Eröffnungsveranstaltung am 12. September um 11 Uhr im neuen Tabakquartier (ehemalige Martin-Brinkmann-Tabakfabrik) in Woltmershausen
06.09.2021Unter dem Motto "Sein & Schein – in Architektur, Geschichte und Denkmalpflege" findet am Sonntag, 12. September 2021, deutschlandweit der Tag des offenen Denkmals® statt. In Bremen, Bremen-Nord und Bremerhaven erwartet die Besucherinnen und Besucher ein umfangreiches Programm. Bei freiem Eintritt laden wieder zahlreiche Denkmäler ein, besucht und entdeckt zu werden.
In Bremen-Woltmershausen eröffnen Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz, Marcel Linnemann von der Justus Grosse Real Estate GmbH und Landeskonservator Prof. Dr. Georg Skalecki um 11 Uhr auf dem Gelände des Tabakquartiers (Hermann-Ritter-Straße 112, 28197 Bremen) den Tag des offenen Denkmals. Musikalisch wird die Eröffnungsfeier von den Bremer Philharmonikern begleitet.
Dass auch die Baukunst auf verschiedenste Weise mit unseren Sinneswahrnehmungen spielt, ist Thema des diesjährigen Mottos "Sein & Schein – in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege". Was ist echt und was ist Illusion, neu interpretiert oder idealisiert? Legenden und historische Handwerkstechniken lassen Denkmäler in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Die Illusionsmalerei spielt dem Auge einen schönen Streich (franz. "Trompe-l´œil" – das Auge täuschen): Hinter Fassaden, die in einem hellen Sandton gehalten sind, mit weißen Fugen gequadert erscheinen und den Eindruck von Porta-Sandstein erwecken, können sich einfache Ziegelsteine verbergen. Auch Oberflächen von Skulpturen sind nicht immer aus dem edlen Material, aus dem sie zu sein scheinen. Genaues Hinschauen und Berühren der Materie hilft, den wirklichen Werkstoff zu identifizieren. Eine weitere Täuschung gelingt durch die Wiederverwendung historischer Stilformen. Besonders im Historismus war es beliebt, Baustile vergangener Epochen zu zitieren.
Das Motto lenkt dabei den Blick nicht nur auf Bauwerke, sondern auch auf Parkanlagen. Ihre dekorativen Elemente, Staffagen und verschlungenen Wege scheinen allein von der Natur geschaffen zu sein und wurden doch von Menschenhand gestaltet. Bei genauerem Hinsehen wird zudem offenkundig, dass der Klimawandel sich bereits in der heimischen Parklandschaft bemerkbar macht.
Neben zahlreich geöffneten Denkmälern steht am Denkmaltag das größte Musikinstrument, die Orgel, im Mittelpunkt. Sie wurde vom Deutschen Musikrat zum Instrument des Jahres 2021 gekürt. Mit ihren musikalischen Klangfarben und vielseitigen Musikrichtungen kann sie zuweilen Täuschungen akustischer Art erzeugen. Zum Orgelkonzert lädt bereits am Samstagabend (11. September 2021, 19.30 bis 23 Uhr) die Propsteikirche St. Johann ein.
In Bremen bietet der St. Petri-Dom mit seiner Innenraum-Ausmalung von Hermann Schaper (Wandmalerei und Mosaiken im Chor und an der Turmfassade, 1899 bis 1901) ein Beispiel par excellence für die Illusionsmalerei und das diesjährige Motto. Seine imitierende Malerei spiegelt neben Sandstein auch Marmor und Schiefer vor, obwohl diese im Dom gar nicht existieren. Zudem sind am St. Petri Dom viele Anlehnungen an vergangene Baustile im Sinne des Historismus bei der Außengestaltung zu erkennen. Die Führungen "Alles Mittelalter oder was?" (15 Uhr) und "Schau genau – Verwirrendes und Überraschendes im Bau und in der Ausstattung des Doms" (16 Uhr) werden erhellende Einblicke liefern.
