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Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

Das hat das Jahr 2021 für Frauen im Land Bremen gebracht

27.12.2021

Laut Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung soll die Gleichstellung von Männern und Frauen noch dieses Jahrzehnt erreicht werden. Es verbleiben also noch knapp acht Jahre. "Ein ambitioniertes Ziel. Das können wir nur erreichen, wenn wir auch auf kommunaler Ebene und Landesebene das Tempo gehörig anziehen. Und nicht nur der Turbo muss an, auch ein echter Wandel muss her: In den Bereichen Arbeit, politische Teilhabe, Gesundheit sowie bei Sexismus und Gewalt gegen Frauen braucht es grundsätzliche Struktur- und Haltungsveränderungen. Zudem stehen Frauen vor neuen Herausforderungen. So kann der digitale Wandel beispielsweise neue Chancen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt eröffnen, konfrontiert sie aber andererseits mit neuen Phänomenen wie der digitalen Gewalt", erklärt Bettina Wilhelm, Landesfrauenbeauftragte von Bremen.

Was im Jahr 2021 im Bundesland Bremen frauenpolitisch erreicht werden konnte, wo es noch Handlungsbedarf gibt und was die Bremerinnen und Bremer in Sachen Gleichstellung bewegte, hat die Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) zum Jahresende beispielhaft zusammengefasst:

[H2 Sexismus]

Catcalling "ankreiden"
"Willst Du ficken?" oder "geile Titten", das sind Beispiele für sexistische Sprüche, die Frauen sich in der Öffentlichkeit anhören müssen. Junge Frauen schreiben die Belästigungen mit Kreide auf Bremer Straßen, fotografieren sie und posten die Bilder über die Sozialen Netzwerke. Damit beteiligen sie sich an einer bundesweiten Aktion, die unter dem Hashtag #ankreiden auf das Thema sexuelle Belästigung aufmerksam machen möchte.

Alarmstufe rot – Skandal bei der Bremer Feuerwehr
Im Juli 2021 zeigte der Abschlussbericht der Sonderermittlerin eklatante Missstände bei der Bremer Feuerwehr auf: sexistische Übergriffe, Mobbing, Homophobie und Rassismus, begünstigt durch bestehende Organisations- und Führungsstrukturen. In der Folge präsentierte Innensenator Ulrich Mäurer mit dem Reformprogramm "Feuerwehr 2025" ein wichtiges Maßnahmenpaket, um Missstände bei der Feuerwehr zu beseitigen und um diskriminierendes Verhalten zukünftig zu verhindern.

[H2 Gewalt gegen Frauen]

Gewaltschutzambulanz bald auch in Bremen
Im Jahr 2021 wurde das Konzept für eine Gewaltschutzambulanz im Land Bremen finalisiert und die Anschubfinanzierung im Bremer Doppelhaushalt gesichert. Geplant ist eine zentrale Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen Mitte mit durchgehenden Öffnungszeiten. Sie ist eine Anlaufstelle für von Gewalt betroffenen Frauen und bietet eine gerichtsfeste Dokumentation von Gewaltspuren sowie der Vermittlung weiterführender Hilfsangebote. Auch wird sie mit dem Klinikum Bremerhaven kooperieren.

Volle Frauenhäuser
Durch die Corona-Pandemie stieg der Bedarf an Frauenhausplätzen im Land Bremen. Waren die freien Plätze dort zuvor bereits rar, so hat sich die Situation durch die Corona-Krise deutlich verschärft. Der Senat beschloss im Jahr 2021 eine dauerhafte Erhöhung der Plätze von 113 auf 125 Plätze. In Bremerhaven wurde im Dezember finanzielle Unterstützung für das Frauenhaus beschlossen, sodass auch Frauen, die nicht in den sozialen Leistungsbezug fallen, den Zufluchtsort ohne finanzielles Risiko nutzen können. Weiterhin fehlen in Bremerhaven jedoch barrierefreie Räumlichkeiten.

