Der Bremer Senat hat sich auf ein Vorgehen zur Erzielung seiner Klimaschutzziele für die Freie Hansestadt Bremen verständigt – Netto-Null-CO2-Emissionen bis zum Jahr 2038. Aufgrund der Dringlichkeit der Klima- und Energiepreiskrise verbunden mit dem Angriffskrieg in der Ukraine hat der Senat die folgenden, mit Blick auf ihre CO2-Reduktionspotenziale und zur energetischen Versorgungssicherheit besonders wirkungsstarken und dringlichen Handlungsschwerpunkte (sogenannte Fastlane) der Klimaschutzstrategie 2038 der Freien Hansestadt Bremen identifiziert und wird diese priorisiert und besonders intensiv vorantreiben:
Für den Zeitraum 2023 bis 2027 stellt der Bremer Senat 2,5 Milliarden Euro für diese konkreten Maßnahmen bereit. Für die Abfederung der Folgen des Ukraine-Kriegs sind es 0,5 Milliarden Euro. Bis 2038 werden insgesamt 8,0 Milliarden Euro benötigt.
Angesichts der finanziellen Ausgangslage der Freien Hansestadt Bremen ist absehbar, dass trotz der angestrebten Priorisierung innerhalb der Ressorthaushalte die Fastlane-Maßnahmen aufgrund ihres Kostenvolumens und ihrer kurz- bis mittelfristigen Umsetzungsperspektive nicht vollständig innerhalb der vorhandenen Haushaltsmittel zeitnah abgebildet werden können. Gleichwohl hat die Bremer Klima-Enquetekommission festgestellt, dass Klima-Investitionen künftig zur Erhöhung des gesamtwirtschaftlichen Einkommens beitragen können und dass es deshalb gesamtwirtschaftlich klug und geboten ist, auch in einer schwierigen finanziellen Lage wie im Land Bremen die erforderlichen Klima-Investitionen zu tätigen. Die Notwendigkeit dieses Handlungsbedarfs wird durch den Ukraine-Krieg und die damit verbundene Energiekrise im Sinne eines "exogenen Schocks" zusätzlich krisenhaft beschleunigt: Zum einen steht die Energiegewinnung aus Gas als "Brückentechnologie" angesichts des Ukraine-Kriegs zusätzlich auf dem Prüfstand. Hinzu kommen die enormen Preisanstiege aller weiteren Energiequellen. Zum anderen werden die erforderlichen Klimaschutzanstrengungen, durch beispielsweise die erzwungene zusätzliche Nutzung von Braunkohle verschärft. Auch vor diesem Hintergrund kann der Weg zu einer Energieunabhängigkeit und einer verbesserten Energiesicherheit nur durch einen forcierten Ausbau sämtlicher klimaneutraler Energieerzeugungs- und Energienutzungsinfrastruktur erreicht werden.
Das Finanzgutachten für die Klima-Enquetekommission von Prof. Dr. Joachim Wieland stellt dazu fest, dass die Klimakrise als außergewöhnliche Notsituation im Rahmen der Schuldenbremse angesehen werden kann. Dieser Ausnahmetatbestand Klima- und Energiekrise verbunden mit den Auswirkungen des Angriffskriegs in der Ukraine rechtfertigt trotz Schuldenbremse die Bereitstellung der notwendigen Mittel der öffentlichen Hand, um die beschriebenen Maßnahmen umzusetzen.
Für im weiteren Prozess noch näher zu konkretisierende Fastlane-Bestandteile, die aufgrund ihres Kostenvolumens und ihres Umsetzungszeitraums absehbar nicht innerhalb der regulären Haushalte durch Umschichtung und Prioritätensetzung abbildbar sein werden, beabsichtigt der Senat daher, den Ausnahmetatbestand im Rahmen der Schuldenbremse in Anspruch zu nehmen und eine Kreditfinanzierung nebst Tilgungsplan vorzusehen. Die Beschlussfassung hierzu obliegt der Bremischen Bürgerschaft.
Die über einen Ausnahmetatbestand finanzierten Maßnahmen ziehen in gleicher Höhe eine Tilgungspflicht nach sich, die über einen noch zu konkretisierenden mittel- bis langfristigen Zeitraum nach dem von der Bremischen Bürgerschaft zu beschließenden Tilgungsplan zu erbringen sein wird. Die Tilgung belastet wie auch die Zinsen zukünftige Haushalte. Hierbei sind allerdings auf der anderen Seite Kosteneinsparungen und Mehreinnahmen gegenzurechnen, die sich aus der Senkung künftiger Kostensteigerungen bspw. im Bereich von Energieverbrauch sowie durch die Vermeidung etwaiger Schadenskosten für die Gesellschaft durch den Ausstoß von Treibhausgasen und die erhöhte Investitionsquote ergeben. Die Erwirtschaftung der zukünftigen Belastungen innerhalb der verfügbaren Haushaltsmittel liegt in der Gesamtverantwortung des Senats und aller Ressorts und wird noch näher zu konkretisieren sein.
