„Wir brauchen eine verlässliche Liste von Ärztinnen und Ärzten, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen“, erklärt Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm und fordert hierzu für Bremen eine gesetzliche Regelung, wie es sie in Berlin bereits gibt. „Derzeit weiß in Bremen niemand genau, welche Ärztinnen und Ärzte Abbrüche vornehmen. In Beratungsstellen vorhandene Listen sind veraltet und in Teilen ungültig. Es kann nicht sein, dass Frauen in einer existenziellen Notlage wie einer ungewollten Schwangerschaft sich erstmal durchfragen müssen, bis sie einen Arzt oder eine Ärztin finden“, so Bettina Wilhelm weiter. „Deshalb fordere ich eine entsprechende Ergänzung im Bremischen Schwangerenberatungsgesetz nach Berliner Vorbild.“ Zudem müssten diese Adressen auch veröffentlicht werden, so Bettina Wilhelm weiter.
Im Berliner Schwangerenberatungsstellengesetz ist festgeschrieben, dass die Senatsverwaltung für Gesundheit ein Verzeichnis führt über die „Krankenhäuser und Einrichtungen außerhalb von Krankenhäusern, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden“ (§ 10 Berliner Schwangerenberatungsstellengesetz). Ärztinnen, Ärzte und Kliniken haben der Behörde anzuzeigen, dass sie Abbrüche vornehmen. Das Berliner Gesetz besagt weiter, dass dieses Verzeichnis den anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, der Berliner Ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung sowie dem Statistischen Bundesamt zur Verfügung zu stellen seien.
ZGF-Abfrage zeigt: Vorhandene Listen sind nicht verlässlich
Vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatte um den Paragrafen 219a StGB – Werbeverbot für Schwangerschaftsabbruch – hatte die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) Bremer Ärztinnen und Ärzte sowie Kliniken, die nach vorliegenden Listen in Beratungsstellen sowie laut einer österreichischen Internetseite Abbrüche vornehmen, angeschrieben und um Bestätigung gebeten. „Die Rückmeldungen sagen uns, dass diese Listen vorne und hinten nicht stimmen können. Arztpraxen dieser Listen melden uns zurück, dass sie Abbrüche nicht oder nicht mehr vornehmen“, so Bettina Wilhelm. Sie verweist auf das Schwangerschaftskonfliktgesetz, nach dem die Bundesländer verpflichtet sind, ein ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen. Wilhelm: „Wie will Bremen das gewährleisten, wenn überhaupt niemand weiß, ob das Angebot vorhanden und ausreichend ist?“
Deshalb plädiert die Landesfrauenbeauftragte für eine gesetzliche Regelung: „Sie bietet eine verlässliche Grundlage für Ärztinnen und Ärzte ebenso wie für betroffene Frauen. Es wäre nicht länger Privatsache oder Frage eigener Abwägung, sondern Wille des Gesetzgebers, dass bekannt ist, wer im Land Bremen Abbrüche vornimmt. Das würde die Medizinerinnen und Mediziner entlasten und den Frauen sehr helfen: Sie wissen dann sofort und verlässlich, an wen sie sich wenden können.“
Frauen müssen sich selbst, sofort und umfassend informieren können
Die Veröffentlichung dieser Adressen, so Wilhelm weiter, sei davon unabhängig zu sehen und könne natürlich nur mit Einverständnis von Praxen und Kliniken geschehen. „Aber ich halte es für nicht ausreichend, dass eine ungewollt schwangere Frau erst zur Beratungsstelle gehen muss, um dann dort ein Verzeichnis von Praxen und Kliniken zu bekommen, die Abbrüche vornehmen“, so die Landesfrauenbeauftragte, „Frauen müssen sich selbst, sofort und umfassend informieren können. Dazu gehört auch, als erstes nach Ablauf und Risiken von Abbrüchen fragen zu können – und zwar dort, wo sie durchgeführt werden: also bei den Praxen, Kliniken und medizinischen Zentren ihrer Wahl.“
Wilhelm verweist hierzu auf Hamburg, wo die Gesundheitsbehörde die Namen und Adressen von Arztpraxen und Krankenhäusern im Internet veröffentlicht hat, und auf Berlin, das diesen Schritt ebenfalls angekündigt hat und in diesen Tagen umsetzen will. Auch für Schleswig-Holstein gibt es bereits eine veröffentlichte Liste, allerdings auf einer privaten Website. „Der unsägliche Paragraf 219a StGB muss gekippt werden“, erklärt Bettina Wilhelm, „es geht hier nicht um Werbung, sondern um das Recht auf Information. Hamburg und Berlin machen es uns vor– Bremen sollte dahinter nicht zurückstehen.“