Bremen sagt Nein zu Gewalt gegen Frauen
Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der Bund, Länder und Gemeinden verpflichtet, Frauen und Kinder vor allen Formen von Gewalt zu schützen. Im Land Bremen konnten im Jahr 2021 wichtige Meilensteine zur Entwicklung eines Landesaktionsplans erreicht werden. Über Arbeitsgruppen und einen Runden Tisch wurde eine breite Zivilgesellschaft an dem Prozess beteiligt. Das Land Bremen bezieht zudem als erstes Bundesland die Perspektive von Gewalt betroffener Frauen direkt in die Umsetzung der Istanbul-Konvention mit ein. Dafür wurde ein Betroffenenbeirat eingerichtet. Im Jahr 2022 wird der Landesaktionsplan der Bürgerschaft vorgelegt. Mehr Informationen unter www.bremen-sagt-nein.de

[H2 Politische Teilhabe & Demokratie]

Wanted! Gleichstellung von Frauen in der Politik
Der Frauenanteil des im September 2021 neu gewählten Bundestages liegt bei knapp 35 Prozent. Höher als in der vergangenen Wahlperiode (31 Prozent), jedoch niedriger als in der vorvergangenen (37 Prozent). Bei der Wahl der Bremer Bürgerschaft 2019 lag der Frauenanteil im Landesparlament bei 40 Prozent. Um Gleichstellung in den Parlamenten zu erreichen, benötigt es Paritätsgesetze. Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht im Februar 2021 eine Beschwerde wegen des geringen Frauenanteils im Bundestag abgewiesen, zugleich aber Hinweise gegeben, wie verfassungskonforme Paritätsgesetze gelingen können. Im Land Bremen ist die Prüfung eines Paritätsgesetzes im Koalitionsvertrag festgeschrieben und ein externes Rechtsgutachten dazu bereits in Auftrag gegeben worden.

Jung, weiblich, unerwünscht
Unter diesem Titel veröffentlicht "Die Zeit" vor der Bundestagswahl 2021 ein Interview mit 21 Politikerinnen über ihre Erfahrungen mit Frauenfeindlichkeit. Darunter auch Wiebke Winter (CDU), die in Bremen und Bremerhaven für den Bundestag kandidierte. Sie berichtet von sexistischen Beleidigungen bis hin zu Morddrohungen und welche Auswirkungen diese auf sie haben. Dabei ist Wiebke Winter kein Einzelfall. Vielmehr: Frauen, die politisch Position beziehen, sind mit gezielten sexistischen Äußerungen konfrontiert.

[H2 Wirtschaftliche Teilhabe und Arbeit]

Vielen Frauen droht die Armutsfalle
Im Land Bremen tragen Frauen ein besonders hohes Armutsrisiko, das zeigt der im Dezember 2021 vorgelegte Armuts- und Reichtumsbericht des Senats. So sank in den vergangenen Jahren der Anteil der Frauen an der Erwerbsbeteiligung in Bremen das zweite Jahr in Folge, während er in den anderen Stadtstaaten und im Bundesdurchschnitt weiter anstieg. Auch bei den Alleinerziehenden, die zu 94 Prozent weiblich sind, hat sich die Lage im Land Bremen verschärft. Hier verfestigte sich ebenfalls der Trend einer sinkenden Erwerbstätigenquote.

Mehr Frauen in Führungspositionen
Das soll das zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) erreichen, das im August 2021 in Kraft trat. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten und mehr als drei Vorständen müssen künftig bei der Nachbesetzung von Spitzenposten sicherstellen, dass mindestens eine Frau im Vorstand vertreten ist. Da das Gesetz nur für größere Unternehmen gilt, sind im Land Bremen nur wenige davon betroffen. Aber: Das Gesetz sensibilisiert für das Thema Frauen in Führung. Gerade für Bremen ist das wichtig: Im März 2021 hatten nur 22 Prozent der Unternehmen in Bremen ihre Führungspositionen mit Frauen besetzt. Damit ist Bremen im Ländervergleich das Schlusslicht.

