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Der Senator für Finanzen | Senatskanzlei

Bremen-Fonds zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie: Ergebnisse der externen Gutachten

20.10.2020

Bürgermeister Bovenschulte: Bremen-Fonds ist ein wichtiger Beitrag für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes

Finanzsenator Dietmar Strehl: Gutachter bestätigen, dass wir mit dem Haushalt 2020 die Schuldenbremse einhalten

In seiner Sitzung am 16. Juni 2020 hat der Senat die Vorlage "Bremen-Fonds zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie – Vorschlag zur weiteren Umsetzung und Konkretisierung" beschlossen. In diesem Zusammenhang hat er zwei externe Gutachten in Auftrag gegeben:

  • Bremen-Fonds - Auswahl mittel- und langfristiger Maßnahmen zum Neustart nach der Krise (Gutachter: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH / Prof. Dr. Südekum, Universität Düsseldorf). Dieses Gutachten beschreibt wissenschaftlich hergeleitet mittel- und langfristige Maßnahmenfelder, die die bremische Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig aus der Krise führen können.
  • Die Reichweite notlagenbedingter struktureller Nettokreditaufnahme nach der Bremischen Landesverfassung (Art. 131a Abs. 3 BremLV) und die Bedeutung des "begründeten Ausnahmefalls" nach dem Sanierungshilfengesetz (§ 2 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 SanG) angesichts der COVID-19-Pandemie (Gutachter: Prof. Dr. Korioth, Ludwigs-Maximilians-Universität München). Dieses Gutachten werden die Vorgaben zur Vereinbarkeit von insbesondere mittel- bis langfristigen Maßnahmen mit den Ausnahmetatbeständen im Rahmen der Schuldenbremse und des Sanierungshilfengesetzes überprüft und die entsprechenden Dokumentations- und Darlegungspflichten (auch in Richtung des Stabilitätsrates) dargestellt.

In seiner Sitzung am 20. Oktober 2020 hat sich der Senat der Freien Hansestadt Bremen mit den Gutachten von Prof. Dr. Korioth sowie iw Consult / Prof. Dr. Südekum befasst und die Senatsressorts gebeten, die in der entsprechenden Senatsvorlage dargestellten Ergebnisse der Gutachten zur Ausgestaltung der mittel- und langfristigen Maßnahmen des Bremen-Fonds als Rahmensetzung zu berücksichtigen.

Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte: "Bremen und Bremerhaven sind attraktive und wirtschaftlich dynamische Städte mit einer sehr hohen Lebensqualität. Die Corona-Pandemie beeinträchtigt die Entwicklung unserer Städte ganz erheblich. Der Senat wird alles dafür tun, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern. Der Bremen-Fonds setzt genau an dieser Stelle an und ist ein wichtiger Beitrag für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes."

Finanzsenator Dietmar Strehl: "Neue Kredite aufzunehmen ist in der aktuellen Notsituation zulässig und unverzichtbar. Gegen die Krise anzusparen wäre unverantwortlich und würde am Ende viel mehr kosten, als wir jetzt für den Bremen-Fonds ausgeben wollen."

Gutachten von iw Consult / Prof. Dr. Südekum

Zentrale Aufgabe des Gutachtens von iw Consult/ Prof. Dr. Südekum war es gemäß Senatsauftrag, wissenschaftlich hergeleitet mittel- und langfristige Maßnahmenfelder zu beschreiben, die die bremische Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig aus der Krise führen können. Auf Grundlage einer sozio-ökonomischen Analyse der Ausgangslage in Bremen und Bremerhaven (ergänzt um eine aktuelle Unternehmensbefragung von August 2020) zeigt die Studie zunächst die besondere Corona-Betroffenheit des Landes auf.

