Stele in der Vohnenstraße erinnert an die zwangsweise „Arisierung“ einer Mikwe
07.06.2018Mit der feierlichen Enthüllung einer Stele in der Vohnenstraße 3 am Freitag, dem 15. Juni um 13 Uhr will die DENKORTE-Initiative Neustadt zusammen mit dem Verein „Erinnern für die Zukunft e.V.“ ein weiteres Zeichen gegen das Vergessen der Verbrechen der Nationalsozialisten setzen. Erinnert werden soll daran, dass es im Haus an der Vohnenstraße einst eine Mikwe gab. Zugleich soll dieser neue Denkort dazu auffordern, sich aktiv gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit einzusetzen. Bürgerinnen und Bürger sind zu dieser Einweihung herzlich willkommen.
Es sprechen: Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport, Ingo Mose (Sprecher Beirat Neustadt), Elvira Noa (Vorsitzende Jüdische Gemeinde), Hanno Balz (Historiker). Auch Schülerinnen und Schüler der Wilhelm-Kaisen-Oberschule sind mit eigenen Beiträgen dabei. Die Veranstaltung moderiert John Gerardu (DENKORTE-Initiative).
Achtung Redaktionen: Die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind zu dieser Veranstaltung herzlich eingeladen. Weitere Informationen erteilt:
Horst Otto, DENKORTE-Initiative, Tel.: 5579195
Hintergrund: Auf Initiative von Moses Schragenheim kaufte Ende des 19. Jahrhunderts eine Eigentümergemeinschaft das Haus Vohnenstraße 3 und richtete hier eine Mikwe ein. In einer Mikwe können insbesondere Frauen die im Judentum vorgeschriebenen rituellen Waschungen mit „lebendigem“ Quellwasser vornehmen. Diese wurde insbesondere durch die streng religiöse jüdische ›Schomre Schabbos‹-Gemeinde genutzt. Die Angehörigen dieser Gemeinde kamen ursprünglich aus Osteuropa und lebten überwiegend in Sebaldsbrück. Das traditionelle Tauchbecken für diese Zeremonie befand sich im Kellergeschoss. In den oberen Stockwerken wohnte Familie Schillig. Emma Schillig war die Verwalterin, ihr Sohn Rudolf der Hausmeister. Im November 1928 ging das Haus in das Eigentum der Israelitischen Gemeinde im Schnoor über.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 erhielten diskriminierende Maßnahmen gegenüber der jüdischen Bevölkerung eine staatliche Legitimation. Spätestens mit der von der SA organisierten Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde auch in Bremen mit offenem Terror gegen sie vorgegangen. Unter diesem Druck verkaufte die Gemeinde das Haus im März 1939 unter Wert an den als „arisch“ geltenden Hausmeister Schillig.
1950 erhielt die Israelitische Gemeinde das Haus nach einem Vergleich mit der Familie Schillig zurück und veräußerte es anschließend.