Bremens wirtschaftliche Entwicklung – Geschlechtergerechtigkeit wird mitgedacht
Im Sommer 2021 wurden die neuausgerichtete Innovationsstrategie für das Land Bremen sowie die Verwendungszwecke der Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in Höhe von 95 Millionen Euro beschlossen. Beide erkennen Gendergerechtigkeit und Diversität als Erfolgsfaktoren für Innovation und Fachkräftesicherung an. Ziel der Bremer Innovationsstrategie ist es zudem, qualifizierte Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen in Zukunftsbranchen zu schaffen.

[H2 Gesundheit]

Abtreibung – nach Stillstand bald Fortschritt?
Gemeinsam mit den Ländern Berlin, Brandenburg, Hamburg und Thüringen brachte Bremen im Jahr 2021 einen Antrag im Bundesrat zur Abschaffung des Paragrafen 2019a Strafgesetzbuch ein. Der Antrag wurde abgelehnt. Doch nun hat die Ampelkoalition seine Abschaffung in den Koalitionsvertrag geschrieben. Nach dem bisherigen Gesetz dürfen Ärztinnen und Ärzte zwar öffentlich machen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche anbieten, weitere Informationen, beispielsweise zu Methoden, Nebenwirkungen oder der rechtlichen Lage, dürfen sie jedoch nicht veröffentlichen. Frauen können sich daher aktuell nicht umfassend informieren.

Gesundheit rund um die Geburt verbessern
Im Jahr 2021 wurde der Leitfaden "Gesundheit rund um die Geburt Bremen" entwickelt. Er gibt konkrete Handlungsempfehlungen, um beispielsweise gesunde Schwangerschaften und eine natürliche Geburt in Bremen zu fördern und Familien im ersten Lebensjahr ihres Kindes zu unterstützen. Eine Koordinationsstelle wird eingerichtet, um den Leitfaden in die Praxis umzusetzen.

[H2 Gesellschaft]

Mädchen: Jetzt ist Heldinnenzeit
Am 11. Oktober ist Weltmädchentag – jedes Jahr. Doch im Jahr 2021 gab es im Land Bremen erstmals eine bundeslandweite Beteiligung daran. Unter dem Motto „Jetzt ist Heldinnenzeit“ fanden unterschiedliche Angebote und Aktionen in Bremen und Bremerhaven statt. Für das Jahr 2022 wird ein Sternenmarsch im Land Bremen geplant.

Corona trifft Frauen besonders
Auch im Jahr 2021 waren Frauen besonders stark von der der Corona-Pandemie betroffen. Gerade bei den Themen Kinderbetreuung, gerechte Bezahlung und berufliche Teilhabe sowie Gewalt gegen Frauen wirkte die Krise wie ein Brennglas und legte Schwachstellen schonungslos offen. Wenn alle Daten zum vergangenen Jahr vorliegen, gilt es eine sorgfältige Analyse zu erstellen.

Frauenorganisationen im Land Bremen – Grund zum Feiern
Gleich mehrere Frauenorganisationen feierten im Jahr 2021 Jubiläen.

  • Der Landesfrauenrat Bremen (bfa) feierte mit einem Empfang in der Bremer Bürgerschaft sein 75-jähriges Jubiläum.
  • Der Bremer Club des internationalen Netzwerks Business and Professional Women (BPW) beging 2021 seinen 70. Geburtstag.
  • Die Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) zeigt bis Ende Dezember mit einer Kampagne zu ihrem 40-jährigen Bestehen mit 40 Stimmen von Bremerinnen und Bremern, was diese zum Thema Gleichstellung bewegt: www.40jahrezgf.de.
  • Zu seinem 30-jährigen Jubiläum zeigt das Bremer Frauenmuseum (bfm) noch bis Januar 2022 im Focke-Museum die Ausstellung "Frauen im Blick".
  • Aufgrund von Corona hat der interdisziplinäre Arbeitskreis Berufliche Perspektiven für Frauen und Mädchen Bremerhaven die Feier zu seinem 30-jährigen Bestehen zwar auf das Jahr 2022 verschoben, jedoch nicht aufgehoben.

Ansprechpartnerin für die Medien:
Susanne Gieffers, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: (0421) 361-6050,
E-Mail: presse@frauen.bremen.de