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Der Senator für Kultur

Bremens Kleiderordnung im 16. und 17 Jahrhundert

Landesarchäologie Bremen zeigt erste Erkenntnisse zum Textilfund in der Überseestadt

27.09.2024

2007 traten bei Erschließungsarbeiten zur Bremer Überseestadt einige ungeahnte Funde zutage, darunter auch etwa 7.000 Textilfragmente, deren Wiederherstellung und Analyse die Landesarchäologie Bremen in Auftrag geben konnte, unter anderem da die VGH Stiftung für dieses Projekt die Förderung übernommen hat. Am heutigen Freitag (27. September 2024) wurden in der Landesarchäologie Bremen einige durch die Förderung gewonnene interessante Details vorgestellt. Teilnehmende waren Dr. Dieter Bischop für die Landesarchäologie Bremen, Dr. Arne Butt für die VGH Stiftung sowie Archäologin Dr. Annette Schieck, Leiterin des Deutschen Textilmuseums in Krefeld.

Dr. Dieter Bischop, Dr. Annette Schieck und Arne Butt präsentieren Fundstücke (v.r.). Foto: Kulturressort
Dr. Dieter Bischop, Dr. Annette Schieck und Arne Butt präsentieren Fundstücke (v.r.). Foto: Kulturressort

Als im Jahr 2007 bei der Erschließung der Bremer Überseestadt der mittelalterliche, offenbar um 1600 verfüllte Stadtgraben bei Baggerarbeiten angeschnitten wurde, erwies sich dies für die Stadtarchäologie Bremens, aber auch für die Textilarchäologie als eine ungeahnte Fundgrube. Neben zahlreichen Metallfunden, Schmuck und Waffenresten konnten auch etwa 7.000 Textilfragmente geborgen werden. Nicht nur ihre sehr hohe Anzahl ist bemerkenswert, sondern auch die Spuren von textilen Techniken, Verarbeitung und Materialien, die sie aufzeigen, ist einzigartig. Die ungewöhnlich gut erhaltenen Fragmente von Textilien stammen von Gewändern und unter anderem Mützen oder Handschuhen. Sie tragen applizierte Borten, haben Knopflöcher oder bestehen aus Strickware.

Der angeschnittene Stadtgraben während der Erschließungsarbeiten zur Überseestadt. Foto: Kulturessort
Der angeschnittene Stadtgraben während der Erschließungsarbeiten zur Überseestadt. Foto: Kulturessort

"Nach aufwändiger restauratorischer Reinigung offenbart sich nun ein wahrer textiler Schatz. Denn es handelt sich um den bislang größten bekannten Textilkomplex dieser Zeit in Deutschland, der noch dazu dem Bürgertum der Renaissance in Bremen zuzuordnen ist", erklärt Dr. Bischop von der Landesarchäologie. Damit stellen diese Funde eine Besonderheit dar, denn in der Regel haben sich meist eher kostbare fürstliche Gewänder erhalten, da diese in Museen oder Grüften verwahrt wurden. Bischop: "Diese seltenen Stoffe verraten viel mehr über die Kleidung der frühen Neuzeit und ihre Herstellung als zeitgenössische Gemälde oder die wenigen erhaltenen Gewänder des Adels aus dieser Zeit."

Abbildung aus der Koster-Chronik mit einer Bremer Bürgerin um 1600 mit einem Tiphoiken. Foto: Kulturressort
Abbildung aus der Koster-Chronik mit einer Bremer Bürgerin um 1600 mit einem Tiphoiken. Foto: Kulturressort

Dank der Textilrestauratorin Katja Wagner, die gefördert von der VGH-Stiftung und in Kooperation mit dem Deutschen Textilmuseum in Krefeld einen Teil der Gewebe analysierte, können bereits einige spannende Details über die damaligen Bremer und ihre Kleidung präsentiert werden. Das "Wandschneideramt" war eine der reichsten Zünfte Bremens, Tuche kamen aus ganz Deutschland, Holland, Belgien, England oder Polen in die Stadt. Kleiderordnungen des Bremer Rates reglementierten den Kleiderluxus. Doch über die Kleidung selbst ist bis heute nur wenig bekannt. Der Textilfund und seine Analyse wirft ein überaus spannendes Schlaglicht, nicht nur auf das Schneiderhandwerk, sondern auch auf Kultur-, Sozial- und Alltagsgeschichte der Hansestadt vor 400 Jahren.

Auch echte Bremer Kuriosa zeigte die Untersuchung, quasi einen "Auswuchs der Mode": Ein sogenanntes Tiphoiken konnte identifiziert werden. Dabei handelt es sich um ein textiles Horn; über der Stirn angebracht, war es Bestandteil eines Umhangs einer Bremer Dame. Bisher gab es davon allenfalls Abbildungen in zeitgenössischen Dokumenten, zum Beispiel wie der Koster-Chronik 1600 bis 1700.

"Die Untersuchungsergebnisse zu dem außergewöhnlichen Textilfund können nun für weiterführende stadt- und landesgeschichtliche Forschungsfragen genutzt werden", freut sich Dr. Butt von der VGH Stiftung.

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