  • Die aktuelle Unternehmensbefragung bei 270 Unternehmen zeigt, dass die Umsätze und die Kapazitätsauslastungen 2020 um etwa 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen werden, bei den kleineren und mittleren Unternehmen sind die Einbrüche größer als bei den größeren Unternehmen. Die Befragung zeigt auch, dass in Bremerhaven bei den Umsätzen und den Kapazitätsauslastungen mit höheren Einbrüchen als in der Stadt Bremen zu rechnen ist. Die Dienstleistungsbranchen sind insgesamt stärker betroffen als die Industrie oder das Handwerk.
  • Gemäß der monatlichen Industriestatistik ist in Bremen die Industrie stärker vom Einbruch betroffen als die Industrie im Bundesdurchschnitt oder in Hamburg.
  • Bezogen auf die Leitbranchen der verarbeitenden Industrie fand der stärkste Umsatzeinbruch im Fahrzeugbau (-57,7 Prozent) statt, getrieben vom Einbruch beim Auslandsumsatz (-65,2 Prozent).
  • Die Herstellung von Metallerzeugnissen verzeichnete den stärksten Einbruch beim Auslandsumsatz (-81,6 Prozent).
  • Der stärkste Beschäftigungseinbruch erfolgte bislang bei der Herstellung elektrischer Ausrüstungen (-15,2 Prozent) und beim Maschinenbau (-13,5 Prozent). Der Einbruch beim Fahrzeugbau fiel bislang mit -5,6 Prozent geringer aus.
  • In der Corona-Krise ist ein deutliches Auseinanderfallen des Einzelhandelsumsatzes in Bremen im Vergleich zum Einzelhandelsumsatz in Deutschland zu beobachten, von April 2019 bis April 2020 ging in Deutschland der Einzelhandelsumsatz um rund 5 Prozent zurück, in Bremen waren es rund 17 Prozent.

Für den Bremen-Fonds folgen aus dieser Analyse drei Ableitungen:

  • Die Unternehmen in Bremen brauchen weiterhin Hilfen, um die Folgen der Corona-Krise abfedern zu können
  • Ein Verschieben und die Aufgabe von Modernisierungsprojekten gefährden die strukturelle Erneuerung der Wirtschaft und infolge davon der gesamten Gesellschaft in Bremen.
  • Der Bremen-Fonds sollte genau an dieser Stelle ansetzen und die Zukunftsfähigkeit des Landes erhalten helfen.

Konkret bezogen auf die Situation im Land Bremen empfiehlt das Gutachten eine grundsätzliche Schwerpunktsetzung auf die Faktoren:

  • Industrie und den Industrie-Dienstleistungsverbund
  • Wissenschaft und Technologie
  • Qualifikation/ Bildung

Gutachten von Prof. Dr. Stefan Korioth von der Ludwig-Maximilians-Universität München

Bei der Corona-Pandemie handelt es sich um eine Naturkatastrophe und außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und deren Auswirkungen die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen. Aufgrund des Beschlusses der Bremischen Bürgerschaft können in diesem begründeten Ausnahmefall im Haushaltsjahr 2020 zusätzliche Kredite aufgenommen werden. Die verfassungsrechtlichen Regeln zur Schuldenbremse sehen diesen Ausnahmefall ausdrücklich vor. Die kreditfinanzierten Maßnahmen müssen unmittelbar oder mittelbar der Kompensation eingetretener Schäden oder Prävention weiterer Pandemiefolgen dienen. So das Fazit eines Gutachtens von Prof. Dr. Stefan Korioth von der Ludwig-Maximilians-Universität München zum Bremen-Fonds, dessen Rechtmäßigkeit sowie den Dokumentationspflichten. Prof. Dr. Korioth betont: "Notlagenverschuldung ist ein Ausnahmefall, der im Interesse tragbarer Staatsfinanzen eng auszulegen und auf die Pandemiefolgen zu begrenzen ist. Notlagenkredite dürfen Maßnahmen mit Pandemiebezug finanzieren. Notlagenkredite sind kein Mittel zur Erweiterung des regulären Budgets." Eine genaue Größe, ab wann eine "erhebliche Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage" (Voraussetzung für eine Kreditaufnahme laut Bremischer Landesverfassung, § 131 a) vorliegt, wird im Gutachten nicht genannt. Kommentar von Prof. Dr. Korioth: "Unbestimmte Rechtsbegriffe lassen sich nicht in bestimmten Zahlen und Quoten auflösen."

