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Der Senator für Inneres und Sport

Innensenator Mäurer warnt im Verfassungsschutzbericht 2015 vor Gefahren des islamistisch motivierten Terrorismus und "widerlicher Agitation" von rechts

Muslime dienen Rechtsextremisten in sozialen Netzwerken als Feindbilder

20.06.2016

Innensenator Ulrich Mäurer hat heute (Montag, 20. Juni 2016) gemeinsam mit dem Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz in Bremen, Hans-Joachim von Wachter, den Verfassungsschutzbericht 2015 vorgestellt.

Zu Beginn der Pressekonferenz verwies Mäurer darauf, dass das vergangene Jahr in Europa geprägt gewesen sei von einer noch nie dagewesenen Anschlagfrequenz des islamistisch motivierten Terrorismus.

In dem Zusammenhang erinnerte der Innensenator an die Anschläge in Paris am 7. Januar und 13. November 2015 sowie am 22. März in Brüssel mit rund 200 Todesopfern und Hunderten von Verletzten. Weitere, von Einzeltätern geprägte Anschläge habe es in Kopenhagen, im Schnellzug zwischen Belgien und Frankreich sowie in London gegeben. In Deutschland konnte ein geplanter Anschlag auf ein Radrennen in Oberursel am 30. April gerade noch rechtzeitig verhindert werden.

"Die Fakten sind beklemmend, aber wir dürfen nicht die Augen vor ihnen verschließen, sondern müssen uns ihnen stellen", sagte Mäurer. "Seit Beginn des Jahres 2015 besteht im gesamten Gebiet der Bundesrepublik eine sehr ernst zu nehmende Gefährdung durch islamistisch motivierten Terrorismus." Vor diesem Hintergrund müssten auch die Maßnahmen der Sicherheitsbehörden in mehreren deutschen Städten wie Braunschweig, Hannover, Oberursel und München gesehen werden, die teilweise das öffentliche Leben erheblich eingeschränkt und zu Absagen von Großereignissen geführt hätten. Auch in Bremen hätten Polizei und Verfassungsschutz aufgrund ihrer Erkenntnisse davon ausgehen müssen, dass die Stadt Ende Februar 2015 von einem Terroranschlag bedroht gewesen sei. "Dazu ist es glücklicherweise nicht gekommen", so Mäurer.

Nach Darstellung von Hans-Joachim von Wachter stammen die aus Deutschland und Europa ausgereisten Kämpfer, die den sogenannten Islamischen Staat oder al-Qaida im Terrorkampf unterstützen, aus der salafistischen Szene. Während sich vielerorts die Zahl der Salafisten in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt hat, blieb sie in Bremen seit 2013 mit rund 360 Personen nahezu konstant. "Wir führen das auf die Beratungsstelle 'kitab' und die Präventionsarbeit des Landesamtes zurück", betonte Mäurer. Gleichwohl sei die Salafistenszene in Bremen im Vergleich mit Hamburg oder Berlin sehr hoch. Seit Anfang 2014 sind insgesamt 26 Erwachsene und Jugendliche mit elf Kindern aus Bremen in Richtung Syrien/Irak ausgereist. Davon sind fünf Personen mutmaßlich getötet worden. Neun Erwachsene und Jugendliche mit drei Kindern sind inzwischen wieder in Bremen wohnhaft (Stand 10. Juni 2016).
Neben diesen Fällen, in denen jeweils belastbare Hinweise vorliegen, die eine Ausreise in Richtung Syrien oder Irak belegen, gibt es derzeit noch unbestätigte Hinweise auf Ausreisen von rund 20 weiteren Personen aus Bremen in die Kriegsgebiete.

Neben der Beobachtung des Salafismus und des islamistischen Terrorismus steht nach wie vor die Beobachtung des Rechtsextremismus im Fokus.

Bundesweit gab es 2015 einen massiven Anstieg der gewaltsamen Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und Moscheen. Die Zahl der Delikte im Bundesgebiet war fünfmal so hoch wie in 2014. Auch die Angriffe auf Flüchtlinge selbst sind gestiegen. Muslime dienen Rechtspopulisten und Rechtsextremisten als Feindbild.

"Diese Entwicklung stellt eine Bedrohung unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts dar", betonte Mäurer. Von der bundesweiten Entwicklung ist Bremen bislang weitgehend verschont geblieben. Gleichwohl beteiligten sich Bremer Rechtsextremisten an der Verbreitung extremistischer Propaganda in den sozialen Netzwerken. Als Nährboden für den Rechtsextremismus bezeichnete Mäurer den Rechtspopulismus. Der Verfassungsschutz prüfe fortlaufend, ob rechtspopulistische Vereine und Organisationen die Grenze zum Rechtsextremismus überschritten.
Mäurer: "Ausländerfeindliche Agitation ist widerlich, aber sie allein erfüllt noch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz." Dies sei erst gegeben, wenn eine Organisation zu Straftaten aufrufe oder die Staatsordnung abschaffen wolle.

In Bremen gab es im vergangenen Jahr 126 Straftaten (2014: 142 und 2013: 115) politisch motivierter Kriminalität von rechts, davon sechs Gewalttaten (2014: 4 und 2013: 2).
Das rechtsextremistische Personenpotenzial der NPD-Anhänger betrug bundesweit rund 5.200 Männer und Frauen. In Bremen sind es rund 30 Personen. Hinzu kommen noch rund 30 Personen aus der neonazistischen Szene sowie rund 60 Personen aus der sogenannten subkulturellen Szene wie Musikbands, Hooligans etc.).

Ein weiterer Beobachtungsschwerpunkt des Bremer Verfassungsschutzes war im vergangenen Jahr wieder die militante linksextremistische Szene in Bremen. Bei Aktionen begingen konspirativ agierende Kleingruppen Brandanschläge auf ein Dienstfahrzeug der Bundeswehr sowie auf die Bahnstrecke Bremen-Osnabrück. Außerdem beschädigten sie im Juli 2015 bei einem Anschlag das Dienstgebäude der Innenbehörde. Die politisch motivierte Kriminalität von links zählte in Bremen 88 Straftaten in 2015 (2014:77 und 2013: 116). Darunter waren sieben Gewaltdelikte (2014: 8 und 2013: 17).

Gewaltorientierte Linksextremisten beteiligten sich in Bremen an mehreren Demonstrationen. So nahmen beispielsweise rund 200 autonome Linksextremisten an einer Demonstration gegen den Bundesparteitag der AfD im Januar 2015 teil. Hans-Joachim von Wachter: "Die Anzahl und die Gewaltbereitschaft zeigt die Stärke und Handlungsfähigkeit der gewaltorientierten linken Szene in Bremen. Hier gilt es auch für den Verfassungsschutz genau hinzusehen. Bundesweit betrage das Personenpotenzial in der linksextremistischen gewaltorientierten Szene 7.700 Männer und Frauen. In Bremen sind es rund 200 Personen.