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Senatskanzlei

Rathaus als "Ort der Demokratiegeschichte" ausgewählt

15.11.2024

Das Bremer Rathaus trägt seit heute (15 November 2024) die Plakette "Ort der Demokratiegeschichte". Bürgermeister Andreas Bovenschulte enthüllt sie zusammen mit Markus Lang von der "Stiftung Orte der Deutschen Demokratiegeschichte" am Alten Rathaus neben dem Eingang mit den Reiterstandbildern. Damit wird daran erinnert, dass vom Balkon des Rathauses aus am 15. November 1918 von dem Arbeiter- und Soldatenrat die Machtübernahme verkündet wurde. Verliehen wird die Plakette von der Stiftung.

Markus Lang (links) von der Stiftung Orte der Deutschen Demokratiegeschichte und Bürgermeister Andreas Bovenschulte enthüllten die Plakette am Alten Rathaus.
Markus Lang (links) von der Stiftung "Orte der Deutschen Demokratiegeschichte" und Bürgermeister Andreas Bovenschulte enthüllten die Plakette am Alten Rathaus. Foto: Senatspressestelle

Bürgermeister Andreas Bovenschulte betonte anlässlich einer Enthüllungs-Feier: "Ich freue mich sehr über diese Wahl. Das Bremer Rathaus ist seit Jahrhunderten ein republikanischer Ort, der Ort bürgerschaftlicher Autonomie und Selbstbestimmung. Es seht dafür, dass Demokratie nicht vom Himmel fällt, sondern erstritten und manchmal erkämpft werden muss. Demokratie wächst von unten."

Die Geschichte der Novemberrevolution in Bremen beginnt neun Tage vor der Machtübernahme durch die Räte: Nach dem Kieler Matrosenaufstand vom 3. November erfuhren Bremer Soldaten am 6. November 1918, dass ein Zug mit wegen ihrer Beteiligung am Aufstand gefangen genommenen Matrosen im Bremer Hauptbahnhof stehen solle. Es bildete sich ein Soldatenrat und die Befreiung der Kameraden aus dem Zug wurde beschlossen; Werftarbeiter schlossen sich dem an. Bereits am Folgetag fanden Betriebswahlen zu einem Arbeiterrat statt.

Das Bild der Revolution

Eine Woche später war der vereinte Arbeiter- und Soldatenrat das höchste Organ der Hansestadt; Senat und Bürgerschaft wurden aufgelöst. Sinnbildlich dafür steht das Bild von Räten mit der Roten Fahne der Revolution auf dem Rathausbalkon bei der Verkündung der Machtübernahme durch den Arbeiter- und Soldatenrat am 15. November 1918. Damit trat die bisherige Bremer Verfassung außer Kraft, die ein per Acht-Klassen-Wahlrecht geformtes Parlament und auf Lebenszeit bestimmte Senatsmitglieder vorsah.

Novemberrevolution 1918 am Bremer Rathaus.
Novemberrevolution 1918 am Bremer Rathaus. Foto: Staatsarchiv Bremen, 10.B-PK-437-1

Trotz der gewalttätigen Auseinandersetzungen um die Bremer Räterepublik im Februar 1919 ebnete die Novemberrevolution 1918 heute wichtigen Errungenschaften den Weg, insbesondere dem Frauenwahlrecht. Seitdem wird die Bürgerschaft von allen Bremerinnen und Bremen nach dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht gewählt. Die parlamentarische Mehrparteiendemokratie mit Gewaltenteilung setze sich durch.

Die umfassende Begründung zur Verleihung der Plakette "Ort der Demokratie" für das Rathaus findet sich unter www.demokratie-geschichte.de.

Bremen verfügt noch über vier weitere "Orte der Demokratiegeschichte":

  • Gewerbehaus / Handwerkskammer:
    Im März 1848 war das Gewerbehaus – die heutige Handwerkskammer – der Ort einer Bürgerversammlung. Erfolgreich forderten die Anwesenden allgemeine und gleiche Wahlen sowie die Einrichtung einer verfassunggebenden Versammlung. Auch wenn das demokratische Männerwahlrecht nur kurze Zeit währte, blieb die Bremer Justiz unabhängig. Seitdem profitieren die Bremerinnen und Bremer von der Gewerbefreiheit und anderen verfassungsmäßig garantierten Grundrechten.
  • Friedrich Eberts Restauration und Bierhalle:
    Zwischen 1894 und 1900 betrieb der spätere erste deutsche Reichspräsident Friedrich Ebert in der Neustadt seine Gastwirtschaft "Zur guten Hilfe" – Adresse: Brautstraße / Ecke Westerstraße. In diesem Versammlungslokal organisierten sich Gewerkschaftler, Sozialdemokraten und andere Mitglieder der damals politisch diskriminierten Arbeiterbewegung. 1899 zog Ebert für die SPD in die Bürgerschaft ein und wurde deren Fraktionsvorsitzender. 1912 wurde er in den Reichstag gewählt, von 1913 bis 1919 war er Vorsitzender der SPD in der Weimarer Republik und von 1919 bis 1925 Reichspräsident.
  • Siedlerstelle Wilhelm und Helene Kaisen:
    Bereits vor der NS-Zeit war Wilhelm Kaisen Senator für das Wohlfahrtswesen in Bremen. Nach der "Machtübernahme" erwarb er 1933 seine Borgfelder Siedlerstelle und wandte sich Ackerbau und Viehzucht zu. Nach 1945 von den Alliierten als Bürgermeister eingesetzt, wurde Kaisen im Folgejahr durch die neu gewählte Bürgerschaft im Amt bestätigt. Unter Kaisen wurde Bremen als ein demokratisch verfasstes Bundesland wiedergegründet. Der "Landesvater" Wilhelm Kaisen war bis 1965 Bürgermeister.
  • Haus der Bürgerschaft:
    Das Gebäude mag vergleichsweise neu sein – es wurde Anfang der 1960er Jahre gebaut. Politisch kann sich die Institution der Bremischen Bürgerschaft auf erste Vorläufer einer Bremer Stadtversammlung im 12. Jahrhundert berufen. Als nach dem Verhältniswahlrecht demokratisch gewählte Volksvertretung setzt sich die Bürgerschaft heute aus Abgeordneten der beiden Städte Bremen und Bremerhaven zusammen.

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