"Im Jahr 2023 gab es in Bremen im Kriminaldeliktfeld 'Häusliche Gewalt' einen eklatanten Anstieg der Delikte von rund 34 Prozent. Auch wenn sich der hohe Zuwachs zu einem Teil aus dem Aufholen von Bearbeitungsrückständen der Vorjahre erklärt, ist diese Zahl dennoch erschreckend", sagt Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm zur heute (15. März) vorgestellten Polizeilichen Kriminalstatistik. Wilhelm weiter: "Die aktuelle Statistik erfasst nur die Fälle, die bei der Polizei angezeigt wurden. Gerade im Bereich der häuslichen Gewalt ist das Dunkelfeld, also jene Gewalttaten, die in privaten Räumen begangen aber nie zur Anzeige gebracht werden, sehr groß. Wir sehen hier also nur die Spitze des Eisberges. In der Realität müssen wir leider von noch deutlich mehr Fällen ausgehen. Das gilt besonders auch für die sexualisierte Gewalt. Laut einer Dunkelfeldstudie des Bundeskriminalamts werden nur etwa ein Prozent aller Sexualdelikte überhaupt angezeigt. Die Studie bestätigt auch: Über 90 Prozent der Gewalt- und Sexualdelikte werden von Männern begangen."
Bremen hat sich im Jahr 2022 mit dem Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen dazu verpflichtet, von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen zu schützen und ihnen entsprechende Hilfs- und Beratungsangebote bereitzustellen. Bettina Wilhelm: "Dieser Verpflichtung muss das Land konsequent nachkommen! Die aktuelle Situation für von häuslicher Gewalt Betroffene im Land Bremen muss dringend verbessert werden." So hatte die zentrale Anlaufstelle 'Neue Wege – Wege aus der Beziehungsgewalt' aufgrund fehlender Beratungskapazitäten schon vor mehreren Monaten einen Aufnahmestopp verhängt. Betroffene müssen aktuell wochen- oder sogar monatelang ausharren, bevor sie Hilfe bekommen. Die in der aktuellen Kriminalstatistik aufgezeigten rund 500 zusätzlichen Delikte wirken sich direkt auf die Arbeit der Beratungsstelle aus, denn: Seit 2020 werden von der Polizei die Kontaktdaten der Betroffenen an 'Neue Wege' übermittelt, damit eine proaktive Ansprache erfolgen kann – "eine enorm wichtige Maßnahme, um Frauen vor Gewalt zu schützen", so die Landesfrauenbeauftragte, "für die Einrichtung führte diese aber zu einer verstärkten Beratungsnachfrage, die sich durch den nun belegten Anstieg der Delikte noch einmal zugespitzt hat." Auch bei der Beratungsstelle Notruf gibt es lange Wartezeiten.
Wilhelm abschließend: "Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie eine Lösung findet, die die Arbeit der Einrichtungen dauerhaft und nicht nur temporär sicherstellt. Der Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt muss – auch bei schwieriger Haushaltslage – ganz oben auf die politische Agenda."
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