von Links: Monika Hoegen (Moderatorin), Joachim Schuster (MEP), Peter Simon (MEP), Stella Agara, Lies Craeynest (Oxfam), Klaus Rudischhauser (Europäische Kommission), Christian Bruns (Leiter Vertretung des Landes Bremen in Brüssel).
Zur Podiumsdiskussion in Brüssel: (von links) Monika Hoegen (Moderatorin), Joachim Schuster (MEP), Peter Simon (MEP), Stella Agara, Lies Craeynest (Oxfam), Klaus Rudischhauser (Europäische Kommission), Christian Bruns (Leiter Vertretung des Landes Bremen in Brüssel).

Alle Podiumsteilnehmerinnen und –teilnehmer sowohl in Berlin wie auch in Brüssel waren sofort einig, dass dieses Thema höchste Priorität haben muss. Jedes Jahr entgehen dem afrikanischen Kontinent rund 50 Milliarden US Dollar aufgrund von Steuerflucht – Geld, das in wichtige Bereiche wie Gesundheit, Bildung und Sozialleistungen hätte fließen können. Multinationale Konzerne nutzen Schlupflöcher, die es ihnen erlauben, die Gewinne in sogenannte Steueroasen zu verschieben. Diese Schlupflöcher sind weitgehend legal, dennoch unmoralisch und beeinträchtigen das Leben von Millionen Menschen in den Ländern des globalen Südens existenziell.

Podiumsdiskussion LVHB Berlin von Links: Lothar Binding (Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion (MdB), Petra Pinzler (Journalistin DIE ZEIT), Stella Agara (NGO ActionAid und des African Youth Trust & Bremer Solidaritätspreis Gewinnerin), Ph.D. Robin Hodess (Interim Managing Director, Transparency International), Prof. Dr. Peter Eigen (Founder and Chairman Advisory Council Transparency International).
Zu Besuch in der Bremer Landesvertretung in Berlin: (von links) Lothar Binding (Finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion (MdB), Petra Pinzler (Journalistin DIE ZEIT), Stella Agara (NGO ActionAid und des African Youth Trust & Bremer Solidaritätspreis Gewinnerin), Ph.D. Robin Hodess (Interim Managing Director, Transparency International), Prof. Dr. Peter Eigen (Founder and Chairman Advisory Council Transparency International).

„Stella Agara ist die Stimme der Zivilgesellschaft, um die Problematik der Steuerflucht auf dem afrikanischen Kontinent öffentlich zu machen. Mit ihrer Arbeit weist sie auf das Versagen der internationalen Gemeinschaft hin, die etwas gegen diese legale aber unmenschliche Steuerflucht unternehmen könnte“, so Prof. Dr. Peter Eigen von Transparency International.

Lothar Binding, Finanzpolitischer Sprecher im Bundestag, sieht nur eine gemeinschaftliche Lösung des Problems: „Da wo die Wertschöpfung stattfindet, muss auch die Steuer bezahlt werden. Damit wir gegen Steuerflucht agieren könnten, brauchen wir eine internationale Vereinbarung. Ein Staat allein kann keine Lösung herbeiführen.“

Stella Agara berichtete, wie ihre Mutter ihr schon früh beibrachte, Ungerechtigkeiten nicht zu akzeptieren. Dieser simple Grundsatz habe ihren Kampf für Steuergerechtigkeit inspiriert. Das Ausmaß der Steuervermeidung verdeutlichte sie an einem beeindruckenden Beispiel: „Malawi hat in sechs Jahren 43 Millionen US Dollar verloren, weil große Unternehmen massive Steuererleichterungen aushandeln konnten. Von diesem Geld hätte man 431.000 AIDS-Therapien bezahlen können. Der Schaden, den Steuervermeidung anrichtet, ist nicht abstrakt, sondern betrifft das Leben der Menschen ganz konkret.“

Peter Simon ist als Abgeordneter des Europäischen Parlaments und Mitglied des Untersuchungsausschusses zu den „Panama-Papers“ ganz nah am Geschehen. „Solange es legale Möglichkeiten zur Steuervermeidung gibt, werden Unternehmen sie auch anwenden“, so seine Einschätzung. Peter Simon weiter: „Wir brauchen verbindliche, weltweit gültige Regeln, um solche Praktiken einzudämmen. Europa muss dabei selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Derzeit gibt es auch in der Europäischen Union Niedrigsteuerländer, die von Steuervermeidungstaktiken großer Unternehmen profitieren.“

Fotos: Pressereferat, Die Bevollmächtigte beim Bund, für Europa und Entwicklungszusammenarbeit