Gemeinsame Veranstaltung des Landesbehindertenbeauftragten und des Blinden- und Sehbehindertenvereins Bremen e.V. zur Einstellung des Rehabilitationsangebots für blinde und sehbehinderte Menschen in Bremen
02.05.2017Seit den 1980er Jahren gibt es in Bremen ein Rehabilitationsangebot für blinde und sehbehinderte Menschen. Es richtet sich an alle Altersgruppen, an Kinder im Vorschulalter, Jugendliche sowie Erwachsene im mittleren und fortgeschrittenen Alter. Es umfasst vor allem die Vermittlung lebenspraktischer Fertigkeiten sowie der Braille-Schrift. Insgesamt haben bislang mehr als 350 Menschen in Bremen und aus den Umlandgemeinden dieses Angebot in Anspruch nehmen können.
Von Anfang an gab es große Schwierigkeiten bei der Übernahme der Kosten für das Rehabilitationsangebot. Als Barriere für den Zugang erwiesen sich vor allem die lange Verfahrensdauer sowie die Einkommens- und Vermögensabhängigkeit bei der Übernahme der Kosten durch die Sozialhilfeträger. Auch die große Hoffnung, dass mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) im Jahre 2001 eine Verbesserung bei der Kostenübernahme eintreten würde, erwies sich schnell als Illusion. Vielmehr führte das Gesetz und seine Auslegung zu einer weiteren Verkomplizierung: Jetzt gab es auch noch unterschiedliche Auffassungen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den Trägern der Sozialhilfe, wer die Kosten für den Reha-Unterricht zu tragen hat. Deshalb sind Menschen, die das Reha-Angebot in Anspruch nehmen wollen, häufig auf anwaltliche Hilfe angewiesen und gezwungen, Klage vor dem Sozialgericht zu erheben. Viele, vor allem späterblindete Personen, wollen den Rechtsweg wegen der damit für sie verbundenen psychischen Belastung aber nicht beschreiten.
Trotz weiter bestehenden Bedarfs erwirtschaftete der BSV Bremen vor diesem Hintergrund mit seinem Reha-Dienst seit Jahren ein Defizit. Daher hat er sich dazu entschließen müssen, diese Dienstleistung zum 30.06.2017 einzustellen.
Mit ihrer Veranstaltung "Rehabilitationsangebot für blinde und sehbehinderte Menschen in Bremen - Stand und Perspektiven" [FETT(Donnerstag, 4. Mai 2017, 15 bis 17.15 Uhr, Haus der Bürgerschaft, Sitzungsraum 1)] wollen der BSV Bremen und der Landesbehindertenbeauftragte die Entwicklung des Reha-Angebots in Bremen darstellen, das wirtschaftliche Scheitern beleuchten, aber auch die inhaltlich erfolgreiche Arbeit der Reha-Lehrerin Friederike Kaivers würdigen und Perspektiven aufzeigen, wie ein solches Angebot für blinde und sehbehinderte Menschen kurz- und mittelfristig in Bremen abgesichert werden kann.
Dr. Joachim Steinbrück, Bremens Landesbehindertenbeauftragter, erklärt zu der Einstellung des Reha-Dienstes: "Aus meiner Sicht ist die Einstellung des Reha-Dienstes mehr als bedauerlich. Für mich war es sehr wichtig, dass ich als blinder Abiturient Reha-Unterricht in Anspruch nehmen und dabei lernen konnte, lecker zu kochen, einen Tisch stilvoll zu decken und meine Wohnung selbst putzen zu können. Dies war eine gute Starthilfe für mich. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass es auch in Zukunft ein Reha-Angebot für blinde und sehbehinderte Menschen in Bremen gibt. Vielleicht kann unsere Veranstaltung hierzu einen Beitrag leisten."
Programm siehe PDF-Download (pdf, 86.1 KB)