Senatorin: "Ein letzter Rettungsschirm, wenn alle Stricke reißen"
24.11.2020Bremerinnen und Bremer, die wegen Zahlungsrückständen mit einer Strom-, Gas oder Wassersperre rechnen müssen, sollen Hilfe aus einem neu eingerichteten Härtefallfonds des Landes erhalten, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Das hat der Senat heute (Dienstag, 24. November 2020) auf Vorschlag von Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, beschlossen. Sie erwarte, dass im Land Bremen jährlich bis zu 30.000 Euro aus dem mit 250.000 Euro ausgestatteten Fonds erforderlich sein werden. Wegen der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die privaten Haushalte geht sie davon aus, dass im 2021 rund 40.000 Euro benötigt werden.
"Eine gesicherte Versorgung mit Energie und Wasser zählt zu den elementaren Grundbedürfnissen des Menschen", sagte Senatorin Stahmann. Zwar sei die Zahl der Energiesperren schrittweise gesunken, seit der „Runde Tisch Energiesperren“ mit der Kampagne "Zappenduster" im Jahr 2014 die Strukturen geschaffen hat, in Einzelfällen gezielt Lösungen zu finden. Seit 2015 konnte so die Zahl der Versorgungssperren im Land Bremen um rund 43 Prozent abgesenkt werden. Sie lag im Jahr 2019 aber immer noch bei über 4.000 Fällen.
"Die bestehenden Hilfesysteme gewährleisten schon heute grundsätzlich die erforderlichen Hilfen bei Zahlungsunfähigkeit", sagte Senatorin Stahmann. Der Härtefallfonds solle daher nicht an die Stelle von gesetzlichen Ansprüchen treten. "Er springt dann ein, wenn die Notlage anders nicht abgewendet werden kann", betonte sie. Daher werde zunächst geprüft, ob das Jobcenter beziehungsweise das Amt für Soziale Dienste die Rückstände übernehmen kann, oder ob mit dem Versorgungsunternehmen eine tragbare Ratenzahlung vereinbart werden.
Der Härtefallfonds, dessen Einrichtung auf einen Bürgerschaftsbeschluss zurückgeht, soll daher Menschen in außergewöhnlichen Notlagen unterstützen. Vorgesehen ist er für "soziale Härtefälle..., die sich zur Abwendung oder Aufhebung von Versorgungsunterbrechungen ("Sperrungen") nicht selbst helfen können", wie es in der Beschlussvorlage für den Senat heißt. Gemeint sind Menschen mit „geringem verfügbaren Einkommen“ oder mit Ansprüchen gegenüber dem Jobcener nach dem Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV") oder gegenüber dem Amt für Soziale Dienste (SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz). Eine besondere Härte kann zum Beispiel gegeben sein, wenn Einschränkungen aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen bestehen, bei Behinderung oder Pflegebedürftigkeit, in einem gemeinsamen Haushalt mit minderjährigen Kindern, drohendem Verlust der Wohnung oder des Arbeitsplatzes sowie einer bereits eingerichteten gesetzlichen, sozialpädagogischen oder sozialpsychiatrischen Betreuung. Auch wenn eine Schuldenberatung bereits eingeleitet ist, soll eine Unterstützung aus dem Härtefallfonds möglich sein. Leistungen aus dem Fonds werden einmalig als Zuschuss gewährt, ein Rechtsanspruch besteht nicht.
Voraussetzungen für eine Leistung aus dem Fonds ist unter anderem, dass der oder die Betroffene die erforderlichen Anträge beim Jobcenter respektive dem Amt für Soziale Dienst stellt. Ausgeschlossen von den Leistungen des Fonds sind Personen ohne erkennbare Verhaltensänderung im Fall wiederholter Zahlungsversäumnisse oder im Fall unverhältnismäßig hoher Verbrauchswerte. Ausgeschlossen sind auch Fälle, in denen der Vermieter die Vorauszahlungen seiner Mieter nicht an das Versorgungsunternehmen weiterleitet.
Weitere Details zur Ausgestaltung des Fonds im Einzelnen werden im Februar mit der Deputation für Soziales, Jugend und Integration beraten.
Hintergrund
Am "Runden Tisch Energiesperren" und in seinen Arbeitsgruppen sind neben dem Versorgungsunternehmen swb AG beteiligt: Aktionsgemeinschaft arbeitsloser Bürgerinnen und Bürger e.V. (agab), BEKS EnergieEffizienz GmbH, Betreuungsverein Bremerhaven e. V., Die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, Die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, Amt für Soziale Dienste, Fachzentrum Schuldenberatung im Lande Bremen e. V., Förderverein Bremerhaven GmbH, Jobcenter Bremen, Jobcenter Bremerhaven, Klimaschutzagentur energiekonsens, Sozialamt Bremerhaven, STÄWOG Städtische Wohnungsgesellschaft Bremerhaven, Verbraucherzentrale Bremen e. V. sowie Waller Beschäftigungs-und Qualifizierungsgesellschaft mbH gemeinnützig (WaBeQ).
Ansprechpartner für die Medien:
Dr. Bernd Schneider, Pressesprecher bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport, Tel.: (0421) 361-4152, E-Mail: bernd.schneider@soziales.bremen.de