Sie sind hier:
  • Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Polizei registriert zunehmende Zahl von Delikten

Gemeinsame Presseerklärung

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Polizei registriert zunehmende Zahl von Delikten

24.11.2010

Der Senator für Inneres und Sport und die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau teilen mit:

„Auch wenn der Tag sich jährlich wiederholt: das Thema Gewalt gegen Frauen bleibt hochaktuell und erfordert nach wie vor unser gemeinsames Vorgehen, um deutlich zu zeigen: so nicht!“, erklärte Frauensenatorin Ingelore Rosenkötter anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen, der morgen (25. November) weltweit begangen wird. „Das Bremische Beratungs- und Unterstützungssystem zwischen Polizei, Gerichten, Amt für Soziale Dienste und Beratungsstellen ist gut miteinander vernetzt und funktioniert. Unsere Einrichtungen, wie Schattenriss, Frauennotruf und die Frauenhäuser leisten für betroffene Frauen wertvolle Arbeit. Die Dunkelziffer von Gewaltopfern bleibt jedoch nach wie vor hoch. Wir werden weiter aufklären und stets neue Wege suchen, Bremerinnen und Bremer dafür zu sensibilisieren, dass Gewalt kein zu akzeptierender Weg der Konfliktlösung ist“, so Rosenkötter weiter.

Der Senator für Inneres und Sport, Ulrich Mäurer, und die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe erläuterten heute (24.11.2010) die aktuellen Fallzahlen im Bereich von Stalking und Häuslicher Beziehungsgewalt. Zudem stellte sich das Mädchenhaus Bremen als Anlaufstelle für Mädchen, die Opfer von Gewalt im Nahbereich geworden sind, vor und erläuterte sein umfassendes Hilfekonzept.

In der polizeilichen Statistik des Landes Bremen für das Jahr 2009 ist das Delikt des § 238 Nachstellung (Stalking) mit 347 Fällen erfasst, hiervon konnten 312 Fälle aufgeklärt werden (2008: 353 Fälle, davon 322 aufgeklärt). Stalking ist als Straftatbestand seit April 2007 im StGB (§ 238 Nachstellung) verankert und wird erst seit 2008 ganzjährig erfasst.
„Die Zahlen zeigen, dass die Aufmerksamkeit der Bevölkerung und damit das Anzeigeverhalten nicht nachgelassen haben. Das ist ein gutes Zeichen“, sagte Mäurer. Er wies zugleich darauf hin, dass Polizeibeamtinnen und -beamte für dieses Problem nicht nur in ihrer Ausbildung intensiv geschult würden, sondern auch danach fänden in Zusammenarbeit mit der Hochschule regelmäßig Schulungen statt. Außerdem seien in den Polizeikommissariaten Stalking-Beauftragte benannt, die als Ansprechpartner/innen für Betroffene zur Verfügung stehen. „Wenn wir schon das Problem nicht beseitigen können, so ist es um so wichtiger, dass wir die Täter und Täterinnen stellen, um ihre Opfer vor weiteren Nachstellungen zu schützen“, betonte Mäurer.
Im Bereich Häuslicher Gewalt ist wie in den Vorjahren die Anzahl der angezeigten Delikte gestiegen, wie das Statistische Lagebild „Häusliche Gewalt“ der Polizei Bremen zeigt:

Nach dem Bremischen Polizeigesetz kann in Fällen Häuslicher Gewalt die Polizei die Täter für die maximale Dauer von 10 Tagen aus der Wohnung verweisen.