Wenn das Gelände zwischen der Straße Reitbrake und Hafeneisenbahn in Bremen-Oslebshausen doch wie ein normales Gewerbegebiet erscheint, so gibt es dazu eine darüber hinaus gehende Realität. Denn hier wurden während der NS-Zeit zeitweise sowjetische Kriegsgefangene begraben und nach Kriegsende zum Ehrenfriedhof in Bremen-Osterholz umgebettet. Seit August 2021 wird das Gelände Reitbrake archäologisch untersucht, um Hinweisen nachzugehen, dass eventuell doch noch nicht alle sterblichen Überreste bei der Umbettung 1948 exhumiert wurden. Am Tag des offenen Denkmals werden die ersten Ergebnisse dieser Ausgrabungen mit Führungen von der Landesarchäologie um 14, 15 und 16 Uhr und einer kleinen Poster-Ausstellung präsentiert.
Auch bei der Baumwollbörse treffen wir auf "Sein & Schein". Die Fassade der Baumwollbörse erweckt bei Betrachterinnen und Betrachtern den Eindruck, sie würden vor einem Bauwerk der Renaissance stehen. Tatsächlich wurde sie von 1900 bis 1902 von J. G. Poppe in Stahlskelettbauweise errichtet und setzt zugleich den Schlussakkord des Historismus in Bremen.
Die Teilnahme an Führungen durch die Baumwollbörse ist nur mit einer kostenlosen Eintrittskarte möglich. Eintrittskarten (max. 10 Personen je Führung) erhalten Interessierte an der Rezeption der Baumwollbörse vom 7. bis 10. September 2021 von 14 bis 17 Uhr.
Eine Führung durch den Schnoor zeigt, wie gut Bremens älteste erhaltene Straße zum Motto passt: Die heute noch vorhandenen Häuser entstammen dem 15. bis 19. Jahrhundert. Die einstigen Kriegsschäden sind nicht mehr sichtbar. Sie wurden nach 1959 entfernt, baulich instandgesetzt und ergänzt. Der Denkmalpfleger Uwe Schwartz wird auf diese Hinzufügungen, die nur das geübte Auge erkennen kann, aufmerksam machen. Die Führung beginnt um 14 Uhr am Stavendamm, am Brunnen "Beim Bade".
Weitere Highlights dürften die Führungen durch Bürgerpark und Wallanlagen sein. Über die Pflege des Bürgerparks und welche Herausforderungen der Klimawandel mit sich bringt, berichtet Bürgerparkdirektor Tim Großmann in seiner Führung, die um 11 Uhr am Eingang des Parkhotels startet.
Die Führung von Ralf Mischke, Umweltbetrieb Bremen, beginnt um 11 Uhr ab der Kunsthalle und befasst sich mit der vielfältigen Pflanzenwelt in den Wallanlagen. Eine Voranmeldung ist notwendig und wird vom 1. bis 9. September 2021 unter office@ubbremen.de oder (0421) 361-2920 entgegen genommen.
Wer noch mehr über die Wallanlagen erfahren möchte, besucht die Ausstellung "Geschichte der Wallanlagen – Eine Zeitreise", die die Entwicklung der Grünanlage von ihren Anfängen bis in die Gegenwart zeigt. Die Ausstellung befindet sich im Ansgaritorhaus, Bürgermeister-Smidt-Straße 88, und ist von 11 bis 16 Uhr geöffnet.
In Bremen-Vegesack scheint die Adresse "Am Sedanplatz 2 Z" ein beliebiger Ort zu sein. Dass sich in der Tiefgarage die 1973 bis 1975 erbaute Zivilschutzanlage befindet, führt immer wieder zu erstaunten Reaktionen. Führungen mit Egbert Heiß durch die Schutzraumanlage finden um 11 Uhr und 13 Uhr statt. Treffpunkt ist der Eingang zur Markthalle. Je Führung dürfen maximal 25 Personen teilnehmen. Teilnahme nur mit kostenloser Eintrittskarte, abzuholen in der Cafeteria des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses Vegesack, Kirchheide 49 (7. bis 10. September 2021, 9 bis 18 Uhr).
