[FETTGemeinsame Pressemitteilung Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen und Niedersächsisches Justizministerium:]
Zum 12. Juni 2014 - nahezu auf den Tag genau 60 Jahre nach der Schlüsselübergabe für das Gebäude des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle - hatten die Niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz und der Senator für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen Martin Günthner zu einem Festakt in das Bremer Rathaus eingeladen. "Die Sozialgerichtsbarkeit - 60 Jahre Vertrauensstabilisator unserer Demokratie" war daher auch das Thema der Festrednerin Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts und derzeit Vorstand der Daimler AG für Integrität und Recht.
Der Präsident des Bundessozialgerichts Peter Masuch würdigte in seinem Grußwort herausragende Persönlichkeiten aus Bremen und Niedersachsen, wie zum Beispiel Harry Rohwer-Kahlmann, die die Sozialgerichtsbarkeit geprägt haben. Er bezeichnete den deutschen Sozialstaat - als historisch gewachsenes, spezifisches Sozialmodell - und die eigenständige Sozialgerichtsbarkeit als "eineiige Zwillinge".
Justizsenator Günthner betonte in seinen Begrüßungsworten: "Krankheit und Pflegebedürftigkeit, Probleme mit der Rente oder die materielle Existenzsicherung - es sind die ganz elementaren Fragen, mit denen sich die Menschen an die Sozialgerichte wenden. Seit 60 Jahren stellt sich die Sozialgerichtsbarkeit in Bremen und Niedersachsen menschlich zugewandt und fachlich kompetent dieser Herausforderung und seit nunmehr zwölf Jahren tut sie dies mit einem gemeinsamen Landessozialgericht und liefert so außerdem noch ein hervorragendes Beispiel gelungener nachbarschaftlicher Zusammenarbeit."
Die Niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz stellte fest: "Die Legitimität und Verbindlichkeit gerichtlicher Entscheidungen beruht auf dem Vertrauen der Rechtssuchenden darauf, dass das, was bei Gericht passiert, rechtmäßig und letztlich gerecht ist. Das gilt auch, wenn sie das Verfahren nicht kennen und die Sprache der Juristen vielleicht nicht verstehen. Das müssen wir täglich rechtfertigen, denn gerade die Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit greifen tief in das Leben der Menschen ein, berühren sie in existentiellen Fragen wie die ihres intimsten Privatlebens."
Die Rednerinnen und Redner hoben daneben wiederholt hervor, dass die Sozialgerichtsbarkeit insgesamt einen wichtigen Beitrag dazu leiste, den sozialen Rechtsfrieden zu sichern. Die Reichweite des Sozialrechts wird deutlich bei der Gegenüberstellung des Bundeshaushalts und dem Volumen der Sozialversicherung. Der gesamte beitragsfinanzierte Anteil der Sozialversicherungen betrug bereits 2012 mehr als 500 Mrd. Euro und war damit fast doppelt so groß wie der Bundeshaushalt.
Die Sozialgerichtsbarkeit wird dabei von jeher durch die jeweils aktuellen gesellschaftlichen und sozialen Probleme und die darauf reagierende bzw. die gestaltende Gesetzgebung geprägt. Standen in den ersten Jahren der Gerichtsbarkeit noch die Streitigkeiten um die Kriegsopferversorgung im Vordergrund, sind diese heute nur noch sehr selten Verfahrensgegenstand - die Generationen, die den 2. Weltkrieg miterlebt haben, sind längst im Ruhestand. In den 1980er Jahren - der Zeit der Massenarbeitslosigkeit - waren die Streitigkeiten auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung ein großes Thema, ab den 1990er Jahren standen unter anderem die Kürzungen im Gesundheitssystem und in der Folge die Streitigkeiten aus dem Krankenversicherungsrecht und dem Vertrags(zahn)arztrecht auf der Tagesordnung.
Nun machen seit dem Jahr 2005 die Verfahren rund um die Hartz-IV Gesetzgebung ca. die Hälfte der niedersächsischen und bremischen Verfahren aus. Die Rednerinnen und Redner hoben hervor, dass sich die Richterinnen und Richter zusammen mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gerichtsbarkeit täglich in rechtlich kompetenter und menschlich zugewandter Art dieser Verantwortung stellen. Ihnen gebühre Dank und Anerkennung.
So wie die Gerichtsbarkeit einen Spiegel der sozialen Probleme bildet, ist auch der Jubiläumsband, den der Präsident des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen Peter Heine heute aus Anlass des Jubiläums vorstellte, ein Spiegel der Sozialgerichtsbarkeit. Er enthält neben juristischen, hochaktuellen Fachbeiträgen, z.B. zu dem Thema "Ausschluss von EU-Ausländern von Hartz IV-Leistungen", auch historische Bezüge oder Schilderungen. Zudem haben der Gerichtsbarkeit nahestehende Institutionen und Personen ihre ganz persönliche Sichtweise zur niedersächsisch-bremischen Sozialgerichtsbarkeit zu Protokoll gegeben, unter anderem auch zur Entstehung des gemeinsamen Landessozialgerichts mit seinen Standorten in Celle und in Bremen und den damals bestehenden Hoffnungen oder Befürchtungen. Interviews und Erfahrungsberichte runden den bunten Themenstrauß ab. Auf diese Weise vermittelt der Jubiläumsband einen Einblick in die Vielfältigkeit der Sozialgerichtsbarkeit.
Informationen im Web
www.justiz.bremen.de
www.mj.niedersachsen.de
Fotos: Senatspressestelle