Die Zusammenarbeit verschiedener Behörden und Institutionen hat sich weiterhin bewährt, erklärte der Innensenator: „Wir müssen aber den Dialog zwischen den Behörden noch intensivieren, damit in jedem Fall optimale Hilfe angeboten werden kann.“

Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe lobt das gut vernetzte Hilfesystem, das seine Funktionsfähigkeit unter Beweis gestellt habe. Sie sieht aber auch weiteren Handlungsbedarf: „Unsere Erfahrung zeigt, dass Frauen häufig nicht wissen, wo es für ihre Not unabhängige Anlauf- und Beratungsstellen gibt. Denn sowohl bei der Polizei als auch beim Amt für Soziale Dienste fürchten sie die Folgen, wenn ihre Situation und die ihrer Familie aktenkundig wird, und das Frauenhaus begreifen sie als letzte aller Möglichkeiten. Über das Beratungssystem muss daher konzeptionell noch einmal nachgedacht werden.“
Die steigende Zahl der Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) wertet die Landesfrauenbeauftragte als erfolgreich. „Das Gesetz zeigt Wirkung: Frauen werden selbstbewusster und klagen ihr Recht ein.“ Nach diesem Gesetz können Geschädigte eine im Eilverfahren erlassene Gewaltschutzanordnung beim Amts- oder Familiengericht erlangen, d.h. der Täter kann aus der Wohnung verwiesen werden. Bei der Staatsanwaltschaft gibt es ein Sonderdezernat „Gewalt gegen Frauen“. Das Statistische Lagebild der Polizei Bremen weist hier folgende Zahlen aus:

Die Frauenhäuser in Bremen und Bremerhaven sind nach wie vor ausgelastet. So hat das AWO-Frauenhaus im Jahr 2009 213 Frauen aufgenommen, davon 76 aus Bremen, bis Mitte November 2010 suchten hier 88 Frauen Schutz, davon 62 aus Bremen. Das Autonome Frauenhaus hat im vergangenen Jahr 156 Frauen (115 aus Bremen) und bis Mitte November dieses Jahres 155 Frauen (90 aus Bremen). Im Frauenhaus Bremen-Nord suchten 2009 36 Frauen Zuflucht, alle aus Bremen, in diesem Jahr sind es bereits 34, davon 27 aus Bremen. Insgesamt haben die Frauenhäuser in Bremen-Stadt im vergangenen Jahr 227 Frauen aus Bremen aufgenommen, in diesem Jahr sind es bis Mitte November 179 Bremerinnen. Das Bremerhavener Frauenhaus hat im Jahr 2009 141 Frauen aufgenommen, in diesem Jahr sind es bis Mitte November 112 Frauen.

„Die Frauenhäuser sind hoch frequentiert – dies zeigt drastisch, wie massiv Frauen in ihrer Existenz bedroht sind. Denn, auch das wissen wir, Frauen gehen erst ins Frauenhaus, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, wenn also bereits ein langer Leidensweg hinter ihnen liegt“, so Ulrike Hauffe.

Mit dem Mädchenhaus Bremen e.V. stellte sich im Rahmen der Pressekonferenz eine Einrichtung vor, die ein breites Angebot von Hilfen für Mädchen und junge Frauen anbietet, die von Gewalt im Nahbereich betroffen sind. „Wenn Mädchen und junge Frauen Opfer von Gewalt werden, geschieht dies nicht nur in der Familie, sondern auch in der Beziehung, in der Schule oder im öffentlichen Raum. Deshalb sprechen wir von Gewalt im Nahbereich“, erklärte Heike Ohlebusch, Geschäftsführerin des Mädchenhauses.

Der Verein Mädchenhaus Bremen e.V. ist seit 1992 freier Träger der Jugendhilfe in Bremen und bietet eine Anlauf- und Beratungsstelle, eine Online-Beratung (www.hilfe-fuer-maedchen.de), einen rund um die Uhr erreichbaren Mädchennotruf (0421-34 11 20) sowie eine Kriseneinrichtung als Inobhutnahme für Mädchen, die akut bedroht sind oder aus anderen Gründen kurzfristig ihre Familie verlassen müssen. Für den längerfristigen Aufenthalt von Mädchen und jungen Frauen bietet das Mädchenhaus Bremen e.V. eine Mädchenwohngruppe und andere betreute Jugendwohnangebote an. „Wir können somit vom ersten Hilferuf bis hin zu einer Perspektive außerhalb der Familie Unterstützung anbieten“, so Heike Ohlebusch.