Der Senat hat zur Umsetzung der Klimaschutzstrategie bereits eine Steuerungsstruktur unter Einbezug des Magistrats Bremerhaven umgesetzt und die dafür erforderlichen Arbeitsstrukturen eingerichtet:
Für das langfristige Programmmanagement und zur koordinierten Umsetzung der Klimaschutzstrategie soll die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau nach Beschlussfassung des Senats eine Leitstelle Klimaschutz einsetzen, die das temporäre Projektteam ablöst. Aufgabenteilung und Zusammenarbeit der Arbeitsstrukturen sollen im Landesprogramm Klimaschutz 2038 beschrieben werden.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte: "Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Dass der Senat drei Milliarden Euro zur Bekämpfung der aktuellen sozialen, ökonomischen und ökologischen Krisen zur Verfügung stellt, ist eine mutige und entschlossene Antwort auf die derzeitigen enormen Herausforderungen für unser Gemeinwesen. Der Senat wird damit die wirtschaftliche Stärke unseres Bundeslandes erhalten und Arbeitsplätze sichern, er wird Menschen und Unternehmen in der Energiepreis-Krise nicht alleine lassen und er wird die ökologische Transformation vorantreiben. Ziel ist es, die aktuellen Krisen zu bewältigen und gleichzeitig die künftigen Haushalte nicht zu überlasten. Mit dem 3-Milliarden-Euro-Paket ist dem Senat beides gelungen. Maß und Mitte werden gewahrt."
Dazu Maike Schaefer, Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau: "Die geplante Klimaschutzstrategie ist der richtige Weg, Bremen als lebenswerte Stadt zu erhalten und der Klimakrise den Kampf anzusagen. Diese zunächst drei Milliarden Euro sind nicht nur gut investiertes Geld, sondern eine echte Zukunftschance für unsere Stadt. Wir können damit die Verkehrswende herbeiführen und den ÖPNV stärken und ausbauen. Die Dekarbonisierung der Stahlwerke wird ein großer Schritt auf der Agenda sein. Das gleiche gilt für Gebäudesanierungen und die künftige Wärmeversorgung insbesondere mit Fernwärme. Andere Metropolen wie Kopenhagen oder Gent haben uns vorgemacht, dass sich solche Klimainvestitionen lohnen, weil sie Urbanität, Lebensqualität, Innovationen und damit verbunden auch wirtschaftliches Wachstum mit sich bringen. Das vermeintliche Risikokapital ist aus meiner Perspektive daher eine gute Investition in die Zukunft. Der Weg muss aber nach 2027 konsequent weiter beschritten werden."
Auch Kristina Vogt, Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, begrüßt die Einigung: "Bedingt durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die damit steigenden Energiekosten und der Klimakrise ist es jetzt wichtig, dass Bremen investiert. Denn diese drei Milliarden Euro kommen den Bremerinnen und Bremern aber auch Bremer Unternehmen und deren Beschäftigten zu Gute. Es ist wichtig, dass wir jetzt z. B. die Mittel haben, um die Wasserstoffprojekte kofinanzieren zu können. Allein die Stahlwerke können so im ersten Schritt schon bis zu 2,8 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Damit kommen wir dem Ziel, das Bundesland Bremen bis 2038 klimaneutral zu machen sehr schnell und wirkungsvoll näher und erhalten dabei Arbeitsplätze. Diese Mittel aus der Klimaschutzstrategie sind ein notwendiges Investitionsprogramm, was sich im Laufe der Zeit sicherlich bezahlt machen wird."
Finanzsenator Dietmar Strehl betont, dass weitere Investitionen in den Klimaschutz vernünftig sind: "Als rot-grün-roter Senat kümmern wir uns schon lange um den Klimaschutz. Mit den Beschlüssen zur Klimaschutzstrategie sichern wir die Finanzierung sehr konkreter Klimaschutzmaßnahmen für die kommenden fünf Jahre mit zweieinhalb Milliarden Euro ab. Und wir legen uns bereits heute fest: wir werden auch danach noch in den Klimaschutz investieren. Darüber hinaus begegnen wir der Energiekrise, die viele Menschen akut spüren mit weiteren 500 Millionen Euro. Aus dem laufenden Haushalt ist das nicht zu stemmen, wir werden dafür Kredite aufnehmen. Ich sage ganz deutlich: das ist richtig. Wenn wir jetzt nicht investieren, sind die Kosten des Klimawandels und der ökonomischen Folgen der Energiekrise ungleich höher."
Im Senat beschlossen werden soll die Klimaschutzstrategie des Senats spätestens am 22. November. Bürgermeister Bovenschulte wird dies zudem in einer Regierungserklärung am 16. November in der Stadtbürgerschaft dem Parlament darlegen. Die Mittel sollen dann am 13. Dezember per Nachtragshaushalt beschlossen werden.
Achtung Redaktionen:
Die Pressestelle des Senats bietet Ihnen das Foto zu dieser Mitteilung zur honorarfreien Veröffentlichung an. Foto: Senatspressestelle
Foto-Download (jpg, 445.2 KB)
Ansprechpersonen für die Medien: