Landesfrauenbeauftragte zur Versorgungslage für ungewollt Schwangere
09.09.2022Die Versorgungssituation für Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen, hat sich in Bremen in den vergangenen Wochen deutlich verschärft. Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm erklärt dazu: "Das Land hat einen gesetzlichen Versorgungsauftrag für Schwangerschaftsabbrüche. Das heißt, die Versorgung muss gewährleistet sein. Dieser Versorgungsauftrag ist aus meiner Sicht derzeit nicht erfüllt. Er muss sichergestellt werden, ohne Wenn und Aber."
Landesgesetz verbessern, Sicherstellung definieren
Der Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) liegen Berichte vor, nach denen die Geno-Kliniken kaum noch Abbrüche von Schwangerschaften bis zur 12. Woche vornehmen und das Medizinische Zentrum von Pro Familia, das die meisten Abbrüche vornimmt, massive Personalengpässe hat. Die Termine des Medizinischen Zentrums sind auf Wochen ausgebucht, kurzfristige Anfragen müssen abgewiesen werden. "Hier geht es um Frauen in Notsituationen, die aufgrund der Versorgungsengpässe in noch größere Bedrängnis kommen, weil sie keinen Termin für den Abbruch innerhalb der legalen Frist bekommen. Das ist absolut nicht hinnehmbar", so Bettina Wilhelm weiter. Sie fordert die landeseigenen Kliniken auf, ihrem Versorgungsauftrag nachzukommen.
Bremisches Gesetz verbessern
Zudem regt sie eine Verbesserung im Bremischen Schwangerschaftsberatungsgesetz an: Hier solle die im Schwangerschaftskonfliktgesetz allgemein formulierte Verpflichtung der Länder, die Versorgung für Schwangerschaftsabbrüche sicher zu stellen, definiert und ausformuliert werden. Wilhelm: "Verbesserungen auf dem Papier bedeuten zwar nicht direkt Verbesserung in der Realität. Aber ein Bekenntnis zum Versorgungsauftrag qua Landesgesetz, indem man definiert, wie er zu erfüllen ist, kann dazu beitragen und gibt dem Land neue, verbindliche Handhabe." Zudem müsste die Datengrundlage verbessert werden: Nachfragen müssten je nach Ort und Methode erhoben werden, um so die Bedarfe valide benennen zu können. "Und ungewollt Schwangere müssen die Methode des Abbruchs wählen können, statt froh zu sein, überhaupt einen Termin zu bekommen", so die Landesfrauenbeauftragte.
Für die Wahlfreiheit und mehr medikamentöse Abbrüche
Ein weiterer wichtiger Schritt ist aus Sicht der ZGF die Ausweitung medikamentöser Abbrüche. Aktuell werden nur 17 Prozent aller Abbrüche in Bremen medikamentös durchgeführt. Die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz hat vor wenigen Tagen eine ärztliche Fortbildung für diese Methode angeboten. Dazu die Landesfrauenbeauftragte: "Das Ressort beschreitet hier den richtigen Weg und ich hoffe auf weitere Fortbildungen. Es muss zudem geprüft werden, welche rechtlichen Lösungen in Bezug auf die 24 Stunden ärztliche Rufbereitschaft sinnvoll wären. Außerdem sind Lösungen zu finden, wie mittels Sprachmittlung dieses Angebot auch Menschen angeboten werden kann, deren erste Sprache nicht die deutsche ist." Zudem sei die aktuell nicht aufwandsentsprechende Vergütung medikamentöser Abbrüche anzuheben. Diese Maßnahmen könnten die Bereitschaft von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erhöhen, die medizinische Methode anzubieten.
Es bleibt dabei: Paragraf 218 muss weg!
"Schlussendlich gilt unverändert: Paragraf 218 im Strafgesetzbuch muss weg!", so die Landesfrauenbeauftragte. "Ungewollt Schwangere sind keine potenziellen Straftäterinnen, sondern Menschen in Not, denen durch die Unterversorgung angemessene Hilfe verwehrt wird. Das ist nichts weniger als eine Verletzung ihrer Menschenwürde."
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