Leitender Polizeibeamter wird ab sofort alle Projekte koordinieren und mit den Akteurinnen und Akteuren weiterentwickeln
19.09.2018Jeden Tag queren Zigtausende von Menschen den Bahnhof und sein Umfeld. Nicht alle fühlen sich dabei immer wohl. Gilt doch der gesamte Bereich um den Bremer Hauptbahnhof der Polizei seit Langem als Brennpunkt. Begleitet wird die Kriminalitätslage von vielen Unordnungserscheinungen sowie Personengruppen, die am Bahnhof lagern oder sich dort treffen, um Alkohol und Drogen zu konsumieren. Aufgrund der aktuellen Bebauung, stehen den vielen unterschiedlichen Nutzerinnen und Nutzern zudem 5.500 Quadratmeter weniger zur Verfügung, was das Miteinander zusätzlich erschwert.
"Das ist eine komplexe Gemengelage, die die Polizei alleine nicht bewältigen kann", betont Bürgermeister Carsten Sieling am Mittwoch (19. September) auf einem Pressetermin vor Ort. "Der Senat hat deswegen Innensenator Mäurer im vergangenen Jahr gebeten, ein Konzept mit diversen Maßnahmen und Ansätzen unter Einbeziehung der unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteure aus dem Bahnhofsumfeld zu entwickeln, um die gesetzten Ziele so schnell wie möglich zu erreichen. Mit dem jetzt vorliegenden Programm wollen wir den Bahnhof und sein Umfeld wieder zum beliebten Treffpunkt in der Stadt machen und ihm zugleich sein Schmuddel-Image nehmen."
An dieser Aufgabe müssten neben der Polizei, den Fachleuten anderer Ressorts, den engagierten Helferinnen und Helfern von Initiativen, Vereinen und Organisationen als auch die Anrainer mitwirken. Dafür bräuchte es jemanden, der die vielen Fäden in der Hand behalte und das seit Spätsommer vergangenen Jahres aufgebaute Netzwerk "Partnerschaft attraktiver Bahnhof" weiterentwickle.
"Mit Jens Körber von der Polizei Bremen haben wir die ideale Besetzung für diesen Posten gefunden", zeigt sich Innensenator Mäurer überzeugt. Körber habe in den vergangenen Jahren diverse Führungspositionen innegehabt und kenne sowohl die Polizeiarbeit als auch Bremen, wo er geboren und aufgewachsen ist, aus dem Effeff. Zugleich verstehe er es, mit Kreativität und Überzeugungskraft Schwung in Prozesse zu bringen und auf unterschiedlichste Menschen zuzugehen.
Bereits ab 2016 hat die Polizei Bremen ihre Maßnahmen rund um den Hauptbahnhof verstärkt und bis zu 2.000 Stunden monatlich aufgewendet. Seit Mai 2018 sind die Maßnahmen nochmals intensiviert worden und es werden monatlich bis zu 5.000 Stunden eingesetzt, um Problemgruppen am Bahnhof zu kontrollieren, Präsenz zu zeigen, Aufenthaltsverbote zu erteilen, mit der Bundespolizei gemeinsam Streife zu laufen oder verdeckte Ermittlungen von Zivilbeamten gegen Drogendealer und potenzielle Räuber zu ermöglichen.
Im kommenden Jahr wird im ersten Quartal die Videoüberwachung am Bahnhof ausgebaut und eine eigene Leitstelle zur Überwachung der Aufnahmen im Polizeipräsidium in der Vahr eingerichtet. Die Planungen sehen vor, dass die Kameras den Bahnhofsplatz bis zum Überseemuseum, den ZOB, die Straße hinter den Wohn- und Geschäftshäusern (Schleichweg vom Hugo-Schauinsland-Platz zum Breitenweg) den Nordausgang sowie das ehemalige Investorengrundstück erfassen. Eine temporäre mobile Videoüberwachung soll einen Teilbereich der Bahnhofsstraße erfassen, um die dortige offene Drogenszene zu bekämpfen.
Gegen die Vermüllung am Bahnhof, das Verrichten der Notdurft in der Öffentlichkeit, Trinkgelage oder das Campieren auf öffentlichen Flächen soll konsequent vorgegangen werden. Für die öffentlichen Flächen werden die Beschäftigten von "Die Bremer Stadtreinigung" (DBS) zuständig sein, die seit 1. Juli im Einsatz sind. Private Flächen sind von den Eigentümern sauber zu halten. Der neue Ordnungsdienst, der ab Oktober seine Arbeit aufnehmen wird sowie die Polizei, sollen dafür Sorge tragen, dass die Eigentümer ihren Pflichten auch nachkommen. Die öffentlichen Flächen im Umfeld des Bahnhofs wiederum sollen künftig zweimal am Tag gereinigt werden. Schrotträder werden unverzüglich durch die DBS entfernt. Gegen Müllsünder wird ab Oktober der Ordnungsdienst Verwarnungen und Bußgelder verhängen.
Eine bessere Aufenthaltsqualität versprechen sich Bürgermeister Sieling und Innensenator Mäurer durch Schaffung neuer Sitzgelegenheiten, mehr Außengastronomie und einem neuen Beleuchtungskonzept.
Für obdachlose oder alkoholkranke Menschen und Konsumenten von Drogen, die sich an allen großen Bahnhöfen aufhalten, sollen feste Plätze zu den bereits vorhandenen eingerichtet werden. So ist ein von Sozialarbeitern betreuter Unterstand mit Toiletten in der Nähe des InterCity-Hotels vorgesehen. Zudem soll geprüft werden, ob ein niedrigschwelliges Beschäftigungsangebot für bestimmte Zielgruppen umgesetzt werden kann. In der Prüfung ist außerdem, ob ein Drogenkonsumraum die Situation am Bahnhof verbessern könnte.
Mäurer: "Wir werden ganz klar gegen Menschen vorgehen, die unseren Bahnhof verschandeln, indem sie alles unter sich fallen lassen oder in die Ecken urinieren. Auch Dealer wollen wir hier nicht haben. Aber jeder, der sich ordentlich verhält, darf sich natürlich auch viele Stunden und regelmäßig am Bahnhof aufhalten.
Ein enger Austausch und eine enge Zusammenarbeit mit den bereits vorhandenen Angeboten, wie z.B. mit denen der "Suppenengel", des Streetworkerprojektes "connect", dem Tagestreff für wohnungslose Menschen (Café Papagei auf der Brake und Frauenzimmer in der Abbentorstraße) der Bahnhofsmission, der Drogenberatungsstelle Comeback und anderen ist vorgesehen.
Seit September vergangenen Jahres haben sich unter Federführung des Innenressorts mehrfach Anrainer, Vertreterinnen und Vertreter von Initiativen, Vereinen und Organisationen unter Beteiligung des Sozialressorts, des Bauressorts und des Wirtschaftsressorts, des Ordnungsamtes, der Polizei und der BSAG getroffen, um Ideen für eine bessere Aufenthaltsqualität rund um den Bahnhof zu entwickeln.
"Die daraus entstandene Initiative ‚Partnerschaft attraktiver Bahnhof‘ hat bereits großartige Vorarbeit geleistet", bedankte sich Innensenator Mäurer bei allen Aktiven. "Den Schwung, den die Initiative reingebracht hat, wollen wir nun gemeinsam mit Jens Körber nutzen, um den Bahnhof künftig zu einem Ort zu machen, an dem sich Bremerinnen und Bremer sowie auswärtige Gäste wieder gerne treffen und aufhalten."