Einer Sinnestäuschung unterliegen Besucher und Besucherinnen zuweilen in Wätjens Park in Bremen-Blumenthal. Das Landgut Wätjen entstand 1830 für den Kaufmann und Reeder Diedrich Heinrich Wätjen. Sein Sohn Christian Heinrich Wätjen vollendete die Gestaltung des Parks in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wobei er bei Wätjens Landhaus von 1864 den Stil der englischen Spätgotik (Tudorgotik) kopierte und nach Bremen brachte. Bei der Gartenarchitektur wurde passend dazu auf Elemente aus der englischen Landschaftsarchitektur mit dem dazugehörigen Castle und den Cottages zurückgegriffen. Die Führung mit Rainer Frankenberg beginnt um 11 Uhr am Haupteingang des Parks.
Auch in Bremerhaven sollten jene, die Thieles Garten besuchen, ganz genau hinschauen. Der von den Brüdern Georg und Gustav Thiele ab 1925 geschaffene Garten mit seinen exotischen Pflanzen, Brunnen und naturalistischen Skulpturen verzaubert die Sinne. Und so glaubt man, es handele sich um echte Bronzeskulpturen. Tatsächlich formte Gustav Thiele mangels finanzieller Mittel die Skulpturen aus günstigem Material: Das Grundgerüst besteht aus einem Drahtgeflecht, dem die Grundform aus Ziegelbrocken und Mörtel hinzugefügt wurde, die Außenhaut besteht aus einer besonders wetterfesten Zementmischung. Der Anstrich aus Firnis und Pottasche verleiht ihnen das Aussehen von Bronze. Führungen durch Thieles Garten mit Brigitte Grahn werden um 11 Uhr und 15 Uhr angeboten und starten jeweils am Parkeingang.
Das Motto "Sein & Schein – in Architektur, Geschichte und Denkmalpflege" lässt sich auch in Bremerhavens Fischereihafen anwenden. Umgeben von Restaurants, Kultur- und Forschungseinrichtungen fällt es schwer, sich vorzustellen, dass sich dort ab 1826 der bedeutendste Fischereihafen des europäischen Kontinents mit allen notwendigen Infrastrukturen vom Seemannsheim über Packhallen, einem Fischversandbahnhof bis zu Eiswerken und vielen Fischdampfern entwickelte. Der Rundgang zeigt markante Gebäude im Fischereihafen, darunter das Seemannsheim, Fischversandbahnhof, Halle V/VI und endet am Seitentrawler "Gera". Historische Fotos erinnern dabei an nicht mehr vorhandene Betriebe, wie z.B. an die Sieghold-Werft. Die Führung mit Julia Kahleyß, Olaf Mahnken und Dirk J. Peters beginnt um 15 Uhr am Friedrich-Albert-Pust-Platz.
Außerdem öffnen weitere Denkmäler, wie das Bremer Rathaus, das Haus der Bürgerschaft, das Focke Museum oder das Deutsche Schifffahrtsmuseum, die "scheinbar" keinen Themenbezug haben, tatsächlich aber sehenswert sind. Sie laden ein zum Wundern, Entdecken und neu Begreifen.
Das Programm ist unter www.denkmalpflege.bremen.de/denkmaltag abrufbar.
Das Programmheft liegt auch an verschiedenen öffentlichen Stellen, wie der Stadtbibliothek, der Bremer Touristik Zentrale und dem St. Petri Dom aus. Ferner ist das Programm auch über das Landesamt für Denkmalpflege erhältlich (Telefon: (0421) 361-10040).
Ansprechpartner für die Medien:
Werner Wick, Pressesprecher beim Senator für Kultur, Tel.: (0421) 361-16173, E-Mail: werner.wick@kultur.bremen.de