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Die Senatorin für Justiz und Verfassung

Video-Konferenz der Justizministerinnen und -minister: Auswirkungen und Handlungsfelder der Justiz durch die Corona-Pandemie

18.05.2020

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Justiz in Bund und Ländern? Wie gehen Gerichte, Staatsanwaltschaften, Soziale Dienste der Justiz und der Justizvollzug mit den Herausforderungen durch das Virus um? Wie steht es um den Rechtsstaat und die Grundrechte des Einzelnen in Zeiten der Corona-Pandemie? Über diese und weitere Fragen berieten heute die Justizministerinnen und -minister aus Bund und Ländern in einer Videokonferenz. Bei dem rund dreistündigen, „virtuellen“ Treffen sprachen die der Ministerinnen und Minister zudem über die Chancen und Risiken, der Digitalisierung in dieser Situation.

„Einig waren wir uns darin, dass dem Thema der Digitalisierung bei der Bewältigung der Pandemie eine große Bedeutung zukommt. Angefangen von der Möglichkeit zur Kontaktvermeidung im Homeoffice zu arbeiten, über die laufende Umstellung auf die E-Akte bis hin zu ‚Online-Verhandlungen‘ bietet die Digitalisierung Möglichkeiten, die Arbeit der Justiz insbesondere auch auf die neuen Herausforderungen durch den Infektionsschutz umzustellen. Wichtig – auch das wurde heute deutlich – ist uns allen gerade bei diesem Thema, dass auch ‚Online-Gerichtsverhandlungen‘ für die Öffentlichkeit im Grundsatz zugänglich und damit kontrollierbar sein müssen“, betont die Bremer Senatorin für Justiz und Verfassung, Dr. Claudia Schilling.

Sie hatte als derzeitige Vorsitzende der Konferenz der Justizministerinnen und -minister (JuMiKo) zu der heutigen (18. Mai 2020) Videokonferenz eingeladen. Schilling: „Nachdem wir die JuMiKo-Frühjahreskonferenz aufgrund der Pandemie absagen mussten, war das Treffen heute eine gute Möglichkeit sich über die aktuellen Herausforderungen auszutauschen – nicht als Ersatz für die eigentliche Frühjahreskonferenz, sondern als Ergänzung.“ Regulär werden die Justizministerinnen und -minister nun im Herbst zur JuMiKo zusammentreffen – und das in einer von einem auf drei Tage verlängerten Konferenz vom 25. bis 27. November in Bremen.

Dort solle dann unter anderem die konstruktive Diskussion der heutigen Video-Konferenz fortgesetzt werden. „Trotz der je nach Bundesland teils unterschiedlichen Herausforderungen durch die Pandemie herrschte heute bei vielen Themen große Übereinstimmung – etwa was die Rolle der Justiz für den gesellschaftlichen Zusammenhalt angeht, aber auch in der Bewertung des Status quo: Unser Rechtsstaat und die Grundrechte standen und stehen nicht unter Pandemie-Vorbehalt! Der grundgesetzlich garantierte Zugang zum Recht blieb und bleibt auch während dieser Ausnahmesituation gewährleistet“, so Schilling.

Nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes der Beschäftigten der Justiz habe zudem die Kontrollfunktion und Leistungsfähigkeit der Justiz beispielsweise auch bei der Überprüfung der teils weitreichenden Verfügungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens unter Beweis gestellt werden können. Schilling: „Wir alle waren uns einig: Unser Rechtsstaat und unsere grundgesetzliche Ordnung haben sich trotz der großen Herausforderungen durch die Pandemie bewährt und als krisensicher erwiesen.“

Völlig klar sei dabei, dass zur Eindämmung der Pandemie notwendige Grundrechtseinschränkungen stets und fortlaufend auf ihre Verhältnismäßigkeit und ihren Nutzen zu überprüfen sind. „Der notwendige Gesundheitsschutz und die Freiheit des Einzelnen sind in einen sinnvollen und verantwortbaren Ausgleich zueinander zu bringen ohne mit unseren verfassungsrechtlichen Grundprinzipien zu brechen. Dabei bleibt es“, betont die JuMiKo-Vorsitzende und ergänzt:
„Wenn schließlich einzelne Stimmen schon autoritäre Systeme im Windschatten der Pandemie auf dem Vormarsch sahen, kann ich heute sagen: der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat hat sich als hinreichend anpassungsfähig und effektiv erweisen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Gemeinsam wollen die Justizministerinnen und -minister der Länder weiterhin im Gespräch bleiben und konkret insbesondere die Voraussetzungen für einen weiteren Ausbau der Digitalisierung samt möglicher, länderübergreifender Schnittstellen prüfen: Angefangen mit der flächendeckenden Ausstattung der Justiz mit Videokonferenztechnik über den generellen Ausbau der IT-Infrastruktur bis hin zum Ausbau von Online-Fortbildungsangeboten für die Justiz-Beschäftigten. „Das Thema Digitalisierung ist auch vor Corona längst in allen Bundesländern auf der Agenda. Die Pandemie zeigt nun noch einmal deutlich, welches Potential dahintersteckt. Nicht nur, um in Krisenzeiten handlungsfähig zu bleiben, sondern auch generell – sowohl in den Gerichten und Staatsanwaltschaften als auch im Justizvollzug“, so Schilling.

Auch was die baulichen Voraussetzungen für sichere Gerichtsverhandlungen in Zeiten der Pandemie angeht wollen die Justizministerinnen im Austausch bleiben: „Praktisch alle Länder benötigen rasch zusätzliche, größere Gerichtssäle, um Großverfahren in Zeiten der Pandemie ‘auf Abstand‘ durchführen zu können. Das erfordert nicht nur entsprechende finanzielle Ressourcen. Erschwerend kommt hinzu, dass viele der bestehenden Gerichtsgebäude unter Denkmalschutz stehen, was entsprechende Umbauten erschwert“, so die JuMiKo-Vorsitzende abschließend.

Ein kurzfristig im Vorfeld eingebrachter Beschlussvorschlag wurde in der heutigen Video-Konferenz, bei der sich die Ministerinnen und Minister von 12 bis 15 Uhr austauschten, letztlich nicht verabschiedet: „Dabei ging es weniger um größere inhaltliche Differenzen, sondern eher um den Charakter der heutigen Sitzung, der von den Ländern mehrheitlich als kollegialer Austausch und nicht als Beschlussgremium verstanden wurde“, so die JuMiKo-Vorsitzende Claudia Schilling abschließend.

Ansprechpartner für die Medien:
Matthias Koch, Pressesprecher bei der Senatorin für Justiz und Verfassung, Tel.: (0421) 361-10425, E-Mail: matthias.koch@justiz.bremen.de