Sie sind hier:
  • Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Hilfesystem für Frauen und Mädchen in Bremen weiterentwickeln

Gemeinsame Presseerklärung

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen: Hilfesystem für Frauen und Mädchen in Bremen weiterentwickeln

Gemeinsame Pressemitteilung
Die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen
Der Senator für Justiz und Verfassung
Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau

24.11.2011

„Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ist jedes Jahr trauriger Anlass, die Situation von gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen in den Blick zu nehmen. Der Senat hat mit dem 5. Gewaltbericht die Arbeit der letzten zehn Jahre in diesem Bereich bilanziert“, erklärt Staatsrat Horst Frehe (Die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen) anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen, der morgen am 25. November weltweit begangen wird. „Wir haben viel erreicht: Die Arbeit von Polizei, Gerichten und Amt für Soziale Dienste ist gut aufeinander abgestimmt. Unsere Einrichtungen wie Frauenhäuser, Frauennotruf, Neue Wege, Mädchenhaus und Schattenriss sind wichtige Anlaufstellen für Frauen in Bremen und Bremerhaven. Wir werden das Hilfesystem weiterentwickeln. Besonders wichtig ist es, die Lücken im Beratungssystem zu schließen und Migrantinnen besser zu erreichen“, so Frehe weiter.

„Gewalt in sozialen Beziehungen erfordert politisches und gesellschaftliches Handeln auf unterschiedlichen Ebenen. Frauen, die Gewalt erleben, müssen ebenso wie ihre Kinder in der konkreten Situation geschützt werden. Sie brauchen darüber hinaus Beratung und Begleitung dabei, Wege aus der Gewalt zu finden, aber auch die Ermutigung, sich Informationen und Unterstützung zu holen. Dazu fehlt in Bremen eine staatlich unabhängige, ordentlich finanzierte Beratungsstelle“, betont Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe.

Uwe Hellpap (Regierungsdirektor vom Senator für Justiz und Verfassung) führt aus: "Die rechtliche Situation für die Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking hat sich in den letzten Jahren verbessert: Der Gesetzgeber ist mit der Einführung des Gewaltschutzgesetzes und der strafrechtlichen Verankerung von Stalking in § 238 Strafgesetzbuch tätig geworden. Ein möglichst leichter Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz ist dabei von entscheidender Bedeutung. So können misshandelte Frauen und ihre Kinder in der – ehemals – gemeinsam genutzten Wohnung bleiben und der Gewalttäter ist derjenige, der gehen muss. Das Gericht kann sogenannte Schutzanordnungen aussprechen und dem Täter beispielsweise verbieten, Kontakt zum Opfer aufzunehmen. Verstößt der Täter gegen eine Schutzanordnung, wird die Staatsanwaltschaft tätig. Für den Opferschutz bedarf es einer engen Abstimmung zwischen Polizei, Justiz und Beratungseinrichtungen. Die Staatsanwaltschaft hat durch die Schaffung eines Sonderdezernats zu einer Optimierung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit beitragen. Erfolge sind bereits erkennbar: Die Anzeigebereitschaft der Opfer hat sich deutlich erhöht."

Staatsrat Horst Frehe, Regierungsdirektor Uwe Hellpap und die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe erläuterten heute (24.11.) die aktuellen Entwicklungen im Bereich von Häuslicher Beziehungsgewalt und Stalking. Anlass war der Fachtag „Nicht schon wieder... - Gewalt gegen Frauen und Mädchen angesichts alter Gewissheiten, neuer Herausforderungen und Bremer Verhältnisse“, den die Bremische Gleichstellungsstelle im Rahmen ihrer Aktivitäten zum Gewalttag veranstaltete. Wichtiges Thema war der 5. Senatsbericht zur Häuslichen Beziehungsgewalt. Was brauchen betroffene Frauen? Was hat sich bewährt? Wo besteht Handlungsbedarf? Seit nunmehr zehn Jahren berichtet die ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Häusliche Beziehungsgewalt“ zur Umsetzung von Maßnahmen zur Häuslichen Gewalt im Land Bremen. Der vorgelegte 5. Bericht „Häusliche Beziehungsgewalt“ zieht ein Resümee der Arbeit der letzten Dekade. Er gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Maßnahmen, zeigt Weiterentwicklungsbedarf auf und setzt Schwerpunkte für die kommenden zwei Jahre. Dr. Birgit Schweikert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gab auf der Tagung einen Überblick zur fachlichen Diskussion auf Bundesebene, zu den Aktivitäten der Bundesregierung und zur bundesweiten Hotline für Gewaltbetroffene, die 2012 an den Start gehen soll.