Finanzsenator Dietmar Strehl: "Das Gutachten erläutert detailliert, dass wir mit dem Haushalt 2020 die Vorgaben der Schuldenbremse, des Grundgesetzes, der Landesverfassung und dem Sanierungshilfengesetz einhalten. In unserem Fall ist das besonders wichtig, da davon die Zahlung der jährlichen 400 Millionen Euro Sanierungshilfe abhängt. Außerdem gibt das Gutachten wichtige Hinweise darauf, was aus dem Bremen-Fonds finanziert werden kann und was nicht. Wichtig ist, die Finanzierbarkeit von Maßnahmen aus dem Bremen-Fonds im jeweiligen Einzelfall genau zu prüfen und den Pandemiebezug zu dokumentieren. Die Darlegungspflicht ist hoch."

Kernpunkte des Gutachtens:

  • Die COVID-19-Pandemie erfüllt den Ausnahmetatbestand der Schuldenbremse
  • Zweck der Schuldenaufnahme muss sein, die Handlungsfähigkeit des Staates in der Notlage zu erhalten und zu stärken, eingetretene Beeinträchtigungen und Schäden zu kompensieren und weiteren Pandemiefolgen vorzubeugen.
  • Die Kausalität zwischen Pandemie und staatlichen Maßnahmen muss vorhanden sein. Maßnahmen, die auch ohne Corona-Krise vorgenommen worden wären (oder schon beschlossen waren), dürfen nicht durch den Bremen Fonds finanziert werden – es sei denn, eine Problemlage hat sich durch die Pandemie derart verschärft, dass sich die Notwendigkeit der Maßnahme nicht mehr aus der ursprünglichen Motivation heraus, sondern unmittelbar aus der Pandemie ergibt.
  • Konjunkturelle Effekte, die nicht durch das Verfahren der Konjunkturbereinigung erfasst werden, ihren Ursprung aber in der Pandemie und in Gegenmaßnahmen haben, dürfen durch die Notlagenkredite ausgeglichen werden.
  • Vorrang vor einer Notlagen-Neuverschuldung hat die Auflösung bestehender (nicht-zweckgebundener) Rücklagen.
  • Die Kreditaufnahme im Krisenjahr ist für Maßnahmen zulässig, die im unmittelbaren zeitlichen Kontext stehen. Mittel- und langfristige Maßnahmen sind ebenfalls möglich, benötigen aber eine intensivere Begründung und Prüfung.
  • Die Feststellung der Notsituation durch die Bremische Bürgerschaft ist immer nur für das aktuelle (bzw. kommende) Jahr möglich, wenn die Ausnahmekriterien erfüllt sind.
  • Eine Rücklagenbildung aus Notlagenkrediten ist unzulässig (außer für laufende/beauftragte Maßnahmen). Für das Haushaltsjahr 2021 ist eine neue Kreditermächtigung nötig, da nicht ausgeschöpfte Mittel aus dem Bremen-Fonds 2020 verfallen.
  • Mittel aus Bundes- und EU-Programmen sind vorrangig vor eigenen Krediten zu nutzen.

Service

  1. Bremen-Fonds - Auswahl mittel- und langfristiger Maßnahmen zum Neustart nach der Krise
    (Gutachter: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult GmbH/ Prof. Dr. Südekum, Universität Düsseldorf) (pdf, 1.4 MB)
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  2. Rechtsgutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. Stefan Korioth: "Die Reichweite notlagenbedingter struktureller Nettokreditaufnahme nach der Bremischen Landesverfassung (Art. 131a Abs. 3 BremLV) und die Bedeutung des "begründeten Ausnahmefalls" nach dem Sanierungshilfengesetz (§2 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 SanG) angesichts der COVID-19-Pandemie" (pdf, 165.5 KB).
  3. Auszug aus der Landesverfassung (pdf, 5.8 KB)

Ansprechpartner für die Medien:
Christian Dohle, Pressesprecher des Senats, Tel.: (0421) 361- 2396, christian.dohle@sk.bremen.de

Dagmar Bleiker, Pressesprecherin beim Senator für Finanzen, Tel.: (0421) 361-4072, E-Mail: dagmar.bleiker@finanzen.bremen.de