Finanzsenatorin Linnert kritisiert Gesetzentwurf; Verfassungskonformität fraglich
25.09.2015Heute (25. September 2015) hat der Bundesrat die von der Bundesregierung vorgelegte Neufassung des Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes im ersten Durchlauf beraten. Bremens Finanzsenatorin Linnert hat daran deutliche Kritik geäußert:
"Sollte es zu dieser Regelung kommen, wird Bremen auf absehbare Zeit keine Einnahmen aus vererbten Betriebsvermögen haben. Bremen als Haushaltsnotlageland ist aber auf alle Steuereinnahmen angewiesen. Außerdem zementiert das Gesetz die vom Bundesverfassungsgericht kritisierten Ungleichheiten. Die Chance für eine Erbschaftssteuer, die eine echte Gerechtigkeitssteuer ist, ist vertan."
"Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr klargestellt, dass die Erbschafts- und Schenkungssteuer einen Beitrag zur Herstellung der sozialen Chancengleichheit leistet." Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf wolle die Bundesregierung offenbar Erben von großen und größten Betriebsvermögen in nahezu unbegrenzter Höhe von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreien. "Nur in Ausnahmefällen wäre bei Betriebsvermögen noch Erbschaftssteuer fällig", so Linnert über die Bremer Situation. "Mit der Erbschaftssteuer Marke "extra light" entspricht die Bundesregierung nicht dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts", fügte sie hinzu.
Linnert stellte klar, dass eine Verschonung von der Steuer dann gerechtfertigt sein könne, wenn es darum gehe, Arbeitsplätze zu erhalten und forderte eine entsprechende Differenzierung. "Eine teilweise Steuerbefreiung für kleine und mittlere Betriebe, die durch die Zahlung der Steuer gefährdet wären, ist grundsätzlich richtig. Denn dies dient ersichtlich der Mehrung und dem Erhalt des Wohlstands in unserem Land", ordnete sie ihre Forderung ein.
Die Senatorin erläuterte: "Auch bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer muss es das Ziel des Gesetzgebers sein, den Einzelnen nach seiner individuellen Leistungsfähigkeit zu besteuern. Hierfür gibt es die Bedürfnisprüfung. Die Schwelle von 26 Millionen Euro, oberhalb derer überhaupt erst eine Bedürfnisprüfung einsetzt, ist viel zu hoch angesetzt", kritisierte sie. Unterhalb der 26-Millionen-Schwelle werden Firmenerben weitgehend verschont. Leider ist eine knappe Bundesrats-Mehrheit einem Antrag von Bremen und Schleswig-Holstein nicht gefolgt, diese Schwelle herabzusetzen.
Der daneben vorgesehenen Möglichkeit der "anlasslosen Verschonung" von großen und größten Vermögen erteilte Linnert eine klare Absage. "Das ist schlicht ungerecht." Die Verschonung widerspreche eklatant dem Willen der Verfassungsrichter.
Unternehmenserben können eine Verschonung von der Bedürfnisprüfung beantragen, so dass sie nicht ihre gesamten Vermögensverhältnisse offen legen müssen. Eine Verschonung ist auch dann möglich, fällt jedoch geringer aus, als nach einer Bedürfnisprüfung.