Im Bereich Häuslicher Gewalt bleiben die Deliktzahlen in den letzten Jahren auf einem ähnlichen Niveau, wie das Statistische Lagebild „Häusliche Gewalt“ der Polizei Bremen aus dem 5. Gewaltbericht zeigt:

In Bremen und Bremerhaven gibt es vier Frauenhäuser. Ingesamt stehen hier 123 Plätze für Frauen und Kinder zur Verfügung. Die Frauenhäuser sind nach wie vor ausgelastet. Abhängig von der Verweildauer suchten in den letzten Jahren jeweils zwischen 420 und 550 Frauen Schutz, darunter etwa die Hälfte Migrantinnen. Die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser – zum Teil selbst mit Migrationshintergrund – sind qualifizierte Fachkräfte. Sie bilden sich fort – auch im Bereich Migration und interkulturelle Kompetenz – und sind darauf bedacht, weiterhin Migrantinnen in ihrem Team aufzunehmen.

„Die Deliktzahlen bleiben auf einem hohen Niveau, ebenso stetig nehmen die Frauen das Hilfesystem wie die Frauenhäuser in Anspruch. Es gibt weiterhin eine hohe Dunkelziffer. Wir wissen, dass viele Frauen nicht im Hilfesystem ankommen. Wie müssen das Thema immer wieder öffentlich setzen und Frauen damit entsprechende Signale geben: Gewalt ist keine Privatsache. Sie geht uns alle an“, so Ulrike Hauffe.

Rechtliche Rahmenbedingungen

  • Nach dem Bremischen Polizeigesetz kann in Fällen Häuslicher Gewalt die Polizei die Täter für die maximale Dauer von 10 Tagen aus der Wohnung verweisen, sie kann dem Täter auch verbieten, bestimmte Orte (z.B. Kindergarten) aufzusuchen.
  • Die Wegweisung kann von der Polizei um 10 Tage verlängert werden. Dazu ist es erforderlich, beim Familiengericht einen Antrag auf Zuweisung der gemeinsamen Wohnung zu stellen.
  • Nach § 1 GewaltschutzGesetz (seit 2001) kann das Gericht die gemeinsam genutzte Wohnung der Geschädigten bis zu sechs Monaten zuweisen, bei Ehefrauen bis zum Abschluss des Scheidungsverfahrens.
  • Stalking ist als Straftatbestand seit April 2007 im StGB (§ 238 Nachstellung) verankert und wird erst seit 2008 ganzjährig erfasst. Deshalb sind die Zahlen noch nicht wirklich vergleichbar.
  • Bei der Staatsanwaltschaft gibt es ein Sonderdezernat „Gewalt gegen Frauen“.

Aktivitäten der Bremischen Gleichstellungsstelle zum Tag gegen Gewalt

Neben dem Fachtag „Nicht schon wieder...“ war die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau im November auch Mitveranstalterin der Fachtagung „Zwischen Welten: Sexarbeit – Zwangsprostitution – Menschenhandel. Frauen haben Rechte. Frauen brauchen Schutz.“ Zeitgleich führte sie in Kooperation mit frauenseiten.bremen eine Online-Umfrage zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Internet durch. Die Ergebnisse der Umfrage sowie weitere Beiträge zum Thema sind jetzt im Netz zu finden: http://www.frauenseiten.bremen.de/frauenseiten_netzwelten/gefaellt_uns_nicht/

Weitere Einzelheiten zu den Fachtagungen sowie den 5. Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe Häusliche Beziehungsgewalt finden Sie auf www.frauen.bremen.de.