Bremen hat zum dritten Mal in Folge beim PISA-Vergleich der Bundesländer in Deutschland den letzten Platz belegt. „Das ist für uns unbefriedigend“, sagte Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper. Trotzdem fordert sie die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen auf, „jetzt den Kopf nicht hängen zu lassen“ und weiter an einer Verbesserung der Ergebnisse zu arbeiten. „Bremens Schülerinnen und Schüler haben etwa ein Jahr aufgeholt, doch die anderen Länder haben sich auch weiter entwickelt“, analysierte die Senatorin.
Bremen liegt in den getesteten drei Bereichen – Naturwissenschaften, Lesen und Mathematik – zwar jeweils auf dem 16. Platz, findet aber dennoch zunehmend Anschluss an die anderen Bundesländer. „Unsere Aufholjagd beginnt zumindest in Lesen und Mathematik Wirkung zu zeigen“, sagte die Bildungssenatorin. Im Lesen liegt Bremen nur noch 2 Punkte hinter dem Stadtstaat Hamburg. In Mathematik beträgt der Abstand noch 10 Punkte. Diese Unterschiede sind statistisch nicht bedeutsam. Auch Professor Dr. Olaf Köller, Direktor des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), lobte: „Das bislang leistungsschwächste Land Bremen findet zunehmend den Anschluss“.
Insbesondere die im Bundesvergleich deutlichen Zuwächse im Lesen seit PISA 2000 zeigen, dass die seither eingeleiteten Maßnahmen Erfolge erzielt haben. Leseintensivkurse, Leseclubs, Lesehelfer und die Bremer Leselust haben die Schülerinnen und Schüler in dieser Disziplin offenbar nach vorn gebracht. Der Abstand zum Spitzenland hat sich im Lesen sogar halbiert. Waren es 2000 noch 62 Punkte Unterschied zu Bayern, sind es zum neuen Spitzenland Sachsen jetzt nur noch 38 Punkte. „In einer Position sind wir sogar bundesweit Spitzenreiter“, sagte Jürgens-Pieper, „in keinem Bundesland ist der Anteil der Mädchen, die täglich Bücher lesen, so hoch ist wie in Bremen“.
Auch in Mathematik ist der Leistungszuwachs der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler sichtbar geworden. Seit Pisa 2000 haben sie 26 Punkte aufgeholt, das ist der Abstand etwa eines Schuljahres. Bremen liegt in Mathematischer Kompetenz mit 478 Punkten dennoch 45 Punkte hinter Sachsen, das sind fast zwei Schuljahre.
Im Kernbereich von PISA 2006, den Naturwissenschaften, sind die Ergebnisse nicht befriedigend. Trotz messbarer Verbesserungen innerhalb Bremens seit dem PISA-Schock 2000 von 24 Punkten bleibt der Abstand zu den anderen Ländern groß und liegt unter dem OECD-Durchschnitt. 485 Pisa-Punkte haben die getesteten 15-Jährigen erreicht, 500 sind internationaler Mittelwert, der Bundesdurchschnitt liegt aber bei 516 Punkten. Zum Vergleich: Der Pisa-Sieger Sachsen erreichte 541 Punkte.
Ein anderes Testergebnis macht hingegen Mut. Die Koppelung zwischen sozialer Herkunft und schulischen Leistungen ist in Deutschland bekanntlich besonders hoch. In Bremen hat es eine Entspannung gegeben. Die Koppelung liegt jetzt im Bundesdurchschnitt. Bremen gehört zu den vier Ländern, in denen sich sozial bedingte Leistungsunterschiede deutlich verringert haben.
„Die Lehrerinnen und Lehrer haben hart gearbeitet, der Abstand zu den anderen Ländern war im Jahr 2000 noch riesengroß“, sagte Renate Jürgens-Pieper, „jetzt gilt es, nicht nur dran zu bleiben, sondern ins Mittelfeld der Länder zu rücken.“ Bei allen Bemühungen sei zu berücksichtigen, dass das Land Bremen „extreme Risikolagen“ habe. 27 Prozent der Bremer Kinder werden in Haushalten groß, in denen kein Elternteil erwerbstätig ist. 27,9 Prozent der Kinder kommen aus Elternhäusern mit niedrigem Bildungsstand, das heißt, deren Eltern haben keine Berufsausbildung. Ein Drittel der Kinder leben zudem in Armut. Hinzu kommt die extreme Haushaltslage des Landes, die Investitionen in Bildung erschwert. So hat Bremen die schlechteste Schüler-Lehrer-Relation aller Bundesländer. Das Spitzenland Sachsen habe damit verglichen paradiesische Zustände, sagte Renate Jürgens-Pieper. Die Schülerzahl habe sich dort infolge demographischen Wandels halbiert, die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer sei nahezu gleich geblieben. Die Migrantenquote in Sachsen betrage 3,1 Prozent, in Bremen 35,8 Prozent. „Das soll keine Entschuldigung sein“, unterstrich die Bildungssenatorin. Trotz der Probleme sei die so genannte Risikogruppe der Schüler, das sind Schülerinnen und Schüler unter dem Mindeststandard in Lesen und Mathematik, deutlich verringert worden.
Die Strategie des Bildungsressorts nach den jüngsten PISA-Ergebnissen sei klar: Verbesserung der Sprachförderung durch verbindliche Tests aller Kinder im Alter von fünf Jahren. Wird Förderbedarf festgestellt, soll die Sprachförderung verpflichtend sein und sofort beginnen. Die Sommercamps sollen ausgeweitet werden. Mathe-Camps sollen hinzu kommen. Um die Lernzeit zu verlängern, sollen in der Sekundarstufe I die Stundentafeln in den Naturwissenschaften aufgestockt werden. „Nicht zuletzt wird die bereits auf den Weg gebrachte Schulreform längeres gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Voraussetzungen ermöglichen“, sagte Renate Jürgens-Pieper. Die Oberschule solle eine eine attraktive zweite Schulart neben dem Gymnasium werden. In der Oberschule werde das Abitur nach 9 Jahren wieder eingeführt und so die Lernzeit verlängert. Die Bildungssenatorin: „Ich werde mich bei den anstehenden Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass die strategischen Maßnahmen nach dem jüngsten PISA-Ergebnis eingeleitet werden können.“
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